Das erste Drittel der MotoGP-Saison 2024 ist geschafft und lieferte mehr oder weniger das vor Saisonstart erwartete Bild: Aprilia und KTM konnten Ducati zwar hin und wieder fordern, im Großen und Ganzen haben die Italiener aus Borgo Panigale aber noch immer klar die Oberhand inne. Das zeigt auch ein Blick auf den Stand der Fahrer-WM nach dem Italien GP in Mugello. Dort liegen mit Jorge Martin (171 Punkte), Francesco Bagnaia (153), Marc Marquez (136) und Enea Bastianini (114) vier Ducatisti an der Spitze, dann erst folgen Pedro Acosta (101) und Maverick Vinales (100) als Speerspitzen ihrer jeweiligen Hersteller.
Und doch unterscheidet sich die bisherige MotoGP-Saison etwas von denen der letzten beiden Jahre. Wie das gemeint ist? Eine Aufzählung: Enea Bastianini 2022 in Katar, Austin, Le Mans und Aragon. Marco Bezzecchi 2023 in Argentinien, Le Mans und Assen. Alex Marquez in den Sprints von Silverstone und Sepang, Fabio Di Giannantonio in Katar. Während Bagnaia und Martin auf den Werks-Ducatis von Sieg zu Sieg stürmten, gelangen in den zurückliegenden Saisons auch Vorjahresmaschinen immer wieder vereinzelte Rennsiege. Bastianini und Bezzecchi führten die Weltmeistschaft dadurch sogar kurzzeitig auf einer veralteten Ducati an.
Ducati siegt nur mit GP24: Marc Marquez und Co. maximal auf dem Podest
2024 ist davon bislang jedoch nichts zu sehen. Einzig MotoGP-Superstar Marc Marquez fährt auf der Desmosedici GP23 regelmäßig ganz vorne mit, kann immerhin schon drei GP-Podien und fünf zweite Plätze im Sprint vorweisen. Davon abgesehen klafft jedoch eine große Lücke zwischen Werks- und Vorjahres-Ducatisti. Bei Bruder Alex Marquez steht ein vierter Platz im Spanien Grand Prix als bislang beste Platzierung, bei VR46-Neuankömmling Fabio Di Giannantonio ein fünfter Platz im Katalonien Grand Prix. Marco Bezzecchi kann zwar einen Podestplatz in Jerez vorweisen, schaffte es davon abgesehen aber auch nur drei weitere Male überhaupt in die Top Ten.
Von den Glanzzeiten der Vorjahre ist die Ducati Desmosedici GP23 in der laufenden Saison also weit entfernt und die große Frage lautet: Warum ist das so? "Weil die GP24 jede Runde anderthalb Sekunden schneller ist", antwortete Weltmeister Francesco Bagnaia scherzhaft nach seinem Doppelsieg in Mugello, traf den Nagel damit aber auf den Kopf. Denn tatsächlich fällt das Delta zwischen Werks-Ducati und Vorjahresmaschine in diesem Jahr etwas größer aus als noch 2022 oder 2023. Aber es kommt auch noch ein weiterer Punkt hinzu: 2024 hatten die Werkspiloten nämlich kaum Startschwierigkeiten und waren vom ersten Winter-Test in Sepang an schnell. In den beiden Jahren zuvor waren sie hingegen erst Richtung Saisonmitte so richtig ins Rollen gekommen, nachdem die 'Kinderkrankheiten' der neuen Maschinen aussortiert waren.

'Bastianini-Syndrom' bremst GP23-Umsteiger ein
So eröfffneten sich 2022 oder 2023 Chancen für die bereits aussortierten Vorjahresmaschinen, speziell in den ersten Rennen des Jahres 'Big Points' zu sammeln. Bastianini oder Bezzecchi taten das eindrucksvoll, fielen aufgrund der ausbleibenden Updates im Saisonverlauf dann aber etwas ab. In der laufenden Saison blieben diese Überraschungsmomente der Vorjahres-Ducatisti aus, weil die Werksmaschinen vom Start weg lieferten. Zudem hatten sämtliche Umsteiger von GP22 auf GP23 zunächst große Anpassungsprobleme, was ihre Leistungen an den ersten Rennwochenende des Jahres 2024 einbremste. Sie litten und leiden teilweise auch weiterhin am 'Bastianini-Syndrom'. Der scheidende Werkspilot hatte 2023 große Probleme, sich auf die GP23 einzustellen, weil diese von den Fahrern eine ganz spezielle Fahrweise in der Anbremszone verlangt.
Da die GP23 nicht mehr weiterentwickelt wird und leistungstechnisch also stagniert, während die GP24 im weiteren Saisonverlauf hingegen noch Updates erhalten wird, ist auf den ersten Blick also nicht davon auszugehen, dass der erste Sieg einer Vorjahresmaschine in diesem Jahr noch folgen wird. Doch die Werks-Ducatisti sind anderer Meinung. "Wir haben letztes Jahr etwas mehr Zeit gebraucht, um uns anzupassen, aber das war schon ein sehr gutes Motorrad", erinnert sich Bagnaia und ergänzt: "Auf manchen Strecken war sie sehr konkurrenzfähig, hier [Mugello] oder Barcelona zum Beispiel. Im Jerez-Test haben sie einen neuen Auspuff erhalten, der ihnen geholfen hat. Jetzt sind wir mehr oder weniger wieder gleich auf. Ich denke, dass der Sieg eines 23er-Bikes nicht mehr lange auf sich warten lassen wird."
Ducati-Stars sicher: Erster GP23-Sieg folgt schon bald!
Noch-Teamkollege Enea Bastianini stimmt zu: "Für mich gibt es keinen großen Unterschied zwischen GP23 und GP24, es hat sich nicht viel verändert. Ich glaube, dass die GP23 in Zukunft noch Rennen gewinnen kann." Hoffnung, dass dem tatsächlich so ist, dürfte den Vorjahres-Ducatisti ein erneuter Blick auf die vergangenen beiden Jahre machen. Damals konnten Di Giannantonio, Alex Marquez und Bastianini im Gresini-Team und Bezzecchi für VR46 jeweils auch im letzten Saisondrittel noch Rennsiege in Sprint oder Grand Prix feiern. Warum sollte sich das 2024 nicht wiederholen lassen?

Schließlich gibt es da ja noch einen MotoGP-Superstar namens Marc Marquez, der in wenigen Wochen auf seine Paradestrecke, den Sachsenring, zurückkehrt. Zwischen 2013 und 2021 gewann er dort sämtliche MotoGP-Rennen und gilt bei den Buchmachern deshalb als Topfavorit. Nicht unwahrscheinlich also, das spätestens dort der erste Triumph einer GP23 folgt. Doch einfach wird die Mission '1. MotoGP-Sieg seit November 2021' für Marquez sicherlich nicht, denn Bagnaia weiß: "Wir fahren momentan einfach auch besonders gut. Wir drei [Bagnaia, Bastianini, Martin] sind eben keine langsamen Fahrer, wir machen einfach einen exzellenten Job."
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