Diesen Testauftakt hatte sich McLaren ganz anders vorgestellt. Anstatt einen kilometerreichen Tag mit dem neuen Fahrzeug und der runderneuerten Power Unit von Honda zurückzulegen, erlebte Fernando Alonso ein unschönes Déjà vu. Gerade einmal vier Runden hatte der Spanier absolviert, als er aufgrund eines Problems am Ölsystem in die Box zurückkehren musste. Stunden vergingen, ohne dass der Spanier wieder rausfahren konnte.

Erst knapp zwei Stunden vor Ende der Session verließ Alonso die Garage wieder. Doch erneut kam er nicht weit. Bereits am Ende der Runde wurde er langsamer, mit ausgeschaltetem Motor rollte er in die Boxengasse, seine Mechaniker schoben ihn dann bis zur Garage. Immerhin: diese Reparatur dauerte nur kurz, nach 15 Minuten fuhr er wieder raus. Bis zum Ende des Tages schaffte es Alonso noch auf 29 Runden, belegte damit aber den letzten Platz in der Tagesbilanz.

Fernando Alonso auf der Strecke - ein Bild mit Seltensheitswert am Montag, Foto: Sutton
Fernando Alonso auf der Strecke - ein Bild mit Seltensheitswert am Montag, Foto: Sutton

Drei Tage für eine WM

Anstatt freudestrahlend von seiner ersten echten Ausfahrt mit dem MCL32 zu berichten, musste der zweimalige Weltmeister stattdessen vor den anwesenden Journalisten erklären, warum erneut ein Problem an der Power Unit seinen Tag behinderte. "Für euch ist es sicherlich interessant, dieses Problem mit Blick auf die letzten zwei Jahre aufzubauschen", wusste der 35-Jährige bereits, was ihn erwartet.

"Wir sind uns der verlorenen Zeit bewusst. Jeder Fahrer hat vier Tage, bevor die Weltmeisterschaft beginnt und ein Tag ist nun gelaufen. Ich habe jetzt noch drei Tage, um mich auf eine WM vorzubereiten", rechnet er vor. "Das ist keine ideale Situation, aber es ist wie es ist. Wir können nicht mehr tun. Wir müssen daraus lernen und versuchen, die Zeit in den kommenden Tagen aufzuholen", so Alonso. Der Spanier verabschiedete sich nach dem Defekt erst einmal ins Hotel und trainierte, ehe er am Nachmittag an die Strecke zurückkehrte.

Besonders bitter war die Situation auch deshalb, weil Alonso noch tags zuvor einen Filmtag absolvierte und keine Probleme auftraten. "Heute Morgen war es für uns eine Überraschung, dass dieses Problem an der Power Unit auftauchte. Aber wir müssen warten, was Honda uns sagt", erklärte Teamchef Eric Boullier nüchtern. Der Franzose stellte klar, dass derzeit Untersuchungen seitens der Japaner laufen, was zu dem Problem am Ölsystem führte. Jedoch seien solche Probleme für Testfahrten kein Weltuntergang, wie Boullier festhält. "Heute Morgen war es unerwartet, aber es ist ein Test. Wir sind hier, um sicherzustellen, dass für Australien alles nach Plan verläuft."

Zeit ist wichtiger als in den Jahren zuvor

Für Alonso bleibt somit nicht mehr viel Zeit, sich auf die neue Saison einzuschießen. Laut Plan greift er am Mittwoch wieder ins Lenkrad, wenngleich es durchaus möglich sei, so Boullier, dass der Spanier noch einen weiteren halben Tag von Stoffel Vandoorne erhält, sollte es die Situation verlangen. "Die Zeit ist sehr entscheidend. Dieses Jahr gibt es die neuen Regeln, neue Reifen, viele Infos, die wir in recht kurzer Zeit erhalten müssen", erläutert Alonso.

Dabei seien viele Facetten entscheidend, wie er weiter erklärt. "Es geht nicht nur um die technische Seite, sondern auch um die fahrerische", merkt er an. "Man muss sein Limit finden, den Fahrstil, der zu diesem Auto und diesen Reifen passt. Man muss sich mit dem Lenkrad vertraut machen, das Start-Prozedere üben, Boxenstopps absolvieren. Es sind viele, viele Dinge, die dieses Jahr unterschiedlich sind aufgrund der Reifen und der Größe des Autos", stellt Alonso klar.

An den weiteren Tagen vertraut Alonso dabei vor allem auf sich selbst. "Ich habe das Glück, dass ich viel Erfahrung habe und die Limits schnell finde. Das ist schon mein ganzes Leben so, dass ich mich an die Autos schneller anpassen kann, als sonst jemand. So wird es auch dieses Jahr sein", zeigt er sich selbstbewusst. Hat Alonso als begnadetes Talent mit den neuen Autos also sogar einen Vorteil, in dem er seine Klasse wieder mehr ausspielen kann?

Fernando Alonso bleibt nicht mehr viel Zeit, um sich auf die neue Saison vorzubereiten, Foto: Sutton
Fernando Alonso bleibt nicht mehr viel Zeit, um sich auf die neue Saison vorzubereiten, Foto: Sutton

Gestiegen Bedeutung des Fahrers?

Er selbst ist sich da unsicher. "Wenn es darum geht, das Auto zu pushen und den eigenen Fahrstil hervorzuheben, dann ja, mehr als bei den vorherigen Autos", meint er einerseits. "Auf der anderen Seite muss man festhalten, wie viel Prozent der Fahrer ausmacht und wie viel der Fahrer. Ich denke, mit der jetzigen Technologie, mit dem Aero-Paket, mit den Power Units, ist der Fahrer weniger entscheidend", hält Alonso fest.

Der Spanier vertieft: "Man braucht jetzt viel Power mit dem höheren Luftwiderstand. Man braucht eine gute Leistungsentfaltung, weil die Geraden nun länger dauern", erläutert er. "Wenn du letztes Jahr mit 20 PS weniger vielleicht zwei, drei Zehntel verloren hast, kostet es jetzt eine halbe Sekunde. Daher denke ich, dass manche technischen Aspekte sogar wichtiger sind, als letztes Jahr. Der Fahrer ist ein Punkt, Wunder kann er aber nicht bewirken", meint Alonso.