Manchmal gibt es diese Sessions, in denen einfach nichts laufen will: Nico Hülkenberg erlebte ein solches Chaos im Qualifying zum Großen Preis von Italien. Trotz Problemen auf drei Ebenen schaffte es der Le-Mans-Sieger, sich in seinem Force India noch auf Rang neun zu qualifizieren. "Wir können nicht zufrieden sein, da ist mehr drin gewesen", sagte der 28-Jährige, dessen Teamkollege Sergio Perez sich auf Rang sieben klassifizierte.

Hülkenberg sorgte für einen aufsehenerregenden Moment in Q3, als er vor der Boxengasse ausrollte, gerade eben aber noch in diese reinrollen konnte. So konnten seine Mechaniker zumindest noch den Wagen abholen. Zunächst befürchtete er Probleme ähnlich wie in Spa, doch der Leistungsverlust entpuppte sich als Banalität: "Es wurde zu wenig getankt, bin deshalb auf der Inlap trockengelaufen. Das hat uns das komplette Q3 versaut." Seine Mechaniker schoben den Force India VJM08 unter dem Jubel der Tifosi mit Muskelkraft in die Garage zurück.

Es war allerdings nicht der Sprit, der ihn am letzten Run hinderte, sondern eine Folge des daraus resultierenden Chaos. "Das Getriebe ist zwischen zwei Gängen hängengeblieben", beschrieb er den eigentlichen Grund seines schwachen Abschneidens. "Dazu kommt, dass die Benzinpumpen heißgelaufen sind." In der Kürze der Zeit war es nicht mehr möglich, den Wagen wieder flott zu machen. "Dadurch haben wir den letzten Run mit frischen Reifen verloren, der normalerweise die Startposition diktiert, von daher ist das nicht zufriedenstellend. Der letzte Versuch diktiert nun mal die Startposition."

Projektil: Der VJM08 ist auf der Geraden ein echtes Geschoss, Foto: Sutton
Projektil: Der VJM08 ist auf der Geraden ein echtes Geschoss, Foto: Sutton

Konkurrenz gegenüber Freitag erstarkt

Besonders bitter: Er musste den ersten Versuch auf gebrauchten Reifen fahren. So war an eine konkurrenzfähige Zeit nicht zu denken. Doch wie können in der hochtechnisierten Formel 1 noch solch banale Fehler passieren? Hülkenbergs Antwort war zunächst simpel: "Menschen machen Fehler: Fahrer auf der Strecke, Ingenieure beim Tanken. Was genau schief gelaufen ist, weiß ich nicht. Solche Dinge dürfen nicht passieren, leider geschehen sie manchmal trotzdem." Später korrigierte er sich: "Es war ein technisches Problem mit dem Benzinsystem."

Schon zuvor hatte der Emmericher eine Begegnung der dritten Art mit dem Sauber von Marcus Ericsson, als dieser ihn auf seiner schnellen Runde blockierte. "Sowas ist immer ärgerlich. Im Q1 geht ja noch nicht um die Wurst. Trotzdem ist einfach nur nervig, wenn man die Runde nicht sauber beenden kann. Das stört etwas den Rhythmus, darf einen aber nicht aus der Ruhe bringen." Täter und Opfer übersprangen die Q1-Hürde ohne Probleme und hätten sich morgen in der fünften Reihe wieder getroffen, wenn Ericsson nicht mit drei Positionen Strafe für das Vergehen belegt worden wäre. Er blockierte Hülkenberg nämlich zweimal: Einmal vor der Parabolica auf der Outlap und dann auf einer Cooldown-Lap in der Variante della Roggia.

Letztlich bedeuteten 1:25.317 Minuten für Nico Hülkenberg den neunten Startplatz noch vor Ericsson, der in Q3 völlig verwachste. Eine Position, aus der heraus noch einiges möglich ist. "Das ist nicht das Ende der Welt, ein gutes Resultat ist noch immer drin", gab er sich kämpferisch. Durch den exzellenten Topspeed wird Force India im Zweikampf stark sein. Perez und Hülkenberg belegten mit fast 355 km/h die ersten beiden Plätze in der Topspeed-Tabelle.

Keine perfekte Balance: Nico Hülkenberg steht ein langer Analyse-Abend bevor, Foto: Sutton
Keine perfekte Balance: Nico Hülkenberg steht ein langer Analyse-Abend bevor, Foto: Sutton

Doch von den Super-Leistungen vom Freitag, als man noch mit Ferrari kämpfte, war auch Perez im Qualifying weit weg. So sieht es auch Hülkenberg: "Gestern sah es besser aus; andere Autos sind stärker geworden, vor allem Williams." Schuld daran seien vor allem Balanceprobleme. "Es fühlt sich an, als hätte ich nicht den Grip, den ich gestern hatte. Wir müssen das analysieren und verstehen."

Ein Selbstläufer wird ein gutes Punkteresultat nicht: "Das Mittelfeld ist sehr konkurrenzfähig. Wir werden hart kämpfen müssen, um die Punkte zu erzielen, die wir benötigen." Man müsse realistisch bleiben: "Die Mercedes sind aus dem Spiel raus, Ferrari ebenfalls. Dann kommt Williams und dann sind es wir, Lotus und Sauber, die die restlichen Punkte ausmachen. Wir haben Grosjean zwischen uns und Maldonado hinten dran. Sauber ist auch dicht dran. Es wird ein enges Rennen."

Perez und der Kimi-Effekt

Sergio Perez erwartet ein starkes Rennen von Force India, Foto: Sutton
Sergio Perez erwartet ein starkes Rennen von Force India, Foto: Sutton

Sergio Perez holte allerdings auch nicht das Optimum aus seinem Fahrzeug heraus, da er einen taktischen Fehler in Q3 beging: "Ich war ein bisschen zu optimistisch und habe versucht, einen Windschatten von Kimi [Räikkönen] auf der Geraden mitzunehmen. Das hat aber nicht funktioniert, es hat mich ein paar Zehntel gekostet." Dennoch glaubt er, dass es ohnehin nicht möglich gewesen sei, vor Williams zu landen. Insgesamt sei er zufrieden mit seinem Job: "Ich habe mich in jeder Sitzung verbessert und jede Runde war ziemlich gut." Robert Fernley ergänzte, dass auch Perez nicht ganz glücklich mit der Fahrzeugbalance gewesen sei.

Für das Rennen ist zumindest die Konstanz schon einmal da, deshalb gibt sich der Mexikaner optimistisch: "Die B-Version des Fahrzeugs hat solide Leistungen in den letzten Rennen gezeigt und ich sehe keinen Grund, warum wir nicht in der Position für eine gute Performance morgen sind." Ein guter Start sei wegen der geringen strategischen Flexibilität wichtig. "Ein weiterer wichtiger Faktor wird der Reifenverschleiß, aber ich bin zuversichtlich, dass wir stark sein und gute Punkte einfahren werden."