1:23.620 - Lewis Hamilton hat der Formel-1-Welt gleich zu Beginn der neuen Saison einen kleinen Schock versetzt. Mit seiner Hammerzeit im 2. Training zum Australien Grand Prix distanzierte er den Rest des Feldes mehr als deutlich. Sein ärgster Verfolger Sebastian Vettel hatte mehr als eine halbe Sekunde Rückstand auf den Silberpfeil. Hamilton war am Freitag der einzige Fahrer, der die 1:24er-Marke knackte.

"Lewis fährt gerade in einer eigenen Liga", stellte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff beeindruckt fest. Damit hatte er nicht ganz Unrecht. Teamkollege Valtteri Bottas konnte im gleichen Auto ebenfalls nicht mithalten und bekam mehr als eine halbe Sekunde aufgebrummt.

Unterschied wie Tag und Nacht

Ganz anders Hamilton, der mit dem altbekannten Selbstvertrauen auftrat. Der Freitag sei für ihn zu 99 Prozent perfekt verlaufen, rechnete der dreifache Weltmeister vor. Offenbar war er selbst erstaunt über den Speed, den er mit seinem Silberpfeil gehen konnte. Nach den nicht komplett runden Testfahrten hatte er wohl nicht damit gerechnet. Hamilton: "Das war ein Unterschied wie Tag und Nacht zu dem, wie sich das Auto während der letzten paar Testtage anfühlte."

Umso größer das Aufatmen nach den ersten Runden im Albert Park. "Nachdem ich in Barcelona mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, wussten wir nicht, ob es hier genauso sein würde", räumte Hamilton ein. "Es ist ermutigend, dass wir nur eine Woche später hier an die Strecke kommen und das Auto genau da ist, wo es sein sollte."

Expertengespräch: So stark sind Bottas und Räikkönen 2017 (05:22 Min.)

Red Bull huldigt Hamilton

Es sind gerade einmal zwei Trainings in der neuen Saison vergangen, schon wird Hamilton als kommender Weltmeister gehandelt. Vielleicht etwas zu früh? Selbst die Konkurrenz lobte ihn in den Himmel; vielleicht auch, um den Fokus vom eigenen Team zu lenken. Etwa Red Bulls Teamchef Christian Horner: "Wenn man es realistisch betrachtet, ist Lewis nach dieser Performance heute der absolute Favorit. Er war schon vorher Favorit und hat es jetzt unterstrichen."

Die Top-4 des 2. Melbourne-Trainings

Fahrer Team Zeit Rückstand
Lewis Hamilton Mercedes1:23.620-
Sebastian Vettel Ferrari1:24.167+ 0,547
Valtteri Bottas Mercedes1:24.175+ 0,556
Kimi Räikkönen Ferrari1:24.525+ 0,905

Toto Wolff sprach von einem der besseren Freitage für das Mercedes-Team. Sicherlich kein schlechtes Omen, so etwas direkt beim Saisonbeginn zu behaupten. Das klang bei der Gegnerschaft etwas anders. Warum war Red Bull so weit weg, Helmut Marko? "Weil Verstappen abgeflogen ist und wir keine repräsentative Richtzeit bekommen haben", erklärte er Motorsport-Magazin.com. "Bei Ricciardo haben wir Fahrwerksverstellungen gemacht, die sich drastisch negativ ausgewirkt haben."

Derlei Probleme waren im Mercedes-Lager nicht zu finden. Hamilton und Bottas spulten zusammen mehr als 100 Runden problemfrei ab. Schnelle Runden, Longruns - das Programm war umfassend. "Es klingt immer ein wenig wie ein Klischee, wenn man sagt: Wir haben unser geplantes Programm reibungslos absolviert", so Technikchef James Allison. "Aber am heutigen Tag lief wirklich alles glatt."

Zeiten-Überblick zu Melbourne

  • 2. Training 2017: 1:23.620, Lewis Hamilton
  • Pole-Zeit 2016: 1:23.837, Lewis Hamilton
  • Rundenrekord: 1:23.529, Sebastian Vettel 2011 (Qualifying)
  • Schnellste Rennrunde: 1:24.125, Michael Schumacher 2004

Bottas noch nicht happy

Wirklich alles? Nicht ganz. Neuzugang Bottas wirkte nicht so happy wie Hamilton. Mit der Balance seines Silberpfeils haderte der Finne ein wenig. Ein Grund, warum ihm so viel Zeit auf Hamilton fehlte? Das sei nur ein Training gewesen, ordnete Bottas ein. "Erst morgen erfahren wir, wo wir wirklich stehen", fügte er hinzu. "Aus meiner Sicht glaube ich, dass ich morgen definitiv noch Fortschritte erzielen kann."

Bottas erhält zumindest eine kurze Eingewöhnungszeit beim neuen Arbeitgeber. Dass Hamilton so viel schneller war, dürfte das Team erst einmal nickend akzeptiert haben. "Ich bin zuversichtlich, dass er die Pace und seinen Platz innerhalb des Teams findet", sagte sein früherer Manager und heutiger Chef Toto Wolff. "Er hat sich sehr gut eingefügt, auch, wie er sich mit dem wahrscheinlich besten Fahrer in der Formel 1 misst." Daran ließ Hamilton zumindest am Freitag keinerlei Zweifel.