Für Mercedes' Motorsportverantwortlichen Toto Wolff war es kein einfacher Sonntag in Monte Carlo. So sah sich der Österreicher dauerhaft mit einem Wechselbad der Gefühle konfrontiert. Auf der einen Seite wurde er von der Presse wie der Konkurrenz mit Fragen zum Reifentest seines Teams in Spanien durchlöchert, der die Gemüter am Sonntag erhitzte. Auf der anderen Seite feierten die Silberpfeile gerade beim wichtigsten und prestigeträchtigsten Rennen des Jahres mit Nico Rosberg ihren langersehnten ersten Saisonsieg. Dass dieser wegen der Lautstärke aller Nebengeräusche in Bezug auf die Kontroverse um den Pirelli-Test fast ein bisschen unterging, ärgerte Wolff, der dementsprechend deutliche Worte fand und zum Rundumschlag ausholte. "Meine Meinung ist: Alle sollten sich an die Regeln halten und genau das haben wir gemacht."

Der Österreicher erklärte: "Ich weiß nicht woher die Kritik jetzt kam, aber wenn die Kritik von einem Team kam, das dreifacher Weltmeister ist, ist das nicht so, wie es sein sollte. Wir ziehen uns gerade aus der Scheiße und haben gerade einmal den Kopf draußen... und schon wird sich beschwert." Dieser Seitenhieb in Richtung Red Bull saß - ungewohnte Töne von der Mercedes-Führung, die direkt im Anschluss an das Rennen am Sonntag in Bezug auf Red Bull auch den Begriff 'schlechte Verlierer' in den Mund nahm. Für Wolff noch nicht genug - der Österreicher legte mit einem süffisanten Lächeln in Bezug auf Christian Horners Mannen nach und fragte: "Nehmen die uns jetzt auf einmal so ernst?" Besonders Red Bulls Berater Helmut Marko hatte nach dem Rennen gegen die Stuttgarter gewettert und ihnen vorgeworfen, sich einen unerlaubten Vorteil verschafft zu haben.

Grünes Licht von der FIA

Toto Wolff fand das Verhalten einiger Konkurrenten gar nicht lustig, Foto: Sutton
Toto Wolff fand das Verhalten einiger Konkurrenten gar nicht lustig, Foto: Sutton

Das wollte Wolff so nicht stehenlassen und bemühte sich um eine Aufklärung der Causa. "Das Ganze war ein Pirelli-Test und hatte nichts mit den Reifen zu tun, die wir dieses Jahr benützen. Ich denke, für Pirelli war es wichtig, zu sehen, wie es nächstes Jahr sein könnte", so der 41-Jährige, der klarstellte: "Wir hatten definitiv keine Vorteile davon, sondern wurden von Pirelli gefragt und soweit ich weiß, hat die FIA grünes Licht gegeben - es ist also alles gemäß den Regeln abgelaufen und wenn die anderen Teams eine Klarstellung haben wollen: Bitteschön, das ist die Klarstellung." Davon, dass die Wogen nun auch deshalb so hochschlagen würden, weil Mercedes alles geheim gehalten hätte, wollte der Motorsportverantwortliche nichts hören.

"Wir sind mit allem in Barcelona geblieben: Mit dem ganzen Team, der ganzen Ausrüstung, mit den Trucks - wir haben nichts versteckt", wies Wolff eine mangelnde Transparenz entschieden von sich. "Alles was man uns vorwerfen kann, ist, dass wir es nicht getwittert haben. Vielleicht hätten wir das machen sollen", scherzte der Österreicher, der festhalten wollte: "Es gab nichts, was wir geheim halten wollten, denn dafür gab es ja überhaupt keinen Grund." Außerem habe Pirelli bezüglich der Tests bei einigen Teams angefragt. Dass man folglich also nun sogar eine Strafe erhalten könnte, wie von einigen Seiten im Fahrerlager spekuliert wird, hielt Wolff für abwegig. "Ich weiß ich nicht, ob wir eine Strafe kriegen könnten, aber wenn es eine geben sollte, muss man es sich ansehen", so Wolff, der darum bemüht war, klarzustellen, dass das Ergebnis von Monte Carlo schon rein gar nichts mit dem Geschehen in Spanien zu tun gehabt hätte.

Sieg hat nichts mit Test zu tun

"Wir sind sehr glücklich über unseren Sieg, wollen aber auch noch einmal hervorheben, dass dieser nichts damit zu tun hat, was getestet wurde. Und nun wollen wir diesen Moment genießen, denn das Team hat in den letzten Jahren so schwierige Zeiten durchgemacht und schüttelt gerade alle Probleme von sich ab." Dementsprechend war sich der Mercedes-Boss sicher: "Niemand und gar nichts kann uns diesen Sieg nehmen." Was bei der Nachbehandlung des kontroversen Tests noch herauskäme, habe zudem wenig mit seinem Team zu tun. "Soweit ich weiß, betrifft die Sache in erster Linie Pirelli und die FIA - und wenn man hätte sehen können, wie der Test organisiert wurde, hätte man sehen können, dass wir nicht einmal wussten, was wir da genau fahren", grinste Wolff.

Mit Blick auf die Proteste der Gegnerschaft und das weitere Verfahren mit der Causa fügte er hinzu: "Ich denke, es wird vielleicht eine Anhörung geben und dann sollen die FIA und Pirelli entscheiden, was für die Zukunft richtig ist." Alle Anschuldigungen, Mercedes habe die Extra-Kilometer auch nützen können, um unbeobachtet neue aerodynamische Teile zu testen, wies Wolff zurück. "Das ist sicher nicht passiert. Es gibt einen klaren Plan, wann und wie neue Teile kommen und eingesetzt werden. Deshalb muss man vorher planen, wie man es angeht. Pirelli kam aber sehr kurzfristig auf uns zu und hat gefragt, ob wir diesen Test machen können", verriet der Österreicher. "Das war eine Frage von Tagen - ich glaube, es waren acht, neun oder maximal zehn Tage. Es wäre sich zeitlich also gar nicht ausgegangen, neue Teile zu testen."

Sicherheit im Fokus

Red Bull im Rückspiegel: Mercedes hielt dem Druck in Monaco stand, Foto: Sutton
Red Bull im Rückspiegel: Mercedes hielt dem Druck in Monaco stand, Foto: Sutton

Vornehmlich sei es bei den Tests um Sicherheitsthemen gegangen. "Die sind für uns alle wichtig. Es geht um das Problem der Delaminierung und wenn wir von unserem Reifenlieferanten gefragt werden, ob wir ihnen dabei helfen können, reagieren wir dementsprechend darauf", so Wolff, der vermutete, die Hauptantreiber des Protests kämen in keinem Fall aus Italien. "Von Ferrari kann das nicht kommen, die haben nämlich das Gleiche gemacht und da hat es auch niemand an die große Glocke gehängt", spielte Wolff mit einem Augenzwinkern auf einen ähnlichen Test der Scuderia nach dem Bahrain GP an. Konfrontiert mit der Information, dass Ferrari allerdings ein Auto von 2010 und keinen aktuellen Boliden eingesetzt habe, meinte Wolff: "Da waren wir alle nicht dabei." Im Scherz fügte er hinzu: "Vielleicht sind wir ja auch mit dem Auto von 2007 gefahren... oder sogar mit einem Silberpfeil von 1959?"

Für Wolff blieb auf Grund der großen Debatte in Monte Carlo also ein fader Beigeschmack bestehen. "Wir haben heute einen dominanten Nico Rosberg gesehen, der mega stark gefahren ist - diesen Sieg haben er und seine Jungs sich erarbeitet, ohne einen Fehler oder einen Makel und sogar ein Doppelsieg wäre heute drin gewesen", bilanzierte der Mercedes-Verantwortliche, ehe er anfügte: "Warum reden wir jetzt also die ganze Zeit über irgendeinen Geheimtest, der kein Geheimtest war und der nichts mit der heutigen Performance zu tun hat, sondern nur damit, bei den nächstjährigen Reifen Delaminationen zu vermeiden?" Für Wolff stand fest: "Es sollte heute um Nico gehen, es ist sein großer Tag - das muss man jetzt nicht kaputtreden."