BMW hat sich bei seinem Fahreraufgebot für das Debüt in der WEC nicht lumpen lassen: Der Autobauer aus München tritt in der Langstrecken-Weltmeisterschaft 2024 mit so ziemlich allem an, was der hauseigene Kader zu bieten hat. Sechs Werksfahrer wechseln sich dieses Jahr am Steuer der beiden LMDh-Autos ab, wenn BMW erstmals mit seinem Prototypen nicht nur in der US-Sportwagenmeisterschaft IMSA, sondern parallel auch in der WEC an den Start gehen wird.

Mit an Bord ist der hochdekorierte Neuzugang Raffaele Marciello, dem sein letzter Arbeitgeber Mercedes-AMG keinen Einsatz in einem Prototypen anbieten konnte. Der Schweizer teilt sich das Cockpit des #15 BMW M Hybrid V8 mit dem zweifachen DTM-Champion Marco Wittmann sowie Toptalent Dries Vanthoor, der schon zu Audi-Zeiten zahlreiche GT3-Erfolge mit dem BMW-Einsatzteam WRT feierte.

Raffaele Marciello: "Genau die Challenge, die ich mir erhofft hatte"

"In der FIA WEC mit so vielen großen Herstellern um Siege und Titel zu fahren, ist genau die Challenge, die ich mir erhofft habe", wurde 'Königstransfer' Marciello in einer BMW-Pressemitteilung zitiert. "Nachdem wir über Jahre Gegner auf der Rennstrecke waren, ist es großartig, nun gemeinsam mit Dries Vanthoor zu fahren. Dazu noch eine BMW-Motorsport-Legende wie Marco Wittmann dabei zu haben, ist fantastisch."

Während Marciello und der jüngere der beiden Vanthoor-Brüder - Laurens startet im LMDh-Porsche - auf eine überschaubare Erfahrung im Prototypen zurückblicken, ist Wittmann bereits einige Langstrecken-Rennen in den USA für BMW gefahren. 2024 steht BMWs erfolgreichster Rennfahrer des Jahrzehnts mit dem Debüt bei den 24 Stunden von Le Mans vor einer neuen Herausforderung. "Die 24 Stunden von Le Mans standen schon immer auf meiner Wunschliste", sagte Wittmann. "Dass ich dieses 2024 in der Top-Klasse fahren und hoffentlich um den Sieg kämpfen kann, ist ein Traum, der wahr wird."

Drei Ex-Audi-Stars im zweiten BMW

Die Besetzung des Schwesterautos mit der Startnummer #20 kann sich ebenfalls sehen lassen: Der dreifache DTM-Champion Rene Rast teilt sich den BMW-LMDh mit Ex-Meister Sheldon van der Linde sowie dem Niederländer Robin Frijns. Nicht nur kennt sich das Trio aus gemeinsamen und erfolgreichen DTM-Zeiten, auch fuhren alle drei in der Vergangenheit für Audi. Da die Ingolstädter ihr LMDh-Projekt jedoch im Zuge des angekündigten Formel-1-Einstieges einstampften, suchten Rast und Frijns ihr Langstrecken-Heil beim bayerischen Konkurrenten.

Van der Linde kennt den BMW M Hybrid V8 bereits von letztjährigen Einsätzen in der IMSA, unter anderem beim 24-Stunden-Rennen in Daytona. Rast und Frijns konnten den rund 680 PS starken Boliden bereits testen, stehen aber vor ihren ersten Renneinsätzen. Dafür haben die früheren Audi-DTM-Rivalen einiges an Erfahrung in der WEC auf dem Buckel. Frijns fuhr seit 2021 erfolgreich in der LMP2-Klasse und gewann beim Debüt die Klassen-Weltmeisterschaft mit WRT, während Rast vor seinem sechsten Start in Le Mans steht; nach 2015 aber erst zum zweiten Mal in der Top-Kategorie.

Für Rast öffne sich damit ein neues Kapitel. "Nun ein Teil einer neuen goldenen Ära des Langstreckensports zu sein, ist großartig", fügte der 37-Jährige an. Teamkollege Frijns, seit jeher von der eher unbekümmerten Sorte, meinte: "Ich fahre mit zwei Champions zusammen, was soll da schiefgehen?"

BMW-Aufgebot in der WEC 2024

AutoFahrer 1Fahrer 2Fahrer 3
#15 BMW M Hybrid V8Dries VanthoorRaffaele MarcielloMarco Wittmann
#20 BMW M Hybrid V8Sheldon van der LindeRene RastRobin Frijns

Können die LMDh-Autos jetzt gegen die Hypercars kämpfen?

Das fahrerische Talent des BMW-Aufgebots auf den beiden Autos ist unbestritten. "Mit unserem Fahreraufgebot in der Hypercar-Klasse haben wir so etwas wie ein Dreamteam", meinte WRT-Boss Vosse. "Jetzt haben wir als Team etwas Druck, denn mit diesen Fahrern fehlt es uns definitiv nicht an Speed im Cockpit."

Hinter der Konkurrenzfähigkeit der nach dem IMSA-Reglement entwickelten LMDh-Autos im direkten Kampf mit den WEC-Hypercars stehen allerdings Fragezeichen. 2023 waren die LMDh-Vertreter Porsche und Cadillac den selbstentwickelten Hypercars von Toyota, Ferrari und mit Abstrichen Peugeot zumeist unterlegen. Die Japaner gewannen sechs von sieben Saisonrennen, nur in Le Mans mussten sie sich Rückkehrer Ferrari geschlagen geben.

In diesem Jahr erhält das Duell der LMDh- und LMH-Fahrzeuge zusätzliche Würze. Neben BMW gehen erstmals auch Lamborghini und Alpine mit ihren LMDh-Autos in der Langstrecken-WM an den Start. Bei derart viel Hersteller-Power dürfte es 'unterhaltsame' Diskussionen über die Balance of Performance geben, die beide Fahrzeugkonzepte trotz zahlreicher Unterschiede auf das gleiche Niveau heben soll...

Die WEC-Saison 2024 umfasst acht Rennen, beginnend mit dem Auftakt in Katar am 02. März. Vor den 24 Stunden von Le Mans (15.-16. Juni) warten weitere Läufe in Imola und Spa-Francorchamps. Ebenfalls im Rennkalender: Sao Paulo, Austin, Fuji sowie das Saisonfinale in Bahrain am 02. November. Die gute Nachricht für DTM-Fans: Mit den Terminen der WEC gibt es keine direkten Überschneidungen, sodass Wittmann, Rast und Co. ein Doppelprogramm bestreiten können.

WEC: BMW-Sextett trifft auf Valentino Rossi

In der WEC setzt BMW nicht nur zwei LMDh-Autos, sondern in der neugeschaffenen GT3-Klasse auch zwei BMW M4 GT3 ein. Die Renneinsätze führt ebenfalls das belgische Team WRT um Teamchef Vincent Vosse durch. Als Fahrer stehen bislang die lebende MotoGP-Legende Valentino Rossi sowie der frühere DTM-Vizemeister Augusto Farfus fest. Die weiteren Teamkollegen in der Klasse, in der verpflichtend Amateur-Fahrer eingesetzt werden müssen, werden in Bälde bekanntgegeben.

Erster LMDH-Einsatz für Rast und Co. schon im Januar

Nachdem sich BMW 2023 voll auf IMSA fokussiert hatte, während Porsche auf Anhieb ein Doppelprogramm samt Kundenautos stemmte, fahren die Münchner nun erstmals auch zweigleisig. Die IMSA startet bereits Ende Januar mit den 24 Stunden von Daytona in die neue Saison. Beim gleichzeitigen Kalender-Highlight bringt BMW zwei LMDh-Autos mit den Fahrerpaarungen Jesse Krohn/Augusto Farfus/Dries Vanthoor/Philipp Eng sowie Connor De Phillippi/Nick Yelloly/Maxime Martin/Rene Rast an den Start.

Eng/Krohn bzw. De Phillippi/Yelloly sind in den Staaten als Stammfahrer im Einsatz und werden bei den längeren Rennen wie in Daytona oder Sebring durch weitere BMW-Fahrer unterstützt.