Eigentlich hätte am kommenden Wochenende die Premierenausgabe des Kasachstan Grand Prix stattfinden sollen. Durch dessen Verschiebung in den September stehen der MotoGP nun aber noch zwei rennfreie Wochenenden ins Haus, ehe es Ende Juni mit der Dutch TT in Assen weitergeht. Nach sieben absolvierten Grand Prix daher der perfekte Zeitpunkt, um ein erstes Zwischenfazit zur Saison 2024 zu ziehen. Welche Piloten haben geliefert? Wer hat überrascht? Wer hinkt den Erwartungen hinterher? Motorsport-Magazin.com analysiert.

Um ein gutes Gefühl für die Gewinner und Verlierer des ersten Saisondrittels des MotoGP-Jahres 2024 zu bekommen, eignet sich natürlich ein Punktevergleich zwischen dem aktuellen Stand und dem des Vorjahres nach sieben Saisonstationen. Dort waren nämlich fast alle Stammfahrer der diesjährigen Saison bereits am Start. Einzig Pedro Acosta ist neu dazugekommen und stellt daher natürlich einen Sonderfall da, da er nicht mit seiner Moto2-Saison aus dem Vorjahr verglichen werden kann. Grundsätzlich gilt aber natürlich anzumerken, dass die Punktedifferenz alleine kein vollständiges Bild der Leistungen eines Fahrers zeichnet, dort kommen auch noch andere Faktoren wie Team- und Herstellerwechsel, Verletzungen oder Technikpech hinzu.

Der MotoGP-Punktevergleich 2023 vs. 2024

FahrerPunkte 2024Punkte 2023Differenz
Martin171144+27
Bagnia153160-7
M. Marquez13615+121
Bastianini11416+98
Acosta101--
Vinales10053+47
B. Binder8596-11
A. Espargaro8255+27
Di Giannantonio7434+40
A. Marquez5152-1
Bezzecchi45126-81
R. Fernandez324+28
Quartararo3257-25
Morbidelli3150-19
Oliveira3127+4
Miller2779-52
A. Fernandez1336-23
Mir135+8
Zarco9109-100
Rins847-39
Nakagami826-18
Marini089-89

Ein Blick in die rechte Spalte der obigen Tabelle macht recht schnell deutlich, dass es zwischen den Punkteständen der 22 MotoGP-Stammpiloten nach sieben Grand-Prix-Wochenenden 2023 und 2024 teils sehr große Differenzen gibt. Bei nur vier Fahrern bewegt sich der Unterschied im einstelligen Punktebereich, einzig Alex Marquez bewegt sich 2024 mit nur einem Zähler Differenz fast exakt auf Vorjahresniveau. Somit lassen sich klare Gewinner und Verlierer ablesen. Dazu kommen wir im Folgenden.

MotoGP-Gewinner Marc Marquez: Gresini-Wechsel geht voll auf

Wenn sich ein Fahrer binnen 12 Monate um 121 Punkte verbessern kann, dann gibt es keine Zweifel daran, wer der größte Gewinner des ersten MotoGP-Saisondrittels 2024 ist: Marc Marquez. Der achtmalige Weltmeister hatte im Vorjahr gerade sein Horror-Wochenende auf dem Sachsenring hinter sich gebracht und wartete noch auf eine Zielankunft in einem Hauptrennen. Nun steckt er nach seinem Wechsel von Honda zu Gresini Racing wieder mitten im WM-Kampf und findet immer mehr zur Form vergangener Tage zurück, was ihm kürzlich sogar zur Saison 2025 eine Beförderung ins Ducati-Werksteam einbrachte. Keine Frage: Marquez' Gresini-Poker ging voll auf.

Die Gewinner des MotoGP-Saisonstarts 2024:

PlatzFahrerPunkte
1.M. Marquez+121
2.Bastianini+98
3.Vinales+47
4.Di Giannantonio+40
5.R. Fernandez+28
6.Martin+27
6.A. Espargaro+27
8.Mir+8
9.Oliveira+4

Einer der Leidtragenden des Marquez-Wechsels zu Ducati ist Enea Bastianini, der seinen Platz im Werksteam nach zwei Jahren wieder räumen muss. Dabei ist der Italiener derjenige Pilot, der verglichen zur Vorsaison die zweitgrößte Verbesserung hinlegte. 2023 erst lange verletzt und dann mit Anpassungsproblemen an die neue Ducati GP23, kämpft 'La Bestia' in dieser Saison wieder ganz vorne um Siege und Podestplätze mit. Dennoch war diese Leistungssteigerung nicht genug, um auch 2025 noch in Ducati-Rot fahren zu können. Ähnlich geht es WM-Leader Jorge Martin, der trotz um einem Punkteplus von 27 Zählern erneut nicht den Ducati-Zuschlag erhielt.

Aprilia stark verbessert, Joan Mir einziger Lichtblick bei Honda

Einen klaren Fortschritt legte 2024 auch Aprilia hin. Sämtliche vier Piloten auf der RS-GP konnten ihren Punktestand verglichen mit 2023 verbessern. Besonders Maverick Vinales sticht dabei heraus, hat gleich 47 Zähler mehr gesammelt und in den vergangenen Monaten endlich seine ersten Rennsiege in Schwarz-Rot geholt. Aber auch Teamkollege Aleix Espargaro steht trotz bislang durchwachsener Saison deutlich besser da als 2023. Positiv hervorzuheben sind außerdem zwei Piloten, die 2022 gemeinsam in der MotoGP debütierten: Fabio Di Giannantonio und Raul Fernandez. Während Erstgenannter seinen positiven Entwicklungstrend aus dem letzten Spätherbst fortsetzen konnte, gelang Letzterem 2024 endlich der langerhoffte Sprung nach vorne. Trotz Vorjahresmotorrad sammelte Fernandez sogar einen Punkt mehr als Trackhouse-Kollege Miguel Oliveira, der von Aprilia mit aktuellem Material ausgestattet wird.

Maverick Vinales feierte in Austin seinen ersten GP-Sieg für Aprilia, Foto: LAT Images
Maverick Vinales feierte in Austin seinen ersten GP-Sieg für Aprilia, Foto: LAT Images

Nur ein dezentes Punkteplus von acht Zählern konnte Joan Mir einfahren, zählt damit kurioserweise aber dennoch zu den Gewinnern der bisherigen MotoGP-Saison. Insgesamt steht Arbeitgeber Honda in diesem Jahr verglichen mit 2023 nämlich nochmal deutlich schlechter da als zuvor. Mir schaffte nach einer Horrorsaison im Vorjahr jedoch die Trendwende und ist regelmäßig bester HRC-Pilot. Er hat schon jetzt halb so viele Punkte eingefahren wie 2023 - und das auf einem deutlich schlechteren Motorrad.

MotoGP-Verlierer 2024: KTM-Piloten und Honda-Neuzugänge fallen ab

Während GasGas-Superrookie Pedro Acosta die MotoGP dieser Tage mit bärenstarken Leistungen begeistert, enttäuschen die restlichen KTM-Piloten auf ganzer Linie. Während Brad Binder dank zweier Podestplätze in Katar und einem vierten Rang in Portimao noch ordentlich dasteht, hinkt speziell Teamkollege Jack Miller mit einem Defizit von 52 Punkten den Erwartungen deutlich hinterher. Auch Augusto Fernandez gelang der erhoffte nächste Schritt bislang nicht, er hat gegenüber seiner Rookiesaison ganze 23 Zähler weniger gesammelt und damit nur einen Bruchteil der Punkte seines Stallgefährten Acostas auf dem Konto (12,8 Prozent).

Die Verlierer des MotoGP-Saisonstarts 2024:

PlatzFahrerPunkte
1.Zarco-100
2.Marini-89
3.Bezzecchi-81
4.Miller-52
5.Rins-39
6.Quartararo-25
7.A. Fernandez-23
8.Morbidelli-19
9.Nakagami-18
10.B. Binder-11
11.Bagnaia-7
12.A. Marquez-1

Noch heftiger hat es jedoch Johann Zarco und Luca Marini getroffen. Die beiden Honda-Neuzugänge, die von den Ducati-Kundenteams Pramac und VR46 übergelaufen sind, haben bei ihrem neuen Arbeitgeber nichts mehr mit den Spitzenpositionen zu tun. Dass die beiden 2024 nicht an ihre Ergebnisse aus Ducati-Zeiten anknüpfen können werden, war ohnehin klar. Dass die Differenz so groß ausfällt, überrascht dann aber doch. Zarco hat sich als zweitbester Honda-Pilot immerhin noch halbswegs ordentlich präsentiert, speziell Marini ist 2024 aber bislang katastrophal unterwegs. Der Italiener hat konstant die Rote Laterne inne und wartet nach sieben GP-Wochenenden noch immer auf seinen ersten Saisonzähler.

Fast ebenso viele Punkte eingebüßt wie Marini hat dessen Ex-Teamkollege Marco Bezzecchi - und das, obwohl dieser noch im gleichen Team fährt wie 2023. Umso enttäuschender muss der Saisonstart des letztjährigen WM-Dritten gesehen werden. Auf der Ducati Desmosedici GP23 kommt er bislang noch gar nicht zurecht und fuhr einzig in Jerez einmal auf das Podest. Ansonsten landete Bezzecchi immer wieder im Kiesbett oder außerhalb der Top-10-Platzierungen. Von den acht Ducatisti steht nach dem Italien GP einzig Franco Morbidelli schlechter da. Dieser verpasste allerdings auch die kompletten Wintertestfahrten verletzt und hat somit eine gute Ausrede parat.

Nun seid ihr gefragt: Welcher MotoGP-Pilot hat euch 2024 bislang positiv überrascht? Von wem hättet ihr euch deutlich mehr erwartet? Sagt es uns in den Kommentaren!