24 Stunden nach der verheißungsvollen Morgenausfahrt mit anschließender Defekt-Ernüchterung am dritten Tag der Testfahrten in Jerez, endet der abschließende vierte Tag für McLaren halbwegs versöhnlich. Nach einer halben Stunde gelingt eine erste Installationsrunde, ehe jedoch ein Problem mit dem Öl-Stand die Euphorie bremst. "Das hat uns zwei Stunden gekostet", sagt Ingenieursdirektor Matt Morris.

Am Mittag brennt Jenson Button dann einige konstante Long Runs in den Asphalt und beginnt die Arbeit an einem Aero-Programm. Endlich kann auch Honda-Motorenchef Arai-san an der Boxenmauer einmal lächeln. Denn ansonsten bewertet er die Lage kritisch: "Natürlich haben wir mit Problemen gerechnet - es ist immer noch ein Test. Aber die Probleme, die uns letztendlich begegnet sind, waren zahlreicher als erwartet", sagt Arai-san.

Die Rundenzeiten pendeln sich schließlich bei 1:28er-Umläufen ein. Der beste Schuss in 1:27.660 liegt jedoch noch immer sechs Sekunden über der Tagesbestzeit. Insgesamt 35 Runden schafft McLaren bis zum frühen Nachmittag. Der MP4-30 liegt stabil am Kurvenausgang, der Honda klingt besser denn je. Alles scheint perfekt zu laufen.

Button arbeitete an einem Aero-Programm, Foto: Sutton
Button arbeitete an einem Aero-Programm, Foto: Sutton

50 Prozent des Plans umgesetzt

Doch wieder stoppt ein Defekt den MP4-30 - diesmal komplett. Es ist die Benzinpumpe. "Wir können den Austausch nicht schaffen bis die schwarz-weiß karierte Flagge fällt, also sind die Testfahrten für uns damit beendet", teilt McLaren eine Stunde vor Testende mit. Trotz des neuerlichen Rückschlags und nur 79 Runden an vier Tagen gibt sich das Team zufrieden. "Es wäre schön mehr gefahren zu sein, aber die wirklich wichtigen Sachen haben wir erledigt", kommentiert Matt Morris trotz Schmalspur-Programm zufrieden die Fortschritte. Renndirektor Eric Boullier ergänzt, man habe zumindest gut 50 Prozent des geplanten Pensums umsetzen können und viele Erfahrungen gesammelt.

Wirklich große Probleme habe der MP4-30 zwar nicht erlitten, aber natürlich sei es schade gewesen über die vier Tage so viel Zeit in der Garage verbracht zu haben. "Wir mussten unser Aero-Programm etwas runterfahren, da hatten wir eigentlich viel mehr geplant", gesteht Morris. "Aber die Hauptsache ist, dass das Bodywork passt und wir keinen Motor hochgehen haben lassen!" Außerdem habe man genügend Daten gesammelt, um das Auto in der Fabrik für die nächste Testfahrt in Barcelona fit zu bekommen. "Jenson konnte vor allem Honda sehr gutes Feedback geben", lobt Morris.

Nicht einmal viel zu tun gebe es. "Die Hauptstruktur des Autos funktioniert. Die Änderungen, die wir vornehmen werden, sind relativ einfach: Veränderungen am Bodywork, Flügel, Unterboden, diese Sachen eben", sagt Morris.

Schieben war bei McLaren angesagt - mehrfach!, Foto: Sutton
Schieben war bei McLaren angesagt - mehrfach!, Foto: Sutton

So krampfte McLaren in Jerez

Ein versöhnlicher Test-Abschluss aus Sicht der Verantwortlichen bei McLaren-Honda also, dieser vierte Tag in Jerez. Dennoch können all diese Belobigungen nicht über die desaströse Vorstellung der vorangegangenen Tage hinwegtäuschen, die Motorsport-Magazin.com noch einmal Tag für Tag und Defekt für Defekt zusammenfasst.

Dienstag: Hoffnungsschimmer verblasst

Boullier ist erleichtert angesichts 32 problemfreier Runden, Foto: Sutton
Boullier ist erleichtert angesichts 32 problemfreier Runden, Foto: Sutton

Endlich alles im Griff! Bis zur inoffiziellen Mittagspause des dritten Tags der Testfahrten in Jerez lief der McLaren MP4-30 annähernd reibungslos. 32 Runden spulte Fernando Alonso am Vormittag ab. Selbst die Power Unit von Honda klang deutlich besser als an den vorangegangenen Tagen. "Ermutigend" und "ein großer Schritt nach vorne", befand der Spanier. Doch kaum gekeimt wurde das zarte Pflänzchen der Hoffnung wie Unkraut gejätet.

Um 13:56 teilte McLaren via Twitter mit: "Wir hatten einen Verlust des Kühlwasserdrucks und haben die Power Unit zur Begutachtung ausgebaut. Das ist ein langwieriges Unterfangen, deshalb beendet es unsere Aktivitäten für heute." Das nächste Motoren-Dilemma also für die Truppe aus Woking. Trotzdem ließ sich Eric Boullier den überzeugenden Vormittag nicht schlecht reden. "Es war sehr wichtig, dass wir dieses lange Outing hatten. Es war eine große Erleichterung das Auto heute Morgen aus der Garage kommen und einige Stunden problemlos fahren zu sehen", sagte der Renndirektor.

Dennoch musste der Franzose gestehen, dass McLaren noch ein langer Weg bevorsteht: "Wir haben zwar einen Schritt nach vorne gemacht, liegen aber noch bei unter 50 Prozent auf dem Weg dahin Rennen fahren zu können."

Montag: Ein neues Problem

Auch für Button war nach sechs Runden Feierabend, Foto: Sutton
Auch für Button war nach sechs Runden Feierabend, Foto: Sutton

Obwohl McLaren nach eigenen Angaben die Probleme vom Vortag gelöst hatte, gelangen auch Jenson Button nicht mehr als sechs Runden. Erneut sah sich das Team mit einem neuen, komplexen Problem konfrontiert. Nach langer Analyse identifizierten die Techniker Schwierigkeiten mit den Nebenaggregaten des Motors als Ursache des Übels. Die Reparatur dauerte jedoch so lang, dass Jenson Button nur noch eine Installationsrunde hinlegen konnte. Diese verlief gut, sodass erneut Optimismus für den folgenden Tag herrschte. "Wir wissen jetzt, was das Problem war und das ist gut. Nun hoffen wir, dass die Tage drei und vier produktiver werden", sagte Button.

Ron Dennis gab wenig später jedoch zu, der Motor sei noch nicht ausgereift. Der in Jerez eingesetzte Motor liege zwei bis drei Entwicklungsschritte hinter dem für Melbourne eingeplanten Antriebstrangs. Wie Boullier entschuldigte Dennis die Probleme mit den Ambitionen des Projekts. "Das Detaillevel und die Präzision, die im MP4-30 stecken, übersteigen alles, was McLaren zuvor gebaut hat", sagte Dennis.

In Sachen Performance tappte McLaren sogar noch mehr im Dunkeln. "Ich habe keine Ahnung. Ich bin das Auto noch nicht einmal bei Vollgas gefahren. Hoffentlich reisen wir zum ersten Rennen und sind konkurrenzfähig, aber wir wissen nicht, wo wir gerade stehen. In Sachen Verständnis der Performance stehen wir bei null", gestand der Brite.

Sonntag: Erwartete Ernüchterung

Alonso brachte es am ersten Tag in Jerez nur auf sechs Runden, Foto: Sutton
Alonso brachte es am ersten Tag in Jerez nur auf sechs Runden, Foto: Sutton

Gleich der erste Testtag zur neuen Saison ging für McLaren gründlich daneben. Beim lang erwarteten Debüt von McLaren-Honda umrundete Fernando Alonso den Kurs im spanischen Jerez de la Frontera gerade sechs Mal. Gewaltige 18 Sekunden betrug der Rückstand auf die Tagesbestzeit von Sebastian Vettel. Damit verkam die Jungfernfahrt des MP4-30 eher zum Jungfernparken in der Garage. Der Verursacher des Problems - ein Elektronik-Defekt - erwischte das Team jedoch eiskalt. "Wir haben ein neues Problem gefunden - komplett neu", sagte Arai-san. "Das Auto hat eine sehr radikale Form und ist sehr herausfordernd", ergänzte der Honda-Motorenchef . Renndirektor Eric Boullier bestätigte: "Ja, wir waren beim Packaging unseres Autos ziemlich extrem."

Zudem sorgte schon der Sound der Power Unit im Heck des McLaren für Stirnrunzeln an der Strecke. Das Honda-Aggregat klang völlig anders als die Motoren der Konkurrenz, wummerte merkwürdig dumpf vor sich hin. Noch gaben sich die Verantwortlichen jedoch entspannt. Die Probleme zum Auftakt habe man erwartet, sagte Alonso. Schließlich sei es den anderen Herstellern zum selben Zeitpunkt im vergangenen Jahr ähnlich ergangen. "Es gibt noch viel zu tun, aber ich glaube absolut an das Projekt", versicherte der Spanier. "Ich glaube, dass die Probleme lösbar sind. Sie könnten auch schon morgen gelöst sein", gab sich Boullier zuversichtlich. Er sollte sich täuschen.