Knapp vier Wochen sind vergangen, seit im Nachgang des Frankreich-GPs in Le Mans eine wahre MotoGP-Bombe platzte. Weltmeister Jorge Martin verkündete seine Intention, Arbeitgeber Aprilia schon mit Saisonende 2025 wieder verlassen zu wollen. Eine Nachricht, die Schockwellen durch das Paddock der Königsklasse sendete. Seither liegen die beiden Parteien im Streit und beharren auf ihren Positionen, dass eine im Vertrag eingebaute Ausstiegsklausel gültig beziehungsweise ungültig sei. Auf ein erstes Aprilia-Statement folgte in der vergangenen Woche die Antwort Martins per Social-Media-Botschaft.
Seither wurde es ruhig um das Vertragsdrama. Die gesamte MotoGP-Welt fragt sich: Wie geht es nun weiter? Ein Rechtsstreit scheint unausweichlich, sollten die beiden Parteien nicht doch nochmal zueinander finden. Nach Martins neuerlichem Statement eigentlich undenkbar, machte er seine Wechselambitionen doch nochmals deutlich. Zumindest Aprilia scheint die Hoffnung auf eine Versöhnung aber noch nicht aufgegeben zu haben.
Massimo Rivola: Unser Bike kann mit Jorge Martin gewinnen!
"Obwohl wir uns in einer schwierigen Situation befinden, kann ich verstehen, was Jorge aktuell durchmacht. Wenn ein Fahrer so lange nicht fahren kann und so lange ausfällt, leidet er sehr. In seinem Kopf können dann alle möglichen Dinge passieren, die er vielleicht auch mit seinem Motorrad oder dem Team in Verbindung bringt", zeigte Aprilia-Racing-CEO Massimo Rivola im Interview mit der spanischen Zeitung 'El Pais' Verständnis für die Abwanderungsgedanken seines Starpiloten. Der Italiener riet Martin im gleichen Atemzug aber auch, seine Entscheidung nochmals zu überdenken.
"Wir sind und waren immer überzeugt, dass unser Motorrad mit ihm gewinnen kann", stellte Rivola klar. "Wir dachten, dass wir vom ersten Rennen an stark sein würden, aber unsere Saison wurde durch Jorges Abstinenz massiv geprägt. Wir haben ihn sehr vermisst. Er hätte uns bei der Entwicklung des Motorrads geholfen und auch die Entwicklung von Marco [Bezzecchi] beschleunigt, weil wir die Daten und alles hätten vergleichen können." So aber benötigte Aprilia eine längere Anlaufzeit, ehe der Knoten in Silverstone auf bestmögliche Art und Weise platzte. Da nun aber deutlich wurde, was mit der RS-GP möglich ist, meint Rivola: "Ich bin mir sicher, dass wir mit ihm [Jorge Martin] mehr Rennen als nur Silverstone gewonnen hätten. Und ich bin nicht naiv, das zeigen uns die Daten."
Paolo Bonora: Aprilia hegt keinen Groll gegenüber Jorge Martin
Am konkurrenzfähigen Material sollte ein Martin-Verbleib bei Aprilia also nicht scheitern. Und an der menschlichen Komponente? "Es war schön, Jorge wieder zu sehen", verneinte Teammanager Paolo Bonora bereits am Donnerstag im MotoGP-Format 'Gear Up' vermeintlichen Unmut der Aprilia-Angestellten gegenüber Martin, als diese sich vor wenigen Tagen beim 'Aprilia All Stars'-Event in Misano zum ersten Mal seit dem Bekanntwerden der Wechselabsichten des Spaniers persönlich wiedergesehen hatten. "Jorge wurde sehr herzlich empfangen, sowohl vom Team als auch von den Fans. Sie haben ihm klar gezeigt, dass sie ihn auch in Zukunft noch bei uns haben wollen."

Die Botschaft ist also klar: Aprilia will weiterhin mit Martin zusammenarbeiten, der gemeinsamen Partnerschaft einen neuen Versuch geben. Wut oder Groll in Richtung der Startnummer 1 gebe es nicht. "Es kann alles behoben werden. Daran arbeiten wir", machte Bonora am Freitag im Gespräch mit den spanischen TV-Kollegen von 'DAZN' auch nochmal klar, dass noch keine Brücken irreparabel eingerissen wurden. Der Ball liegt nun abermals bei Martin.
Ob sich der 27-Jährige aus Madrid nochmal umstimmen lässt, wird die Zukunft zeigen. Bis dahin stellt sich aber auch die Frage, wieso Aprilia überhaupt so verbissen um den Verbleib eines Fahrers kämpft, der offensichtlich keine Lust mehr auf das gemeinsame Projekt hat. Die Antwort ist wohl relativ simpel: Es mangelt an Alternativen. Die Verträge sämtlicher MotoGP-Topfahrer gelten bis einschließlich 2026, für die nächste Saison ist keiner von ihnen verfügbar. Im Falle eines Martin-Abgangs würde also nicht nur die Konkurrenz (voraussichtlich Honda) gestärkt, sondern auch Aprilia selbst geschwächt. Die ersten Alternativen wären wohl Enea Bastianini und Luca Marini, vielleicht auch Joan Mir, Alex Rins, Franco Morbidelli, Jack Miller oder Miguel Oliveira. Allesamt Rennsieger, aber eben auch keine Fahrer vom Kaliber eines Jorge Martin.
Was glaubt ihr, wie die Transfersaga um Martin und Aprilia enden wird? Ist eine Versöhnung noch möglich oder sind sämtliche Tischtücher bereits zerschnitten? Sagt uns eure Meinung in den Kommentaren!
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