GEWINNER: Zwei Ferrari

Doppelsieg in Spa, alle drei WEC-Saisonrennen gewonnen und jedes Mal die Pole Position erobert, dazu die Führung in allen WM-Tabellen: Ferrari bestimmt das Geschehen in der Langstrecken-WM 2025. Antonio Giovinazzi, Alessandro Pier Guidi und James Calado errangen in Spa-Francorchamps ihren zweiten Saisonsieg in Folge.

Das Schwesterauto mit der #50 (Molina, Fuoco, Nielsen) musste wegen einer extremen Spritspar-Strategie lange um Platz zwei zittern. Nicklas Nielsen gelang es am Ende aber, seinen Stint um zwei Runden auf 27 Umläufe zu verlängern, dadurch einen Boxenstopp (6 statt der üblichen 7) zu sparen und mit 0,919 Sekunden Vorsprung auf Mick Schumachers Alpine die Ziellinie zu überqueren.

WEC-Krimi: Hätte Mick Schumacher Ferrari schlagen können? (12:22 Min.)

Ferrari erschien nach der Triple-Pole im Qualifying schon wie der sichere Sieger, doch im Renntrimm waren Alpine, BMW und Peugeot nicht weit weg. Als einen "Witz" bezeichnete Ferraris Chef-Renningenieur Giuliano Salvi später die aus seiner Sicht zurückhaltende Quali-Vorstellung einiger Konkurrenten. Weil sich die potenten Gegner im 6-Stunden-Rennen das Leben selbst schwermachten oder Pech hatten - und Ferraris Strategen diesmal perfekt arbeiteten - reichte es für den ersten Ferrari-Doppelsieg seit dem WEC-Comeback 2023.

WEC-Zusammenfassung: Der packende Schluss-Spurt in Spa (06:01 Min.)

GEWINNER: Der Schumacher-Alpine

Alpine konnte in Spa zum ersten Mal seit dem WEC-Einstieg 2024 aus eigener Kraft um den Sieg kämpfen. Die Stärke der beiden A424 im Renntrimm hatte sich schon in den Freien Trainings angedeutet. Die #36 Crew um Mick Schumacher, Jules Gounon und Fred Makowiecki setzte es im 6-Stunden-Rennen nahezu perfekt um und übernahm zur Mitte sogar die Führung. Wäre da nicht dieser unglückliche schleichende Plattfuß hinten rechts gewesen, der Schumacher 1:20 Minuten vor dem Zieleinlauf ereilte.

In dieser brenzligen Situation reagierten die Alpine-Strategen blitzgescheit und setzten Schumacher auf eine Offset-Taktik mit vorgezogenem Full-Service-Stopp, durch die er am Ende nur einen kurzen Tankstopp einlegen musste. Was zunächst nach einer Pleite aussah, entwickelte sich zu einer packenden Aufholjagd zu den Ferrari in den Schlussminuten. Schumacher und Co. landeten ihren zweiten Podestplatz in Folge, für Mick war es der dritte seit dem WEC-Einstieg.

Ärgerlich nur: Das #35 Schwesterauto (Habsburg, Milesi, Chatin) kassierte eine frühe Durchfahrtstrafe wegen eines VSC-Vergehens und wurde zu weit zurückgeworfen, um in den engen Kampf an der Spitze eingreifen zu können. Platz acht am Ende für den Österreicher Ferdinand Habsburg und seine Teamkollegen. "Mit zwei Alpine hätte die Geschichte anders ausgesehen. Alpine hätte gewinnen können, es war ein guter Kampf", atmete Ferrari-Mann Salvi ob der starken Franzosen auf.

GEWINNER: Fast 100.000 Zuschauer

98.800 Zuschauer - WEC-Rekord für Spa - sorgten von Donnerstag bis Samstag für die perfekte Kulisse. Das hat Seltenheitswert auf dem Ardennenkurs: Sonne pur statt Regenschauer. Auch im Trockenen bekamen die Fans ein actionreiches Rennen geboten, in dem es auf der Strecke spektakulär und hart zugleich zur Sache ging - manchmal auch über die Grenzen hinaus. Fred Makowieckis Überholmanöver gegen einen Ferrari in Eau Rouge war nur eines von zahlreichen Highlights. Teilweise flogen die Autos zu dritt nebeneinander durch die wohl berühmteste Senke der Welt!

TV-Zuschauer aus Deutschland konnten zumindest zwei der sechs Rennstunden live im Free-TV bei Sport1 (17:30-19:30 Uhr) verfolgen. Beim dritten Rennen der Saison gab es zum ersten Mal dieses Jahr etwas Free-TV-Zeit für die WEC in Deutschland. Für die nachfolgenden 24 Stunden von Le Mans (14.-15. Juni 2025) herrscht hierzulande sogar ein Überangebot: RTL-Nitro und Eurosport 1 zeigen den Klassiker durchgängig live im Fernsehen.

#50, Ferrari mit Fuoco, Molina, Nielsen
Der Start zum 6-Stunden-Rennen in Spa, Foto: Ferrari

GEWINNER & VERLIERER: Toyota

Für Toyota muss sich der vierte Platz angefühlt haben wie ein Sieg. Nach dem Qualifying-Debakel (P15 und P16) hatten sich die Japaner nur als sechste oder siebte Kraft im Feld der acht Hypercar-Hersteller eingeordnet. Kein Wunder, dem Toyota GR010 Hybrid fehlten nach einer weiteren BoP-Beschneidung fast 60 PS auf Konkurrenten wie Alpine und Peugeot, noch dazu war der Toyota mit 1.069kg das schwerste aller Autos.

Dank einer wieder einmal optimalen Strategie-Leistung gelang es der #8 Crew um den vierfachen Le-Mans-Sieger Sebastien Buemi, Brendon Hartley und Hirakawa, den vierten Platz zu erkämpfen. Das Schwesterauto (Conway, Kobayashi, De Vries) landete auf P7. "Wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen und keine Fehler gemacht", sagte Buemi zu Motorsport-Magazin.com. Die Konkurrenzfähigkeit des Toyota beschrieb der Schweizer mit einem Wort: "Chancenlos!"

VERLIERER: BMW

BMW trat ohne die IMSA-Abgesandten Sheldon van der Linde und Dries Vanthoor (IMSA-Pole in Laguna Seca) in Spa nur mit Zwei-Mann-Crews an - und fuhr nach Pleiten, Strafen und Pannen weit am Podium vorbei. Kevin Magnussen und Raffaele Marciello sahen den Zielstrich nach zwei frühen Durchfahrtstrafen (Speeding in der Boxengasse & VSC-Verstoß) nur als Zehnte, während der Schwester-BMW mit Rene Rast und Robin Frijns nach hartem Kampf wegen eines Bremsen-Defekts vorzeitig ausfiel.

Rast und Frijns befanden sich lange Zeit sogar in aussichtsreicher Podest-Reichweite, bis ein schleichender Plattfuß und das Bremsen-Malheur ein besseres Ergebnis verhinderten. "Wenn man sich nur das Rennergebnis ansieht, ist das natürlich nicht das, was wir uns hier beim Heimspiel vom BMW M Team WRT erhofft hatten", sagte BMW-Motorsportchef Andreas Roos. "Auch mit der Performance, die wir mit den beiden BMW M Hybrid V8 gezeigt haben, hatten wir uns am Ende mehr erwartet."

VERLIERER: Porsche

Wie kritisiert man die Balance of Performance, obwohl es in der WEC per Reglement unter Strafe steht, sich öffentlich zur BoP-Einstufung zu äußern? Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach versuchte es nach der nächsten Pleite in Spa so: "Wir müssen schlicht und ergreifend festhalten: Die Rahmenbedingungen für ein besseres Ergebnis waren nicht gegeben. Wie immer werden wir tief in die Analyse einsteigen, zumal als nächstes die 24 Stunden von Le Mans anstehen. Aber ich denke, es gibt hier auch einen massiven Handlungsbedarf außerhalb unserer Organisation. Das Rennen spricht für sich."

Deutlicher kann man sich unter dem von der WEC und FIA verhängten BoP-Maulkorb vermutlich nicht äußern. Der bestplatzierte Porsche #963 mit der #6 um die amtierenden Weltmeister Kevin Estre und Laurens Vanthoor sowie WEC-Debütant/Formel-E-Champion Pascal Wehrlein landete auf Platz neun. Das Schwesterauto mit Neuzugang Nico Müller, Michael Christensen und Julien Andlauer ging mit P12 komplett leer aus.

Porsche trägt den BoP-Ballast nach dem letztjährigen Fahrer-Titelgewinn weiter mit sich rum und kommt in der WEC einfach nicht in Fahrt. Ganz anders in der IMSA-Serie, die parallel zur WEC in Laguna Seca gastierte: Matt Campbell und Mathieu Jaminet bescherten Porsche den vierten Sieg in Folge. In der WEC ein Flop, in der IMSA Top - wie soll man das dem allgemeinen Sport-Fan erklären, der keine Ahnung hat, was eine Balance of Performance überhaupt ist...

VERLIERER: Peugeot

Maximal erlaubte Leistung (707 PS) und minimales Gewicht (1.030 Kilo): Peugeot hatte in Spa alle nötigen Voraussetzungen, um den ersten Podestplatz in der laufenden Saison zu erreichen. Ein ärgerlicher Strategie-Fehler und ein unverschuldeter Ausfall ließen die Franzosen mit leeren Händen zurück.

Die beiden Peugeot 9X8 (#93 mit Vergne, Jensen, Di Resta und #94 mit Vandoorne, Duval, Jakobsen) hielten sich bis zur Rennhalbzeit nach 3 Stunden wacker in den Top-6 und schielten auf Podestplätze. Dann entfaltete sich das Drama: Während der zweiten Safety-Car-Phase verzichtete die #93 als einziges Auto im Feld auf einen Boxenstopp und sollte sich davon nie mehr erholen. "Es gab eine Misskommunikation", meinte Paul Di Resta nach Platz elf.

Das Schwesterauto hingegen hatte alles richtig gemacht und die nötigen Waffen, um an der Spitze mitzukämpfen. Beim Kampf um P5 kollidierte WEC-Debütant Malthe Jakobsen allerdings mit einem BMW und zog sich einen kapitalen Schaden an der Aufhängung zu. Feierabend für die #94 Crew und den 21-jährigen Dänen, der von der Rennleitung für den Kontakt verantwortlich gemacht wurde. "Ein sehr frustrierendes Rennen angesichts der Pace, die wir das ganze Wochenende hatten", resümierte Peugeot-Technikdirektor Olivier Jansonnie.