Die MotoGP bekommt 2024 ein Rematch um den Weltmeistertitel. Das Duell Francesco Bagnaia gegen Jorge Martin geht in die zweite Auflage. Zwei Rennwochenenden vor Ende der Saison haben nur noch diese beiden Fahrer Chancen auf die MotoGP-Krone, Marc Marquez oder Enea Bastianini sind auch rein mathematisch aus dem Titelrennen.

Francesco Bagnaia gegen Jorge Martin unter Druck

Martin geht mit 17 Punkten Vorsprung auf Bagnaia in die letzten beiden Events in Sepang und Valencia. Der Titelverteidiger ist also mächtig unter Zugzwang. Martin würden zweite Plätze in den verbleibenden beiden Sprints und Grands Prix zum ersten MotoGP-Titelgewinn reichen, auch wenn Bagnaia jeweils als Sieger über die Ziellinie fährt.

Bagnaia muss also auf einen Patzer von Martin hoffen - oder auf Schützenhilfe. Solche hätte sein nächstjähriger Teamkollege Marc Marquez am Sonntag in Thailand leisten können. Er fuhr lange Zeit zwischen dem führenden Bagnaia und dem drittplatzierten Martin, hätte somit Bagnaia weitere vier Punkte in der Weltmeisterschaft aufholen lassen. Marquez kam aber schließlich zu Sturz, Bagnaia war enttäuscht über den Crash: "Als ich gesehen habe, dass er gestürzt ist, habe ich mir gedacht: 'Fuck, jetzt mache ich keine neun Punkte gut."

Erst Schützenhilfe, dann Ducati-Stallorder?

Wäre Marquez als Zweiter zwischen Bagnaia und Martin ins Ziel gekommen, wäre das freilich eine Art unfreiwilliger Schützenhilfe für Bagnaia gewesen. Der Gresini-Pilot kämpft um WM-Rang drei gegen Enea Bastianini und versucht dabei logischerweise die für ihn besten Rennergebnisse einzufahren. Worüber nun im spannenden Titelkampf aber natürlich ebenfalls wieder einmal diskutiert wird, ist Schützenhilfe in Form von direkter Stallorder, also das bewusste Zurückpfeifen von Teamkollegen zum Vorteil der jeweiligen WM-Anwärter.

Bagnaia hofft auf Schützenhilfe von Marc Marquez - vergeblich! (06:33 Min.)

Im Fall von Pramac Racing scheint sich die Frage kaum zu stellen. Martins Stallgefährte Franco Morbidelli konnte in seiner ersten Ducati-Saison, die auch von einem schweren Sturz im Wintertraining beeinträchtigt wurde, bislang nur am ersten Misano-Wochenende um Spitzenpositionen kämpfen. Aktuell scheint es unwahrscheinlich, dass er Martin im Saisonfinale wirklich unterstützen könnte.

Enea Bastianini als potenzielle Ducati-Waffe

Ganz anders sieht es in der Ducati-Werksmannschaft aus. Enea Bastianini ist Stammgast in der Führungsgruppe, konnte am Samstag in Thailand den Sprint sogar souverän gewinnen. Setzt ihn das Factory-Team also im WM-Fight als Waffe gegen Martin ein? So einfach ist die Lage auch hier nicht. Zum einen verlässt Bastianini den Rennstall mit Jahresende in Richtung Tech3-KTM. Seine Motivation, eigene Erfolge im Sinne des Teams zu opfern, ist also wohl überschaubar.

Außerdem verfügt Bastianini noch über Chancen auf WM-Rang drei. Er liegt hier nur zehn Punkte hinter Marc Marquez zurück. Das weiß auch Team-Manager Davide Tardozzi. "Enea hat seinen eigenen Kampf um Platz drei in der Weltmeisterschaft und dort mit Marc Marquez einen harten Gegner. Deshalb denken wir aktuell nicht über Stallorder nach", so Tardozzi am Sonntagabend in Thailand.

Davide Tardozzi und Francesco Bagnaia in der Ducati-Box
Bagnaia und Tardozzi haben im Werksteam bereits zwei Fahrerweltmeisterschaften gewonnen, Foto: LAT Images

In seinem Statement findet sich aber ein wichtiges Wort: 'Aktuell.' Denn die Situation könnte sich in Sepang am kommenden Wochenende ändern und Bastianini vielleicht ohne Chance auf den dritten WM-Rang nach Valencia kommen. Darauf angesprochen, hielt sich Tardozzi alle Optionen offen: "Wir werden sehen. Wir werden die Rennen und Resultate ständig neu bewerten und dann evaluieren, ob wir eine Entscheidung treffen oder unsere Piloten frei fahren lassen."

Richtet sich Ducati gegen eigenen Fahrer?

Grundsätzlich abgeneigt scheint Tardozzi einer Stallorder also nicht zu sein. Durchaus verständlich, ist er als Team-Manager der Werkstruppe doch formell lediglich für Bagnaia und Bastianini verantwortlich. Fakt ist aber natürlich auch, dass Martin zwar im Kundenrennstall von Pramac fährt, allerdings vertraglich direkt an Hersteller Ducati gebunden ist. Gegen einen eigenen Fahrer zu arbeiten, würde kein gutes Licht auf Ducati werfen, auch wenn Martin mit Jahresende ebenfalls zur Konkurrenz wechselt und bei Aprilia eine neue Herausforderung sucht.

Gigi Dall'Igna, als Ducati-Corse-CEO verantwortlich für das gesamte MotoGP-Projekt der Italiener, ruft deshalb zu einem Duell Martin gegen Bagnaia ohne externe Einflüsse auf: "Wir müssen die Situation genau so handhaben, wie im Vorjahr. Wir müssen fair sein. Das ist ein Sport und der beste Fahrer soll gewinnen. Wir müssen deshalb auch beiden Fahrern das bestmögliche Material und die bestmöglichen Informationen zur Setup-Findung geben. Das wird für uns Leiden bis zum Ende bedeuten, aber das ist nun einmal die Situation."

Jetzt seid ihr dran: Wie würdet ihr euch in der Position der Ducati-Bosse verhalten - Stallorder oder freies Fahren? Schreibt es uns in die Kommentare.