1,107 Sekunden vor seinem Bruder Alex kam Marc Marquez am Sonntag im MotoGP-Rennen von Aragon ins Ziel. Angesichts dieses überschaubaren Vorsprungs scheint es auf den ersten Blick falsch, von einer absolut dominanten Vorstellung des älteren Marquez-Sprosses zu sprechen. Bevor Marc Marquez in der letzten Runde zum Jubel ansetzte, war er schon mehr als zweieinhalb Sekunden enteilt. Doch auch das ist noch weit von den Abständen entfernt, die er einst auf seinen liebsten Rennstrecken wie Austin, Sachsenring oder eben auch Aragon erzielte.
Marc Marquez schon Freitag im Verwaltungsmodus
Doch die Ergebnisliste liefert uns hier wie so oft nur die halbe Wahrheit. Es waren nicht die nackten Zahlen, die Marquez' Rennen am Sonntag so besonders machten. Viel mehr war es die Art und Weise, wie er es fuhr. Im 1. Freien Training am Freitag hatte der WM-Leader die Konkurrenz gleich einmal geschockt: Eine Sekunde brachte er zwischen sich und seine ersten Verfolger. Hätte Marquez - wie üblich - über das restliche Wochenende hinweg immer weiter nach mehr Speed gesucht, wäre das Grand-Prix-Ergebnis für die Konkurrenz wohl blamabel ausgefallen.
Doch Marquez entschied sich für einen anderen Weg. Nach Rennstürzen in Austin, Jerez und Silverstone wollte er in Aragon seinen Rivalen keine Punkte auf dem Silbertablett servieren. Einen Pflichtsieg nannte er den Erfolg im Motorland. Das freitägliche FP1 bot ihm dafür die perfekte Basis. Die dort gezeigte Pace prognostizierte er als absolut ausreichend für den Sieg. Das restliche Wochenende arbeitete Marquez nur noch daran, diese Pace mit zunehmender Erfahrung immer sicherer abrufen zu können.
23 fehlerfreie Runden von Marc Marquez
Eine Strategie, die voll aufgehen sollte. Im Rennen am Sonntag wirkte Marquez, als würde er die 23 Runden auf Schienen fahren. Keine Wackler, keine Verbremser, keine echten Fehler - in 391 Kurven. Lange war sein Absprung klein genug, um den Verfolgern Hoffnung zu machen. Und doch war er stets groß genug, um Marquez nie unter echten Druck kommen zu lassen. Die Startnummer 93 war für ihre Rivalen so nah und doch so fern. Was für Alex Marquez, Francesco Bagnaia und Co. wohl noch zermürbender war, als vom Superstar direkt in Grund und Boden gefahren zu werden.

Denn auch bei den überlegensten Solofahrten in Führung liegend besteht doch immer das gewisse Risiko, dass der Spitzenreiter in einer Mischung aus zu wenig Konzentration und zu viel Selbstvertrauen sein Motorrad hinlegt. In diese Gefahr geriet Marc Marquez an diesem Sonntag in Aragon nie. Er hätte wahrscheinlich noch hunderte Runden fahren können, ohne dabei seinen Gegnern durch einen Eigenfehler jemals eine Chance zu geben - eine deprimierende Situation für den Rest des Feldes. "Es ging an diesem Wochenende nur darum, Schadensbegrenzung zu betreiben", stelle Alex Marquez folgerichtig fest. Positiv für ihn die übrigen Herausforderer: Nicht überall wird Dominator Marc Marquez den Schongang einlegen können. Doch auch auf seinen Paradestrecken kann er 37 Punkte pro Wochenende schon fast fix einplanen. Pflichtsiege eben, wie er sie selbst nennt.
Seine Pflicht konnte in Aragon erstmals seit Wochen Francesco Bagnaia erfüllen. Wie ihm das gelang, lest ihr hier:
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