Würden Sie 2015 als Ihr schwierigstes Jahr in der Formel 1 bezeichnen?
Bernie Ecclestone: Nein! Die letzten - ich glaube 65 Jahre - waren schwierig.

Ist die heutige Zeit schwieriger?
Bernie Ecclestone: Nicht wirklich. Es hat sich definitiv etwas getan. Die Probleme sind andere als früher, so kann man es vielleicht besser sagen. Es gab immer Probleme, aber sie sind nun anders.

Wenn Sie die Probleme von damals und heute vergleichen: Worin unterscheiden sie sich?
Bernie Ecclestone: Welche Probleme es auch immer gab, wir haben sie gelöst. Wir müssen also nur versuchen, sie zu lösen.

Was ist der Grund allen Übels aktuell? Warum sind wir in dieser Situation?
Bernie Ecclestone: Viele dieser Probleme wurden von den Power Units herbeigeführt, die wir jetzt haben. Das ist das größte Problem. Als das Ganze konzipiert wurde, war es als kleinere Power Unit vorgesehen, die für die Hersteller attraktiver sein sollte, die normalerweise kleinere Motoren nutzen. Das war die Idee.

Sie haben gesagt, die Power Unit sollte Hersteller anlocken. Jetzt sind sie da, stellen aber auch ein großes Problem für Sie und die FIA dar...
Bernie Ecclestone: Sie sind da, weil es ihnen passt. Sie kommen, wann es ihnen passt und sie gehen, wann es ihnen passt. Sie haben nie etwas wirklich Gutes für die Formel 1 getan.

Ist also der erste Fehler, der gemacht wurde, Regeln zu machen, die Hersteller anlocken?
Bernie Ecclestone: Ja, das war aber nicht meine Idee.

Also muss man Regeln machen, die die Hersteller fern halten?
Bernie Ecclestone: Wir wollen sie nicht fernhalten, wir wollen nur, dass sie unter den gleichen Bedingungen kommen wie die anderen Teams. Das ist schwierig, weil sie viel mehr Geld ausgeben als die anderen Teams.

Ecclestone: Die Formel 1 braucht Red Bull

Ecclestone braucht ein starkes Red Bull in der Formel 1, Foto: Sutton
Ecclestone braucht ein starkes Red Bull in der Formel 1, Foto: Sutton

Außer Red Bull. Braucht die Formel 1 Red Bull?
Bernie Ecclestone: Ja!

Warum?
Bernie Ecclestone: Wegen dem, was Sie gesagt haben [dem Geld, d. Red.]. Es ist ein sehr konkurrenzfähiges Team, sie haben eine sehr gute Vorstellung, was die Formel 1 ist, sie unterstützen die Formel 1 und wenn wir ein neues Rennen in einem anderen Land haben, dann schicken sie Autos und Leute dorthin, um das Rennen in diesem Land zu promoten. Sie sind sehr gut für die Formel 1.

Wer ist für die aktuelle Krise bei Red Bull verantwortlich? Sie haben schließlich den Vertrag mit Renault gekündigt, ohne etwas Neues in der Hand zu haben.
Bernie Ecclestone: Red Bull hat die Entscheidung getroffen. Sie haben das gemacht, was sie zu diesem Zeitpunkt für richtig hielten.

Haben wir das gleiche Problem dann in einem Jahr wieder? Sie wollen ja einen konkurrenzfähigen Motor...
Bernie Ecclestone: Das hängt davon ab, ob sie - mit wer auch immer es sein mag - einen Einjahresvertrag haben. Sie wissen offensichtlich, was sie im folgenden Jahr machen.

Ihre Hoffnungen ruhen auf dem Alternativmotor?
Bernie Ecclestone: Warten wir es ab.

Sind Sie ein Unterstützer des Alternativmotors?
Bernie Ecclestone: Wir sind Unterstützer von anderen Herstellern, die Teams beliefern.

Mercedes hat Red Bull reingelegt

Haben Sie versucht, Ferrari oder Mercedes davon zu überzeugen, Red Bull mit Motoren zu beliefern?
Bernie Ecclestone: Mercedes hatte schon zugestimmt, das zu machen, deshalb hat Red Bull bei Renault gekündigt. Mercedes hatte zugestimmt, dann haben sie ihre Meinung geändert. Sie wollen keinen Wettbewerb. Weder Ferrari, noch Mercedes. Sie wollen beide keine Konkurrenz durch Red Bull.

Niki Lauda sagt, dass es nie eine Vereinbarung zwischen Red Bull und Mercedes gegeben habe...
Bernie Ecclestone: Hat er das gesagt?

Ja.
Bernie Ecclestone: Es ist lustig, dass er mit dem Besitzer von Red Bull Hände geschüttelt hat. Deswegen hat Red Bull gekündigt. Niki Lauda hat gesagt: "Wir können keinen Deal mit euch machen, solange ihr einen Vertrag mit Renault habt. Löst ihn auf, dann sind wir okay." Dann haben sie den Vertrag aufgelöst und Mercedes hat seine Meinung geändert.

Sie haben vor nicht allzu langer Zeit gesagt, Jean Todt wolle es hier allen im Paddock recht machen.
Bernie Ecclestone: Ja, er ist zu demokratisch.

Jetzt ist die FIA mit dem Alternativmotor gekommen. Es sieht so aus, als könnten Sie wieder Doppelpass spielen. Hat Jean Todt seine Meinung geändert?
Bernie Ecclestone: Ich glaube, er hat die Schwierigkeiten gesehen, die es bereitet, wenn er versucht, das zu machen, was er probiert hat.

Also hat er seine Meinung geändert?
Bernie Ecclestone: Er hat sich das nochmal gründlich überlegt. Wir hatten ein Gespräch und ich glaube, er hat seine Meinung jetzt geändert.

Wenn der Alternativmotor kommt, braucht man eine Balance of Performance. Die bereitet in anderen Serien sehr große Probleme...
Bernie Ecclestone: Es hat keine Probleme in der Formel 1 verursacht, als wir sie hatten. Wir hatten Turbomotoren und Saugmotoren, wir hatten V8 und V10 und hatten niemals irgendwelche Probleme.

Aber damals gab es von Anfang an diese Regeln, jetzt kommt der andere Motor zu einem Zeitpunkt, an dem die Hersteller schon alles auf eine Karte, auf die Power Units, gesetzt haben.
Bernie Ecclestone: Warum haben Sie das gemacht?

Ecclestone: Hersteller selbst schuld an Kosten

Ecclestone sieht die Power Units als Grund allen Übels, Foto: Mercedes AMG
Ecclestone sieht die Power Units als Grund allen Übels, Foto: Mercedes AMG

Weil es der einzige Formel-1-Antrieb war...
Bernie Ecclestone: Aber warum haben Sie so viel Geld ausgegeben?

Weil sie die beste Power Unit haben wollten.
Bernie Ecclestone: Nein, weil sie ihre Entwicklungsarbeit für die Serienmotoren in der Formel 1 machen wollten.

Ihrer Meinung nach ist es also kein Problem, dass sie schon so viel Geld ausgegeben haben?
Bernie Ecclestone: Das mussten sie nicht machen.

Wenn wir uns die Sache etwas mehr aus der sportlichen Perspektive ansehen: Wir haben mit den Power Units ziemlich gute Rennen gesehen in den letzten zwei Jahren. Würden Sie da zustimmen?
Bernie Ecclestone: Sie haben gesagt gute Rennen?

Ja, vielleicht besser als in der V8-Ära...
Bernie Ecclestone: Sie haben wahrscheinlich ein besseres Gedächtnis als ich.

Aber wie fanden Sie das Racing in diesem Jahr?
Bernie Ecclestone: Es gab nicht viel Racing. Man weiß, auf wen man bei diesem Rennen sein Geld setzen soll. Und so war es das gesamte Jahr. Man kann mehr oder weniger den Sieger schon sehr früh voraussagen. Das ist nicht das, was die Leute wollen. Sie wollen zu den Rennen gehen und vier oder fünf Fahrer sehen, die das Rennen gewinnen können. Nicht nur eine Person.

Aber im Mittelfeld haben wir einige sehr gute Zweikämpfe gesehen. Speziell von Max Verstappen gab es einiges...
Bernie Ecclestone: Im Mittelfeld ja, zu 100 Prozent. Sie haben Recht, wir haben gutes Racing gesehen.

Ist es Ihrer Meinung nach nicht wichtig für die Formel 1, was im Mittelfeld passiert?
Bernie Ecclestone: Es ist wichtig. Aber die Leute wollen sehen, wie die Superstars gegeneinander Rennen fahren. Einige von den Jungs, die gutes Racing gezeigt haben, sind Neulinge. Deshalb haben Sie bislang nicht viele Anhänger.

Es gab dieses und letztes Jahr viele negative Kommentare von Ihnen über die Formel 1. Sie haben das Wort 'Scheiße' dafür benutzt.
Bernie Ecclestone: Ja!

Ecclestone: Meine Kommentare helfen nicht

Nicht alle Promoter konnten sich über so viele Fans freuen, Foto: Motorsport-Magazin.com
Nicht alle Promoter konnten sich über so viele Fans freuen, Foto: Motorsport-Magazin.com

Die Promoter beschweren sich, dass sie nicht genügend Tickets verkaufen. Glauben Sie, diese Kommentare helfen den Promotern, mehr Tickets zu verkaufen?
Bernie Ecclestone: Wahrscheinlich nicht.

Ich hatte ein Interview mit einem Promoter, der nicht über ihre Kommentare sprechen wollte. Er wollte den Leuten nicht sagen, wie schlecht, sondern wie gut die Formel 1 ist...
Bernie Ecclestone: Er kann sich seine eigene Meinung machen. Wenn er das sagen will, dann ist das seine Sache. Das Problem ist: Ich sehe die Dinge, wie sie sind und nicht so, wie ich sie will. Finden Sie es gut, wenn Fernando Alonso - Sie haben wahrscheinlich schon von ihm gehört, er ist Weltmeister - am Ende der Startaufstellung steht? Ist es richtig, dass jemand seinen Motor wechselt, sich auf Platz drei qualifiziert hat und dann von Platz 13 startet? Ist das gut?

Nicht wirklich.
Bernie Ecclestone: Formel 1 ist scheiße. Im Moment müssen wir uns diese Sachen ansehen. Die Öffentlichkeit versteht das nicht. Sie sehen sich das Rennen an, wissen, dass sich jemand auf Platz zwei oder drei qualifiziert hat und jetzt ist er auf einmal im Mittelfeld. Und warum? Weil sie den Motor getauscht haben. Oder das Getriebe.

Aber es ist auch ein Problem der Kosten.
Bernie Ecclestone: Das war die Idee. Aber wenn wir nicht diese extrem teuren Motoren hätten, würden diese Dinge nicht passieren. Wie ich gesagt habe: Die meisten dieser Probleme wurden von den Motoren verursacht.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass das Motorenproblem in ein paar Jahren gelöst ist?
Bernie Ecclestone: Wir können es lösen, aber wir können nicht ein paar Jahre warten.

Das versprechen Sie den Fans?
Bernie Ecclestone: Ja, wir lösen das Problem.

Es gab auch viele Diskussionen über die TV-Quoten. Eine Begründung für die fallenden Zuschauerzahlen war die Tatsache, dass sich das TV-Konsumverhalten geändert hat, sich die Leute nicht mehr zwei Stunden vor den TV setzen wollen. Den Mexiko GP haben vier Millionen Menschen auf RTL gesehen, den Tatort, eine beliebte Fernseh-Kriminalreihe, sahen zur gleichen Zeit zehn Millionen. Wie erklären Sie das?
Bernie Ecclestone: Sie haben sich das Rennen wohl nicht angeschaut, weil sie wussten, dass Hamilton wahrscheinlich gewinnen wird. Und beim Film wussten sie wohl nicht, was passieren würde.

Zu Beginn jeder Episode gibt es im Tatort einen Mord. Um es überspitzt zu formulieren: Braucht die Formel 1 auch einen Toten, um Leute anzuziehen?
Bernie Ecclestone: Worum geht es bei NASCAR? Das ist Brot und Spiele. Leute, die Formel 1 ansehen, sind keine Leute, die das sehen wollen. Und, um auf die TV-Zahlen zurückzukommen, weil wir eine Umfrage gemacht haben: Es schauen jetzt mehr Leute Formel 1 als zuvor, weil sie es auf dem hier [klopft auf ein iPad] schauen.

Ist die MotoGP der Formel 1 voraus?

Hier ist die MotoGP der Formel 1 voraus. Wenn ich das Rennen nicht live sehen kann und es mir später noch anschauen will, dann kann ich das - zumindest in Deutschland - nicht auf dem iPad.
Bernie Ecclestone: Nicht nur in Deutschland, nirgendwo. Ich wollte das schon vor Jahren, dass wann immer man es anmacht, man es sehen kann. Wenn das Rennen um 14:00 Uhr beginnt, Sie aber erst um 16:30 Uhr heimkommen, dann startet das Rennen für Sie genau dann. Das müssen nicht wir entscheiden, das machen die TV-Sender. Fragen Sie die bitte danach. Das meine ich ernst. Es wird Zeit, dass sie aufwachen.

Die MotoGP ist der Formel 1 auch im Social Media Bereich voraus. Sie waren in der Vergangenheit kein Freund von Social Media. In diesem Jahr hat die Formel 1 erstmals neue Wege beschritten. Wie zufrieden sind sie damit?
Bernie Ecclestone: Ja, das stimmt. Wir bekommen jetzt unglaublich viel Interesse. Das hat mich überrascht.

Haben Sie Ihre Meinung nun geändert?
Bernie Ecclestone: Ich habe meine Meinung nicht wirklich geändert, aber ich würde sagen, dass wir es machen müssen.

Sie haben Social Media kritisiert, weil sie damit kein Geld generieren können. Ich zahle drei Euro im Monat für Ihre App. Können Sie damit Geld verdienen?
Bernie Ecclestone: Mit Geld hat das nichts zu tun, das sind Peanuts, wenn man es mit Free-to-Air-TV vergleicht.

Wie viele Abonnenten bräuchten Sie?
Bernie Ecclestone: Ein paar Milliarden mehr. Was ist mit den Deutschen passiert?

Das ist eine gute Frage, wir diskutieren es oft.
Bernie Ecclestone: Was glauben Sie?

Ich glaube, es liegt viel an der Übertragung. In Deutschland wurde Michael Schumacher stark in den Fokus gestellt und nicht der Sport. Wir haben nicht die Petrolheads wie in England. In England gibt es Rennfans, hier gab es Schumacher-Fans. Und dann hatten wir Glück, dass Sebastian kam...
Bernie Ecclestone: Aber warum haben Sie nicht das gleiche mit Sebastian gemacht? Ihr habt mit Sebastian einen viermaligen Weltmeister, ihr habt den Konstrukteurs-Weltmeister, ihr habt alles. Ich verstehe einfach nicht, warum.

Wir hängen stark davon ab, was die Massenmedien wie RTL machen. Die haben jahrelang Schumacher-Fans herangezogen, keine Rennsportfans.
Bernie Ecclestone: Wer glauben Sie, war der größte Unterstützer von Senna?

Brasilien?
Bernie Ecclestone: Japan... Es gab in Japan mehr Unterstützung für ihn als hier in Brasilien. Als er gestorben ist, haben sie ihm viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Das war überraschend. Er hatte etwas Spezielles und Leute haben sich in ihn verliebt. Das ist das Problem in Deutschland. Ich glaube, sie haben sich in Michael verliebt, weil er der Erste seiner Zeit war. Es ist wie Steffi Graf. Das glaube ich, ist das Problem. Sie, oder vor allem RTL, sollte sich an jemanden halten, damit die Öffentlichkeit sich in einen speziellen Fahrer verliebt. Es ist unglaublich: Leute verlieben sich in Fußball-Mannschaften. Sie leben und sterben für ihren Club. Das sieht man in der Formel 1 nicht.

Bei Ferrari schon etwas...
Bernie Ecclestone: Ja, nur Ferrari vielleicht.

Aber Mercedes baut sich gerade auch eine gute Fanbase auf.
Bernie Ecclestone: Menschen mögen Gewinner. Das ist offensichtlich. Deshalb werden sie unterstützt. Ferrari hat aber auch eine unglaubliche Fanbase, wenn sie verlieren. Das findet man bei Mercedes nicht. Wenn sie damit beginnen, zu verlieren, dann sehen sie, was passieren wird. Mercedes ist kein wirklicher Neuling, sie waren immer irgendwie dabei. Sie sind gut für die Formel 1.

Renault ist den Fans egal

Und was ist mit Renault?
Bernie Ecclestone: Sie sind eine lange Zeit hier in der Formel 1. Aber sie haben niemals etwas kreiert... Wir wollen Renault nicht verlieren, aber wenn Renault aufhören würde, wäre es allen egal. Wenn Ferrari aufhören würde, wäre es ihnen nicht egal.

Und wenn Mercedes aufhören würde?
Bernie Ecclestone: Es war ihnen egal, das BMW aufgehört hat.

Ecclestone: Renault ist den Leuten nicht wichtig, Foto: Sutton
Ecclestone: Renault ist den Leuten nicht wichtig, Foto: Sutton

Aber die haben nicht gewonnen...
Bernie Ecclestone: Ich glaube, Mercedes ist in einer Gefahr. Die Öffentlichkeit denkt, mit dem Geld, das sie ausgeben, sollten sie gewinnen. Sie bekommen dafür keine warme Sympathie. Man braucht Sympathie. Den Leuten muss ein Team ein bisschen leidtun. Und ich glaube, wenn Mercedes nicht gewinnt, werden nicht viele mit ihnen mitfühlen.

Bekommt Red Bull nun Sympathien, weil sie verlieren?
Bernie Ecclestone: Ich weiß nicht, welche Art von Fans sie hatten, als sie gewonnen haben. Ich glaube, Red Bulls Stärken sind mehr oder weniger die Fahrer, nicht das Team. Die Leute lieben Ricciardo.

Sie haben vorhin gesagt, dass die Leute Mercedes mögen, weil sie gewinnen. Bei Red Bull war das glaube ich noch stärker, bei Mercedes mögen viele immerhin noch die Serienautos...
Bernie Ecclestone: Dafür trinken die Leute auch Red Bull... Red Bull sind gute Promoter des Namens. Und damit ist es auch gut für uns, erkennbar.

Sie haben Sebastian Vettel in der Vergangenheit hin und wieder ein wenig dafür kritisiert, dass er kein Weltmeister wie Lewis Hamilton ist, dass er nicht auf dem roten Teppich ist...
Bernie Ecclestone: Richtig. Lewis macht das gut für die Formel 1. Er kreiert eine Menge Interesse. Auch mit dem Unfall, den er in seinem Privatauto hatte. Das hat eine Menge Interesse kreiert. So ist es. Sebastian ist nicht schlecht. Sebastian ist wie ich - ein bisschen mehr privat. Ich kritisiere nicht ihn. Ich sage, dass er für die Formel 1 nicht so gut ist, wie es Lewis Hamilton ist. Es ist nicht, weil er Engländer ist und ich englische Fahrer unterstütze. Es ist einfach so.

Wie war Michael? War er Vettel ähnlich?
Bernie Ecclestone: Ich glaube, er war eine gute Mischung.

Das Beste, was Sebastian für die Formel 1 machen konnte, war es, zu Ferrari zu wechseln.
Bernie Ecclestone: Absolut. Zu einhundert Prozent. Zu einhundert Prozent! Er ist jetzt ein bisschen offener, als er es zuvor war. Er fühlt sich freier. Das ist komisch, denn er hatte bei Red Bull alle Freiheiten. Er hätte machen können, was er wollte. Je mehr er gemacht hat, desto besser war es für Red Bull. Diese Jungs springen aus Ballons und so. Es sieht so aus, als würde er sich nun bei Ferrari sehr wohl fühlen. Das freut mich für ihn.

Hatten Sie den sportlichen Erfolg, den sie jetzt haben, erwartet?
Bernie Ecclestone: Sie hatten beim Motor Hilfe von Mercedes. Das war gut. Ich bin sehr glücklich mit dem, was sie gemacht haben.

Aber hatten Sie das erwartet? Ferrari war in der Krise, Vettel selbst auch...
Bernie Ecclestone: Dinge und Leute ändern sich und die Dinge in der Welt ändern sich. Für ihn war der Wechsel gut, er hat einen Wechsel gebraucht. Er hing zu lange dort fest.

In Deutschland sprechen wir viel von den Parallelen zwischen Vettel und Schumacher. Können Sie die sehen?
Bernie Ecclestone: Sie sind zwei komplett unterschiedliche Menschen. Man kann nicht sagen, das eine ist gut und das andere ist schlecht. Sie sind unterschiedliche Charaktere. Michael war ein bisschen speziell als Person. Er war sehr privat, aber auch sehr viel in der Öffentlichkeit. Das ist glaube ich der Unterschied zwischen den beiden. Und er war natürlich super erfolgreich - und er ist für Ferrari gefahren. Sobald du für Ferrari fährst, hast du sofort eine andere Anhängerschaft. Du hast die Ferrari-Fans und deine eigenen.

Keine Formel 1 auf dem Nürburgring

Der Nürburgring ist von der GP-Landkarte verschwunden, Foto: Sutton
Der Nürburgring ist von der GP-Landkarte verschwunden, Foto: Sutton

Wie zuversichtlich sind Sie, dass die deutschen Fans Vettel im Ferrari auf einer deutschen Strecke sehen? Auf dem Hockenheimring und auf dem Nürburgring?
Bernie Ecclestone: Ich bin nicht zuversichtlich. Nächstes Jahr ist in Ordnung, da haben wir einen Vertrag. Keinen besonders guten, aber wir haben einen.

Aber im Jahr danach ist der Nürburgring das Problem...
Bernie Ecclestone: Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Wir können sicher sagen, dass dort kein Rennen stattfinden wird.

Sie haben gesagt, sie haben keinen guten Vertrag mit Hockenheim. In Aserbaidschan haben sie den wohl. Dort kriegen sie eine Menge Antrittsgebühren, aber haben keine Historie.
Bernie Ecclestone: Die wollen sie aufbauen.

In anderen Ländern haben Sie große Märkte, bekommen aber weniger Antrittsgebühren. Muss man dann auf das Geld verzichten, weil die Fans auch etwas wert sind?
Bernie Ecclestone: Ich glaube nicht, dass Deutschland ein großer Markt ist. Ich sage Ihnen etwas: Singapur war ein Rennen, für das ich kritisiert wurde, warum wir dorthin gehen müssen. Und jetzt ist Singapur eines der populärsten Rennen des Jahres.

Es ist also möglich, Antrittsgebühren und Popularität zu bekommen?
Bernie Ecclestone: Es ist keine Frage von Antrittsgebühren. Es geht darum: Wir sind eine Weltmeisterschaft. Wenn wir in Europa noch ein paar Rennen loswerden, wird es für die Promoter dieser Rennen, die bleiben, einfacher, weil die Leute dorthin gehen würden. Wenn man sich den Nürburgring und Spa ansieht: Sie liegen 100 Kilometer auseinander.

Es wollen immer mehr Länder einen Grand Prix austragen. Aber irgendwo gibt es auch eine Grenze. Könnte man es so machen wie innerhalb Deutschlands, wo sich einst Hockenheim und Nürburgring abwechselten? Ein Jahr Deutschland, ein Jahr Frankreich?
Bernie Ecclestone: Nein! Es kostet so viel mehr Geld, diese Rennen zu promoten. Und die Leute vergessen, in welchem Jahr das Rennen ist. In diesem Jahr oder im nächsten? Man muss die Summe an Geld für die Promotion verdoppeln. Das halte ich für keine gute Idee. Ich habe es schon gemacht, da stimme ich nicht zu.

Also ein fester Kalender für mehrere Jahre?
Bernie Ecclestone: Ja. Wenn wir können, landen wir im nächsten Jahr bei 20 Rennen - fix. Ich würde gerne die Termine für die nächsten fünf Jahre festlegen. Das jeder weiß, was im nächsten Jahr passiert. Und damit man dafür planen kann.

Auch Italien ist immer ein Thema. Sehen wir das Rennen in Monza 2016?
Bernie Ecclestone: Ja, zu 100 Prozent.

Es ist das Jahr danach, nicht wahr? Oder ist mit Monza alles geklärt?
Bernie Ecclestone: Nein! [sehr entschieden]

Sie sind nicht zuversichtlich, dass wir den Italien GP nach 2016 sehen werden?
Bernie Ecclestone: Genau. Es liegt an ihnen. Wir haben mit ihnen vor drei Jahren eine Vereinbarung getroffen. Sie konnten den Stift nicht finden, um den Vertrag zu unterschreiben. Dann konnten Sie den Vertrag nicht finden. Italien... Sie sind alle die gleichen.

Was waren für Sie die positive und die negative Überraschung des Jahres?
Bernie Ecclestone: Inwiefern positiv oder negativ?

Egal ob politisch oder sportlich. Was war für Sie eine positive, was eine negative Überraschung in diesem Jahr?
Bernie Ecclestone: Ich glaube, wir haben dieses Jahr eine Menge gelernt. Eine Menge über die Menschen gelernt. Ich habe die meiste Zeit meines Lebens damit verbracht, entweder Auto- oder Motorradrennen zu machen oder die Formel 1 zu führen. Ich habe das immer so gemacht, wie ich dachte, dass es gut für die Formel 1 wäre. Und ich glaube, die Leute kommen einzig und allein für sich selbst. Sie denken nicht an die Zukunft, denken nicht daran, wie gut es für den Sport ist, sondern wie gut es für sie selbst ist. Ich finde, das ist falsch. Das ist die komplett falsche Einstellung. Am Ende werden sie darunter leiden - sicher.

Und die gute Überraschung des Jahres?
Bernie Ecclestone: Das war die gute Überraschung.

Und die schlechte Überraschung?
Bernie Ecclestone: Das ist, was passiert, wenn Leute heiraten. Die Flitterwochen, die sie vorbereiten sind großartig. Aber die Hochzeit ist dann nicht so gut.

Vielen Dank Herr Ecclestone, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Bernie Ecclestone: Nein, ich danke Ihnen. Bekommen Sie nur Ihre verfluchte Öffentlichkeit zusammen und bringen Sie sie dazu, wieder Formel 1 zu schauen.