Ende 2013 verabschiedete sich Ross Brawn von Mercedes und damit auch aus der Formel 1. Seitdem war vom Strategie-Genie nicht mehr viel zu hören. Im von ihm und dem ehemaligen Williams-Geschäftsführer Adam Parr geschriebenen Buch 'Total competition, lessons in strategy from Formula 1' schilderte Brawn die Gründe für seinen Abgang bei Mercedes. Der Brite ging dabei mit der aktuellen Mercedes-Führung rund um Toto Wolff und Niki Lauda hart ins Gericht.

"Mir wurden Leute vorgesetzt, denen ich nicht vertrauen konnte", so Brawn in dem kürzlich veröffentlichten Werk. Gemeint sind damit natürlich die aktuellen Mercedes-Bosse und Team-Anteilseigner Toto Wolff und Niki Lauda. Brawn hatte Mercedes nach vier mindererfolgreichen Jahren verlassen. Ende 2008 hatte er den Nachlass von Hondas ehemaligem Werksteam aufgekauft und 2009 mit dem auf seinen Namen getauften Privat-Rennstall samt Mercedes-Motoren den WM-Titel gewonnen, bevor er sein Team wiederum an Mercedes veräußerte.

Der 61-Jährige, der zuvor an der Seite von Michael Schumacher bei Benetton und Ferrari sieben Weltmeistertitel gewann, wurde das Gefühl nicht los, dass gegen ihn gearbeitet wurde. "Ich wusste nie wirklich, was sie vor hatten", so Brawn weiter. Geäußert habe sich dies vor allem in widersprüchlichen Aussagen: "Niki sagte mir etwas, und hinterher erfuhr ich, dass er gegenüber anderen etwas anderes erzählt hatte."

Ross Brawn eroberte 2009 mit Jenson Button und Rubens Barrichello im Team die Formel 1, Foto: Sutton
Ross Brawn eroberte 2009 mit Jenson Button und Rubens Barrichello im Team die Formel 1, Foto: Sutton

Von Paddy Lowe ersetzt

Auch die Tatsache, dass personelle Entscheidungen offenbar über seinen Kopf hinweg getroffen wurden, ließ das Verhältnis weiter bröckeln. So wurde im Frühjahr 2013 angeblich ohne Brawns Wissen Paddy Lowe, der jetzige Technikchef des Teams, von McLaren abgeworben.

"Als ich Toto und Niki zur Rede gestellt habe, haben sie sich gegenseitig die Schuld zugeschoben. Ich habe mich mit ihnen getroffen um die Sache klarzustellen, und beide zeigten mit dem Finger auf den jeweils anderen", schreibt Brawn.

Lowe hielt sich laut Brawn bei dem Scharmützel vornehm zurück: "Ich war mir bei ihm nie ganz sicher. Er war wohl ziemlich glücklich, an Bord zu kommen und meinen Job zu übernehmen."

Von Wolff in Verruf gebracht

Laut Brawn war es nicht nur Lauda, der nicht ganz ehrlich mit ihm war. Auch durch einen Zwischenfall mit Wolff habe die Beziehung weiter Schaden genommen. So gab es angeblich ein Gespräch zwischen Wolff und dem ehemaligen Midland-Teamchef Colin Kolles, in dem der Österreicher Brawns Arbeitseinstellung kritisierte.

"Er sagte, dass ich mich auf meinem Geld ausruhen würde. Ich hätte all dieses Geld gemacht und wäre nicht mehr am Team interessiert. Ich sei nicht motiviert gewesen und würde dieses und jenes nicht tun. Das Team bräuchte einen frischen Impuls", so Brawn.

Brawn wurde bei Mercedes durch Lowe ersetzt, Foto: Sutton
Brawn wurde bei Mercedes durch Lowe ersetzt, Foto: Sutton

Wollte keinen Krieg führen

Brawn sah sich einer verbündeten Front gegenüber. Ein Verbleib im Team sei für ihn nur auf eine unschöne Art und Weise möglich gewesen: "Ich konnte diesen Leuten nicht vertrauen und sah dadurch keine Zukunft für mich. Außer, ich wäre gewillt gewesen, gegen sie in den Krieg zu ziehen und sie loszuwerden."

Der Brite entschied sich jedoch dagegen, mit Wolff und Lauda eine Schlammschlacht zu beginnen und überließ ihnen das Feld. Mit Brawns Abschied begann die Hybrid-Ära in der Formel 1. Der Rest bis zum heutigen Tag ist Geschichte.