Nico Rosberg war auch Stunden nach seinem Sieg in Melbourne außer sich vor Freude. "Es ist so cool, so ein schnelles Auto zu haben", feierte der Mercedes-Pilot seinen Silberpfeil. "Das war ein Hammer-Anfang für die Saison. Mein Auto ist so schnell, da konnte keiner mehr rankommen. Ich freue mich total auf Malaysia, das wird ein richtig cooler Saisonanfang." In der Tat fuhr Rosberg am Sonntag im Albert Park in einer eigenen Liga. Der Sieg war nie gefährdet, schon in Kurve 1 nach dem Start zog Rosberg der Konkurrenz davon.

Beim Zieleinlauf hatte er mehr als 20 Sekunden Vorsprung auf Daniel Ricciardo. Ein Vorsprung, der stark an Sebastian Vettels Leistungen in den vergangenen Jahren erinnert. Von einigen schon als der neue Vettel gehypt, unterstrich Rosberg die nach den Testfahrten vermutete Stärke des Mercedes F1 W05. Dass Rosberg aber so dominant auftrat, war angesichts all der Unabwägbarkeiten der neuen Turbo-Formel jedoch nicht abzusehen.

Wolff akzeptiert Favoritenrolle

Der Silberpfeil-Triumph, es war Rosbergs vierter in der Formel 1, war gleichzeitig auch ein Statement-Sieg. "Im Moment sieht es so aus, als wären wir von der Pace her ein klein wenig vor allen anderen", ließ sich sogar Toto Wolff dazu hinreißen, die Favoritenrolle erst einmal zu akzeptieren. Ein seltenes Phänomen in Brackley, wo Zurückhaltung eigentlich an der Tagesordnung steht. Der Mercedes-Motorsportchef kam allerdings nicht umhin, auch Red Bulls Stärke anzupreisen und Williams als potenziellen Konkurrenten auszumachen.

Gibt es bei uns: Nico Rosbergs Lieblings-Bild nach seinem Sieg, Foto: Sutton
Gibt es bei uns: Nico Rosbergs Lieblings-Bild nach seinem Sieg, Foto: Sutton

Wie Red Bulls Leistungsstärke nach dem Benzinfluss-Vorfall von Daniel Ricciardo zu bewerten ist, steht allerdings noch in den Sternen. Fakt in Australien war aber: An Rosberg kam keiner auch nur ansatzweise heran. So reist das Team als Top-Favorit zum nächsten Rennen in zwei Wochen in Malaysia und alles andere als ein weiterer Sieg käme in der allgemeinen Betrachtungsweise einer Niederlage gleich.

Mercedes in eigener Kategorie

Die Konkurrenz hat den Rückstand erst einmal akzeptiert. "Vor dem Rennen hatte ich schon das Gefühl, dass wir hinter Mercedes sind - aber nicht so weit", sagte Fernando Alonso, der sich mit den Mercedes befeuerten Gegnern schwer tat: "Das war schon fast eine andere Kategorie. Ich fuhr hinter einem Force India und es war unmöglich, ihn zu überholen. Ich wäre gern näher am Podium dran gewesen, aber es war einfach unmöglich."

Nimmt man den disqualifizierten Ricciardo aus der Wertung raus, belegten Mercedes-Motoren vier Plätze in den Top-6. Lediglich Alonso unterbrach die Dominanz. Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali anerkannte die Mercedes-Power, wollte die Flinte aber nicht gleich ins Korn werfen. "Realistisch betrachtet haben wir gesehen, dass Mercedes sehr stark war", so Domenicali. "Aber die anderen Teams? Ohne die Probleme, die wir hatten, hätten wir noch etwas ausrichten können." Sowohl Alonso als auch Kimi Räikkönen kämpften zeitweise mit der Elektronik ihrer Ferraris, beim Finnen kamen noch Reifenprobleme obendrauf.

Kollektiver Silber-Jubel nach Rosbergs 4. F1-Sieg, Foto: Sutton
Kollektiver Silber-Jubel nach Rosbergs 4. F1-Sieg, Foto: Sutton

Rückstand aufholbar

Die anderen Teams; das ist vor allem McLaren, nachdem Kevin Magnussen und Jenson Button das Melbourne-Podium komplettierten. Trotz des eindrucksvollen Debüts des jungen Dänen und dem wiedererstarkten Button war die Mannschaft aus Woking deutlich hinter dem Mercedes-Werksteam. "Sie haben gut eineinhalb Sekunden Vorsprung auf den Rest des Feldes. Das ist viel, aber nicht unmöglich aufzuholen", drückte es McLaren-Boss Ron Dennis in aller Deutlichkeit aus.

Und was ist mit Red Bull? Als Ricciardos Disqualifikation noch nicht offiziell war, merkte Christian Horner an, dass Mercedes seine Karten noch nicht komplett auf den Tisch gelegt habe. Rosberg habe sich eher am Tempo vom Rest des Feldes orientiert statt am Limit zu fahren. "Die sind extrem schnell und haben wahrscheinlich noch mehr drauf", vermutete Horner.

Mercedes durch Hamilton gewarnt

Helmut Marko ging die Angelegenheit gewohnt forscher an und stellte klar: "Mit dem Wissen, was bei uns noch alles nicht funktioniert, ist der Rückstand aufholbar." Gleichzeitig war Red Bulls Motorsportberater nicht entgangen, dass der Mercedes-Motor auf den Geraden überlegen war. Das könnte bei den kommenden beiden Rennen in Malaysia und China eine bedeutende Rolle spielen.

Einziger Wehrmutstropfen des Mercedes-Siegeszuges: Lewis Hamilton. Der Pole-Setter erlag schon in der zweiten Runde einem technischen K.o. und musste aufgeben. Genau hier liegt der Grund, warum Mercedes zwar euphorisch, aber nicht übermütig wird. Die neue Technik ist noch lange nicht bis ins letzte Detail erfasst, stündlich tauchen neue Probleme auf. Aktuell macht es den Anschein, dass nur einer Mercedes besiegen kann: Mercedes selbst.