Honda fuhr bei den MotoGP-Testfahrten in Sepang im Schatten von Erzrivale Yamaha, die mit gewaltigen Verbesserungen für Aufsehen sorgten. Dennoch wird im Lager des Motorrad-Giganten betont, dass auch ihnen ein Fortschritt gelungen ist. Die Anzeichen dafür sind allerdings trügerisch.

Sind viel näher dran! Honda-Lager wittert Morgenluft

"Die Rundenzeiten sind schnell und wir kommen näher, das ist die Realität. Wir waren in diesem Test viel näher dran als letztes Jahr", zeigte sich Joan Mir erfreut. Die Ergebnistafel spräche ein klares Bild: "Dass wir in allen Test-Sessions in den Top 10 sein konnten, bedeutet, dass wir solide dabei sind." Tatsächlich wurde der MotoGP-Weltmeister von 2020 an den drei Testtagen zweimal Sechster und einmal Achter. Der Rückstand auf die Spitze überstieg dabei nie mehr als acht Zehntel.

Yamaha wieder im MotoGP-Spitzenfeld: Beeindruckende Steigerung (08:23 Min.)

Diese Ergebnisse sorgten auch bei den Verantwortlichen für etwas Optimismus. "Die Basis ist besser als letztes Jahr. Wir haben uns in einigen Bereichen verbessert, die in der Vergangenheit Schwierigkeiten bereitet haben", konstatierte Teamchef Alberto Puig. Der neue Technik-Direktor Romano Albesiano ließ Ähnliches verlauten: "Ich hatte vor diesem Test nicht gewusst, was wir erwarten sollten. Jetzt ist mein generelles Gefühl sowohl beim Motorrad als auch bei den Fahrern gut. Wir haben eine Basis, die wir nun Schritt für Schritt mit kleinen Entwicklungen verbessern wollen. Das ist der richtige Weg."

Honda in den Top 10? MotoGP-Testtabelle sagt nicht alles

Dieser Weg könnte aber noch ein langer sein, denn die Top-10-Ergebnisse des Tests sind trügerisch. Aprilia war gar nicht auf Zeitenjagd aus und Jorge Martin sowie Raul Fernandez verletzten sich früh, ebenso wie Fabio di Giannantonio bei Ducati. Bei Yamaha musste sich das Pramac-Team erst einleben. Selbiges gilt auch für das neue Tech3-Fahrerduo im Hause KTM. Da wird in der Realität des Rennwochenendes aus einem Rang sechs auch schnell ein Platz außerhalb der ersten Zehn.

Außerdem spiegeln die Zeiten nur die Pace auf eine Runde wieder. Im Longrun sah die Welt anders aus. Während Ducati sich im Bereich von 1:58.0 Minuten befand und die restliche Konkurrenz mittlere 1:58er-Zeiten hinlegen konnte, mühten sich die Honda-Piloten teilweise ab, die Rundenzeit unter zwei Minuten zu halten. In der virtuellen Sprint-Simulation am Nachmittag des dritten Tages wäre Joan Mir nach zehn Runden mit 18 Sekunden Rückstand auf 'Sieger' Alex Marquez ins Ziel gekommen. Im echten Malaysia-Sprint von 2024 waren es 20 Sekunden, aber wohlgemerkt im Verkehr und nicht unter Testbedinungen. Unsere Analyse des Tests findet ihr hier:

Ein Problem ist klar: Honda muss beim Motor zulegen

Diese Zahlen passen mit dem Stimmungsbild also nicht ganz zusammen. Dennoch wird die Lage bei Honda nicht einfach nur schöngeredet. Ein Defizit ihres Motorrads wird offen zugegeben. "Der Motor ist ein bisschen besser. Die Leistung und der Topspeed wurde ein kleinwenig verbessert. Wir brauchen aber noch viel mehr in Sachen Topspeed. Da sind wir vermutlich die Letzten", konstatiert Mir. Die Messungen bestätigen, dass Honda in der Topspeedtabelle Letzter ist: 337,5 km/h Spitze wurde erreicht. KTM ist da um fünf Stundenkilometer schneller.

Doch nicht alles ist am Aggregat schlecht. "Der Motor ist ein Bereich, bei dem die Jungs bei Honda eine gute Arbeit geleistet haben, um die Gasannahme zu verbessern. Für die Fahrer war das ein guter Fortschritt", betont Romano Albesiano. Letztlich muss aber auch der Italiener zugeben: "Jetzt müssen wir mehr pure Leistung finden. Da fehlt uns noch ein bisschen was, wenn wir konkurrenzfähig sein wollen." Die MotoGP-Concessions kommen bei diesem Problem zur Hilfe. Solange Honda im Rang 'D' eingestuft ist, darf der Motor auch während der Saison weiterentwickelt werden.

Johann Zarco im Malaysia-Test der MotoGP
Der Motor der Honda ist noch zu schwach, Foto: LCR Honda Castrol

Trotz allem Optimismus: Honda geht mit Rückstand in die Saison

Wo steht Honda also? Der gewaltige Sprung von Yamaha ist ihnen sicherlich nicht gelungen und die Longruns verheißen nichts Gutes. Die Stimmungslage war hingegen bemerkenswert positiv. Besonders Joan Mir ärgerte sich 2024 noch regelmäßig über seinen Arbeitgeber, was diesmal bei den Testfahrten ausblieb. Dennoch erscheint der erfolgreichste MotoGP-Hersteller der Geschichte erst am Anfang seines Aufholprozesses. Nicht umsonst fährt Alberto Puig die Erwartungshaltung trotz aller proklamierten Fortschritte herunter: "Der Saisonstart wird nicht leicht werden, das ist sicher."

Beim nächsten Test in Thailand hat Honda die Möglichkeit, den Rückstand auf die Konkurrenz weiter zu verringern. Hier haben wir alle Infos zur finalen Vorbereitung auf die MotoGP-Saison 2025 für euch: