"Wenn ich hier nicht konkurrenzfähig bin, dann können wir ohne Zweifel festhalten, dass ich ein großes Problem habe." Francesco Bagnaia wusste bereits am Donnerstag, welche wichtige Sessions am Trainingsfreitag in Mugello auf ihn warten würden. In der MotoGP-Saison 2025 bislang chancenlos gegen seinen neuen Teamkollegen Marc Marquez, musste auf der Paradestrecke des Ducati-Piloten unbedingt ein Ausrufezeichen gesetzt werden. Wenn er Marquez hier nicht bezwingen könne, wo dann? Gespannt erwartete die MotoGP-Welt am Freitag also Bagnaias Performance auf heimischem Boden - und der erste Eindruck fiel enttäuschend aus.
Nachdem Bagnaia in Mugello zurück zur kleineren 340-Millimeter-Bremsscheibe wechseln musste, schien er zunächst auch wieder in alte Muster zurückzufallen. Viele unsaubere Runden, viele Verbremser und viele Wackler an der Front. "Heute morgen war das Motorrad ziemlich nervös, ich hatte einige Momente", gab der gebürtige Turiner auch selbst offen und ehrlich zu. Mehrmals hatten ihn die TV-Kameras dabei eingefangen, wie er nach Fehlern wütend oder ratlos per Handzeichen reagierte. Am Ende von FP1 stand so nur Platz acht zu Buche, fast eine halbe Sekunde Rückstand auf die Spitze.
Nach holprigem Start: Francesco Bagnaia dreht in Mugello auf
Im 60-minütigen Training am Nachmittag wendete sich das Blatt dann jedoch. "Als ich den frischen Soft-Hinterreifen aufgezogen habe, wurde mein Gefühl sofort viel besser. Ich hatte mein übliches Mugello-Gefühl zurück. Das war eine große Erleichterung für mich", freute sich Bagnaia, der den Freitag als Zweitschnellster hinter Maverick Vinales beendete. Kein perfekter Tag also, aber ein Fortschritt. Denn Platz eins wäre wohl auch noch möglich gewesen. Im letzten Umlauf begann Bagnaia mit absoluter Bestzeit, hatte dann aber nicht mehr genug Benzin im Tank, um die Runde zu Ende zu fahren. "Ich bin glücklich", hält er deshalb fest.
Insgesamt scheinen die Probleme mit der Front der Ducati GP25 zwar noch nicht vollständig gelöst, aber zumindest auf Paradestrecken wie Mugello läuft es wieder. "Wenn ich das gleiche Gefühl wie in der 'Timeattack' habe, bin ich mir sicher, dass ich in beiden Rennen mindestens um das Podium kämpfen kann", wollte Bagnaia für Sprint und Grand-Prix zwar nicht direkt von zwei erlösenden Siegen sprechen, aber insgeheim ist das dritte Mugello-Doppel nach 2023 und 2024 natürlich schon das klare Ziel.
Marc Marquez will Schadensbegrenzung: Nur Alex interessant, Pecco (noch) nicht
Die Chance, Teamkollege Marc Marquez 2025 erstmals aus eigener Kraft zu bezwingen, ist jedenfalls real. Der Spanier musste sich Bagnaia bereits im Training geschlagen geben. "Ich hätte gedacht, dass ich noch etwas weiter hinter Pecco und Alex [Marquez] liege", gab er anschließend auch unverblümt zu. "Das ist normalerweise eine Strecke, auf der ich größere Probleme habe, wenn ich alleine fahre", kommentierte, wollte sich im Anschluss aber auch nicht schlechter reden als er mit Platz drei tatsächlich war: "Heute habe ich mich gut gefühlt, war nah an ihnen dran. Damit habe ich mein Ziel schon erreicht."
Dass Bagnaia nach dem Trainingsfreitag die Oberhand haben könnte, tangierte Marquez daher wenig. "Das ist eine Strecke, auf der ich speziell gegen Alex nicht zu viel [Punkte] verlieren darf. Pecco interessiert mich momentan nicht wirklich, weil ich auf ihn viel mehr Vorsprung habe", wurde der MotoGP-Superstar deutlich. In der Fahrer-WM liegt er vor dem Italien-GP 'nur' 32 Punkte vor Bruder Alex und ganze 93 vor Bagnaia. "Ich will damit nicht sagen, dass ich Pecco schon komplett aus dem WM-Kampf ausschließe, aber ich muss mich auf dieser Strecke vor allem gegen Alex verteidigen anstatt zu attackieren."
Alex Marquez sieht Fünfkampf um MotoGP-Sieg in Mugello
Aufgrund der zahlreichen langgezogenen Rechtskurven gilt Mugello traditionell als schwierige Strecke für die Startnummer 93, erst einmal konnte Marquez den Italien-GP gewinnen. Bruder Alex Marquez passt da mit seinem Fahrstil schon viel besser zum flüssigen Autodromo von Mugello und zeigte das am Freitag auch mit guter Pace - nach bewusst schleppendem Start in FP1. "Das ist eine Strecke, auf der ich nicht von Beginn an attackieren muss, um ein gewisses Level zu erreichen. Ich kann es etwas langsamer angehen lassen", erklärte der Gresini-Pilot seinen unauffälligen neunten Rang im 1. Freien Training.

Dass er in Mugello aber sehr wohl um seinen zweiten MotoGP-Sieg kämpfen kann, zeigte Alex Marquez dann im Training mit Platz vier, nur wenige Tausendstel hinter den beiden Werks-Ducatis. "Marc und ich haben eine identische Pace, dann kommen Pecco, Vinales und Bezzecchi. Wir fünf werden miteinander kämpfen", rechnet der 28-Jährige mit einem aktionreichen Rennwochenende. Punkte auf Bruder Marc gutzumachen, hat er sich übrigens nicht als Pflichtaufgabe auf die Fahne geschrieben. "Wir dürfen den Fokus nicht verlieren", warnt er. Das Qualifying werde für jeden Sieganwärter zum Schlüssel: "Wenn du aus der vierten Reihe startest, dann kannst du dich von deinem Rennen verabschieden."
Mit Pedro Acosta könnte in Mugello vielleicht sogar noch ein sechster Pilot um den Grand-Prix-Sieg mitreden. Warum KTM sichtbar an Momentum aufgebaut hat, erfahrt ihr im nachfolgenden Artikel:
diese MotoGP Nachricht