Fast drei Jahre lang war es mehr als ruhig rund um Ross Brawn. Seit einigen Tagen steht der frühere Formel-1-Teamchef dafür wieder voll im Fokus des Geschehens. Zahlreiche Gerüchte machten zuletzt die Runde. Er solle neuer F1-Boss werden, habe bereits einen Vertrag mit dem künftigen Besitzer Liberty Media geschlossen und solle wahlweise Bernie Ecclestone ersetzen oder mit ihm zusammen die Geschicke der Königsklasse leiten. Jetzt hat sich Brawn selbst zu all den Spekulationen geäußert - und sie zurückgewiesen.

"Liberty ist noch nicht weit genug vorangeschritten, um irgendwelche Zugeständnisse zu machen", sagte Brawn im Gespräch mit der britischen BBC. Aktuell sei der 61-Jährige lediglich als Berater für den neuen Besitzer der Formel 1 tätig, um den Einstieg zu erleichtern. "Ich berate sie ein bisschen, um ihnen dabei zu helfen, die F1 besser zu verstehen", sagte Brawn. "Das ist aber auch schon alles." Von bereits unterzeichneten Verträgen wollte er unterdessen nichts wissen.

Bernie: Brawn-Gerücht ist Blödsinn

Davon wusste auch Ecclestone nichts. Die derzeitigen Brawn-Gerüchte bezeichnete er sogar als großen Unsinn. Wäre etwas dran, wüsste er als Erster Bescheid - schließlich ist Ecclestone bis zur vollständigen Übernahme weiter der Boss. "Sie haben 10 Prozent des Unternehmens, und im Moment bin ich noch der Vorsitzende", sagte der Brite bei Autosport. "Wenn Liberty die Kontrolle übernimmt, können sie tun, was sie wollen. Aktuell ist das aber noch nicht der Fall."

Eine Rückkehr von Brawn in den Motorsport würde auch Ecclestone begrüßen - aber bitte nicht an seiner Seite. Stattdessen schlug er vor, seinen Landsmann direkt beim Weltverband unterzubringen. "Es würde mich freuen, wenn er zur FIA ginge", sagte Ecclestone über Brawn. "Da wäre er wirklich erste Klasse. Ich habe seit einiger Zeit nicht mit ihm gesprochen und nicht die leiseste Ahnung, was er machen könnte. Aber nichts zusammen mit uns. Wir brauchen keinen Ingenieur oder jemanden mit einem Job wie Ross."

Brawn und Bernie bei dessen 82. Geburtstag 2012, Foto: Sutton
Brawn und Bernie bei dessen 82. Geburtstag 2012, Foto: Sutton

Brawn bekundet Interesse

Denkbar wäre ein Engagement von Brawn sicherlich. In einem kürzlich veröffentlichten Interview mit dem Telegraph hatte er Interesse bekundet, in übergeordneter Funktion in die Formel 1 zurückzukehren. Vor allem die technische Seite des Sports sei sein Anliegen, sagte das ehemalige Superhirn von Michael Schumacher. Dabei könne er sich auch eine Zusammenarbeit mit Ecclestone vorstellen - dem Mann, zu dem er nie ein besonders gutes Verhältnis hatte.

Laut Brawn hänge alles davon ab, wie es mit Ecclestone unter dem neuen F1-Besitzer weitergeht. Unter der Leistung von Vorstandschef Chase Carey soll der 86-Jährige seine Arbeit auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Ein Vertrag über drei Jahre steht im Raum, wurde von Liberty allerdings bislang nicht bestätigt. Die komplette Übernahme der Formel 1 läuft aktuell, ist aber noch nicht abgeschlossen.

Ross Brawn kann sich eine Rückkehr in die Formel 1 vorstellen, Foto: Sutton
Ross Brawn kann sich eine Rückkehr in die Formel 1 vorstellen, Foto: Sutton

Einer reicht nicht für Bernie

Brawn würde so oder so vermutlich nicht allein die direkte Nachfolge von Ecclestone antreten. Stattdessen heißt es, dass mehrere Personen künftig seinen Job ausfüllen sollen. Brawn könnte in diesem Falle den technischen und sportlichen Part übernehmen, jemand anders die kommerzielle Seite der Formel 1. Fürs Geld verdienen war allein Ecclestone in den letzten Jahren verantwortlich. Die Strategy Group - ein Verbund der Top-Teams, der FIA und Ecclestone selbst - kümmerte sich um die sportliche Zukunft.

Ein Comeback von Weltmeister-Macher Brawn würden die Big Player der Formel 1 durchaus begrüßen. Im vergangenen Jahr hatte Red Bulls Teamchef Christian Horner Brawn in einer solchen Funktion ins Spiel gebracht. Nun äußerte sich auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zu seinem früheren Weggefährten. "Ross hat enorme Erfahrung und das technische Wissen, um eine wichtige Rolle in der Formel 1 zu spielen", sagte Wolff am Wochenende in Mexiko. "Wenn ich unterschreiben müsste, damit Ross in einer Führungsfunktion zurück in die F1 kommt, hat er meine Stimme."

Wolff über Brawn: Beziehung intakt

Dabei gab es zuletzt Kontroversen rund um Brawn und die Silberpfeil-Bosse Wolff und Niki Lauda. In seinem kürzlich erschienen Buch hatte sich Brawn sehr kritisch über die Zusammenarbeit mit den beiden Österreichern während der gemeinsamen Zeit bei Mercedes geäußert. Für Wolff aber kein Problem: "Es gab viele Kontroversen über sein Buch. Weiterentwicklung ist nie einfach und eine delikate Angelegenheit. Für mich ist das kein Problem. Wir waren in Kontakt und er hat ein paar nette Worte gesagt. Die Beziehung ist intakt."