Marco Wittmann hat die Saison 2023 wortwörtlich mit einem Happy End beschlossen: Der zweifache DTM-Champion und seine Verlobte Ellen gaben sich am vergangenen Wochenende das Ja-Wort. Ein mehr als versöhnlicher Abschluss für den frischgebackenen Ehe-Wittmann nach einer zumindest in der DTM völlig verkorksten Saison.

In seinem - man mag es kaum glauben - elften Jahr in der deutschen Traditionsserie als BMW-Werksfahrer erlebte der 33-Jährige eine Pleite nach der anderen. Hatte Wittmann passend zu seiner traditionellen Startnummer #11 auf eine gute Saison in der DTM gehofft, musste er sich letztendlich mit dem 13. Gesamtplatz begnügen. Zum ersten Mal überhaupt gelang Wittmann kein einziger Podestplatz in einer Saison, womit er bei 44 Podiumserfolgen stehen bleibt.

Marco Wittmann mit dem BMW M4 GT3 von Project 1 beim DTM-Rennen auf dem Norisring 2023
Großer Fan-Liebling auf dem Norisring: Marco Wittmann, Foto: BMW AG

Wittmanns 24h-Bilanz 2023: Sieg in Spa, Podest am Nürburgring

Dass der Fürther das Rennfahren nicht verlernt hat, stellte er andernorts mit dem gleichen Fahrzeugmodell eindrucksvoll unter Beweis: Auf einem ROWE-BMW triumphierte Wittmann dieses Jahr beim 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps und erzielte insgesamt zwei Siege in der GT World Challenge. Mit der Mannschaft von Hans-Peter Naundorf und dem BMW M4 GT3 ließ er zudem den zweiten Gesamtplatz beim 24h-Rennen Nürburgring folgen, genau wie schon 2021.

Nur in der DTM mit dem neuen BMW-Kundenteam Project 1, das zuvor unter anderem mit Porsche-GTE-Rennwagen in Le Mans angetreten war, wollte es überhaupt nicht laufen. Wittmanns beste Resultate waren zwei vierte Plätze in Zandvoort und auf dem Red Bull Ring. In den 16 Saisonrennen erreichte er neunmal die Top-10, blieb aber weit hinter den eigenen Erwartungen und Ansprüchen.

Marco Wittmann mit dem BMW M4 GT3 von Project 1 beim DTM-Rennen in Hockenheim 2023
Marco Wittmann startet seit 2013 in der DTM, Foto: BMW AG

Wittmann frustriert: Mit Project 1 "schlichtweg chancenlos"

Wie frustriert der DTM-Meister von 2014 und 2016 sowie erfolgreichste BMW-Fahrer der letzten zehn Jahre war, daraus machte er sogar in der offiziellen BMW-Pressemitteilung nach dem Saisonende keinen Hehl. "Das war meine schlechteste DTM-Saison in elf Jahren, und ich bin ehrlich gesagt froh, dass sie nun vorbei ist", ließ er sich zitieren, und analysierte schonungslos: "Wir müssen uns eingestehen, dass wir als neues Team in diesem hochkarätigen Feld schlichtweg chancenlos waren. Das ist für mich persönlich sehr frustrierend, denn ich habe andere Ansprüche."

Das im Motorsport erfahrene Project-1-Team aus Lohne betrat mit der DTM und dem Einsatz des BMW M4 GT3 automobiles Neuland - und Wittmann musste zum Saisonbeginn wieder einmal auf einen Teamkollegen verzichten, wie schon 2021 beim damaligen BMW-Kundenteam Walkenhorst-Motorsport, das 2024 zu Aston Martin wechselt.

Marco Wittmann mit dem BMW M4 GT3 von Project 1 beim DTM-Rennen in Hockenheim 2023
Marco Wittmann und BMW-Motorsportchef Andreas Roos, Foto: BMW AG

Mit Nachwuchspilot Sandro Holzem wurde ihm erst ab dem vierten Rennwochenende ein Teamkollege zur Seite gestellt, der mit seinen 19 Jahren aber noch nicht ansatzweise an das Niveau von Werksfahrern wie Wittmann oder den Schubert-BMW-Piloten Rene Rast und Sheldon van der Linde heranreichte.

"Es war zu erwarten, dass sie (Project 1) nicht auf dem gleichen Level wie Schubert sein können", sagte BMW-Motorsportchef Andreas Roos beim DTM-Finale in Hockenheim zu Motorsport-Magazin.com. "Sie haben es aber relativ schnell geschafft, auf das gleiche Level zu kommen, was die Fahrzeug-Performance betrifft. Marco war mit Blick auf die Rundenzeiten mehrfach auf dem gleichen Level. In den Rennen ist es dann nicht ganz so ausgegangen."

Marco Wittmanns DTM-Karriere in Zahlen

StatistikZahlen
Rennen178 seit 2013, alle für BMW
Siege18
Podestplätze44
Pole Positions16
Schnellste Rennrunden11
Meister-Titel2 (2014, 2016)
Punkte1.497

Private Testfahrten: Wittmann muss zuschauen

Die mangelnde Erfahrung mit dem Auto war ein Stolperstein für Project 1, die fehlenden Testfahrten der andere. Während die Top-Teams der DTM wie Manthey-Porsche oder SSR-Lamborghini einen Reifensatz nach dem anderen bei den äußerst kostenintensiven und nicht restriktiven Privat-Tests verbliesen, musste Wittmann häufiger zuschauen. Schmerzhaft war vor allem der von Project 1 ausgelassene Test vor dem Sachsenring-Rennwochenende, wo Wittmann seine ersten Runden drehen musste und dem Erfahrungsnachteil hinterherrannte.

"Das ist eine Teamentscheidung, wir sind nicht für die Tests der Teams zuständig", reichte Roos das Zepter an Project 1 weiter und verwies auf den von BMW rein werksunterstützten Kundensport. Was nichts daran ändert, dass ein langjähriger BMW-Werksfahrer einige DTM-Events mit einem deutlichen Test-Nachteil bestreiten musste, während beim gut aussortierten Schubert-Team die beiden Ex-Champions Rast und van der Linde deutlich mehr Testgelegenheiten erhielten.

"Wir unterstützen hier drei Fahrzeuge mit unseren Sponsoren und Werksfahrern", erklärte Roos und verwies auf die Saison 2022, in der Sheldon van der Linde und Schubert für BMW die DTM-Meisterschaft gewannen. "Das ist unser Ansatz, und daran hat sich im Vergleich zum letzten Jahr nichts geändert."

Marco Wittmann mit dem BMW M4 GT3 von Project 1 beim DTM-Rennen in Hockenheim 2023
Wittmanns BMW M4 GT3 wird von den Fans als Green Machine bezeichnet, Foto: BMW AG

Wittmann will in DTM bleiben - WEC-Debüt steht bevor

Wie es 2024 im BMW-Lager mit der DTM weitergeht, ist öffentlich noch nicht bekannt. Mitte Dezember wollen die Münchner ihr nächstjähriges Aufgebot präsentieren. Mit einer weiteren Saison wie der abgelaufenen könnte sich der 18-fache DTM-Rennsieger Wittmann wohl kaum arrangieren. Sein Anspruch ist der dritte Titelgewinn - und dazu braucht es das richtige Team mit den entsprechenden Möglichkeiten, wie Meister Manthey und Vize-Champion SSR Performance bewiesen haben.

Wittmann selbst bezeichnet die DTM seit seinem Debüt 2013 als motorsportliches Zuhause und würde gerne weitermachen. "Mein Wunsch ist es auf jeden Fall, wieder DTM zu fahren", sagte er zuletzt im Podcast 'Steilvorlage'. "Aber es gibt auch andere coole Projekte wie die Hypercars, mit denen BMW auch in der WEC fahren wird. Es war immer auf meiner To-Do-Liste, in Le Mans zu fahren und das Rennen idealerweise zu gewinnen. Wir müssen schauen, was sich alles ergibt."

Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com kann sich Wittmann sehr gute Hoffnungen machen, 2024 in der Langstrecken-Weltmeisterschaft auf dem BMW M Hybrid V8 an den Start zu gehen. Bislang wurden offiziell nur Sheldon van der Linde und Dries Vanthoor von BMW genannt. Dazu sollen Rene Rast, Robin Frijns und Neuzugang Raffaele Marciello zusammen mit Wittmann die beiden LMDh-Autos besetzen. Gut für DTM-Fans: 2024 kommt es nicht zu Terminüberschneidungen mit der WEC, was Doppelprogramme zulassen würde.