Jorge Martin ist am Zenit angekommen, seit Sonntagnachmittag darf er sich offiziell als MotoGP-Weltmeister 2024 bezeichnen. Er hat sich erfolgreich gegen Titelrivale Francesco Bagnaia behauptet und dessen zweijährige Regentschaft in der Königsklasse beendet. In Anbetracht der letzten drei Jahre ist dieser Triumph für den 'Martinator' allerdings mehr als nur ein gewöhnlicher WM-Gewinn. Denn er hat sich damit auch ausgerechnet gegen jenes Team durchgesetzt, dass ihn weder 2022 noch 2023 oder 2024 haben wollte. Zweimal bekam Enea Bastianini den Vorzug, zuletzt dann Marc Marquez.
Insofern wäre der Sonntagabend in Barcelona auch der perfekte Moment gewesen, um Ducati vor der gesamten Weltöffentlichkeit nochmal unter die Nase zu reiben, dass sie sich womöglich für den falschen Fahrer entschieden haben. Es wäre für Martin ein Leichtes gewesen, sich auf der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz hinzustellen und zu sagen: 'Hättet ihr mal besser mich genommen, das habt ihr jetzt davon'. Doch falsch gedacht! Selbst im Moment seines größten Triumphes dankte der künftige Aprilia-Pilot denjenigen, die ihn nicht haben wollten.
Jorge Martin dankt Ducati: MotoGP-Titel nur dank ihnen holen können!
Auf die Frage, was das Pramac-Team so besonders mache, dass der erste Titelgewinn eines Privatfahrers seit Valentino Rossi im Jahr 2001 möglich wurde, antwortete Martin am Sonntag kurzerhand: "Ducati war der Schlüssel." Der Mannschaft um Gigi Dall'Igna, Davide Tardozzi und Co. wäre es schließlich ein Leichtes gewesen, den zur Konkurrenz wechselnden Martin im WM-Kampf mit deren Goldjungen Bagnaia mit ausbleibenden Updates auszubremsen. Doch das taten sie nicht, wofür der neue MotoGP-Weltmeister nun größten Respekt zollte.
"Auch wenn sie mich nächstes Jahr nicht haben wollten, haben sie mich mit allen Waffen um diesen WM-Titel kämpfen lassen", stellt Martin klar und ergänzt: "Ich glaube, dass Gigi seit meiner Unterschrift in der Moto2 [Ende 2020, Anm.] stark an mich geglaubt hat. Vielleicht war ich einfach nicht in meiner besten Verfassung, als ich es hätte sein müssen und bin deshalb nie in dieses Team gekommen. Aber das ist nun mal das Leben. Es war entscheidend, dass sie mich haben kämpfen lassen. Ich glaube, dass niemand in diesem Raum [Pressekonferenzraum, Anm.] gedacht hätte, dass sie mich wirklich kämpfen lassen würden, aber sie haben es getan und dafür bin ich ihnen verdammt dankbar."
Jorge Martin mit Ducati im Reinen: Vielleicht wäre es mir wie Enea ergangen!
Daher war es dem 26-jährigen Madrilenen am Sonntag auch wichtig, nochmal klarzustellen, dass er sich mit seinem Titelgewinn nicht an Ducati rächen wollte. Vielmehr offenbarte der 'Martinator' sogar eine spannende Erkenntnis, an die in einem solchen Moment wohl nur die Wenigsten gedacht hätten. "2022 hat mein Motorrad nicht so gut funktioniert [wie danach, Anm.]. Trotzdem hatte Ducati die Möglichkeit, mich zu nehmen. Sie haben sich in letzter Minute anders entschieden, aber ich wollte ihnen zu keiner Zeit beweisen, dass sie falsch lagen. Ich habe immer nur nach mir und meinem Team gesehen. Dank ihrer Entscheidung konnte ich den Titel mit Pramac gewinnen. Vielleicht wäre mir im Werksteam ja das gleiche passiert wie Enea."
Dieser hatte 2022 nach einer starken Saison mit Gresini Racing den Zuschlag vom Ducati-Werksteam erhalten, erlebte 2023 dann allerdings eine Horror-Debütsaison in Rot. Gleich zweimal schwer verletzt, fand die 'Bestie' nie ein gutes Gefühl für die Ducati GP23 und wurde letztlich mit 84 Punkten nur 15. in der Weltmeisterschaft, während Martin bei Pramac blieb und mit Bagnaia um den WM-Titel kämpfte. Dort unterlag er zwar noch, zog aber die richtigen Lehren daraus und belohnte sich dank immenser Konstanz und weniger Fehler 2024 mit dem MotoGP-Titel.
Mit dem Verlauf der Geschichte hadert Martin deshalb nicht. "Vielleicht war dieser Platz einfach nicht für mich bestimmt", sagt er besonnen. "Ich durfte den Titel dadurch mit Pramac gewinnen und das ist der beste Ort, an dem ich hätte gewinnen können. Sie haben den Titel mehr verdient als ich."
diese MotoGP Nachricht