Pro: Ferrari und die Formel 1 brauchen den Iceman

Ferrari braucht nach den personellen Rochaden vor allem eins: Ruhe. Die Scuderia muss sich die Zeit nehmen, nach dem Umbruch alles in neue Bahnen zu lenken. Dafür sind Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen das ideale Duo. Sie verstehen sich gut und das erleichtert die Zusammenarbeit ungemein. Zudem ziehen sie nicht nur die Aufmerksamkeit der Medien, sondern auch von Sponsoren und Fans auf sich. Echte Kumpel haben in der Formel 1 schließlich Seltenheitswert.

Zudem ist der 'Iceman' eine Marke, ein Unikat, das man nicht leichtfertig abgeben sollte. Selbst dann nicht, wenn die Ergebnisse nicht so rosig aussehen. Auch wenn es abgedroschen klingt, sind es doch nur Zahlen, die die Wirklichkeit nur bedingt widerspiegeln können. Null Punkte können die Folge eines Fahrfehlers, eines verpatzten Qualifyings oder aber eines technischen Defekts sein, wie zuletzt bei Räikkönen in Ungarn.

Gute Stimmung bei Ferrari - auch dank Räikkönen, Foto: Ferrari
Gute Stimmung bei Ferrari - auch dank Räikkönen, Foto: Ferrari

Bottas mag in der Gesamtwertung einen Punkt vor Räikkönen liegen und bei Williams schon einige Highlights gesetzt haben. Ferrari ist jedoch eine andere Hausnummer und der Leistungsdruck nicht zu unterschätzen. Bis Bottas so abgebrüht ist wie Räikkönen, hat er noch einen langen Weg vor sich. An seinen Kult-Status wird er ohnehin nie herankommen.

Dieser basiert nicht nur auf Räikkönens markigen Sprüchen und seiner Coolness, sondern auch auf seinem fahrerischen Naturtalent, das er auch nach knapp 13 Jahren Formel 1 nicht eingebüßt hat. Er ist immer wieder für Überraschungen gut, sei es ein sensationeller Start oder ein unerwarteter Sieg. Ohne ihn wäre nicht nur Ferrari, sondern auch die Formel 1 im Gesamten arm dran.

Contra: Die Ergebnisse sprechen gegen Räikkönen

Kimi Räikkönen mag gut für die Stimmung im Team und bei den Fans enorm beliebt sein, rational lässt sich die Vertragsverlängerung dennoch kaum erklären. Der Finne schaffte in den 29 Rennen seiner zweiten Ferrari-Laufbahn nur ein einziges Mal den Sprung auf das Podium und war sowohl im Vorjahr Fernando Alonso als auch in dieser Saison Sebastian Vettel klar unterlegen. 160 zu 76 Punkte lautet der aktuelle Punktestand zugunsten Vettels - ein mehr als deutliches Statement.

Der Iceman verfügt einfach nicht (mehr) über den nötigen Speed für ein absolutes Spitzenteam, wie es Ferrari eines sein will. Um Mercedes ernsthaft herauszufordern bedarf zweier Top-Piloten. Außerdem ist Räikkönen zu fehleranfällig. In Montreal warf er mit einem Dreher eine Podiumsplatzierung weg und in Spielberg crashte er bereits in Runde eins mit Fernando Alonso.

Räikkönen leistet sich zu viele Fehler für die Ansprüche von Ferrari, Foto: Sutton
Räikkönen leistet sich zu viele Fehler für die Ansprüche von Ferrari, Foto: Sutton

Ferrari hat es verabsäumt, die Weichen nachhaltig in Richtung Zukunft zu stellen und sich frisches Blut ins Team zu holen. Dabei wäre gerade das nächste Jahr ideal gewesen, um einen neuen Piloten für die kommenden Herausforderungen aufzubauen. Mercedes wird wegen des stabilen Reglements auch 2016 über eine Saison kaum zu schlagen sein, 2017, wenn das neue Regelwerk in Kraft tritt, bietet sich jedoch Ferraris große Chance.

Diese zu ergreifen wäre mit einer eingespielten Mannschaft deutlich einfacher als mit einem Fahrer, der erst neu zum Team hinzugestoßen ist. Dass Räikkönen auch übernächste Saison noch Rot tragen wird, muss nämlich zumindest stark bezweifelt werden. Will Ferrari keinem externen Piloten vertrauen, gäbe es noch immer die hochdekorierte eigene Nachwuchsabteilung. Warum nicht auf diese zurückgreifen und etwa Raffaele Marciello ein Jahr an der Seite von Vettel lernen lassen?