Nach wochenlangen Spekulationen wurde der Deal am Montag offiziell: Liberty Media, Rechteinhaber der Formel 1, kauft 86 Prozent der Unternehmensanteile an MotoGP-Promoter Dorna. Die restlichen 14 Prozent bleiben in den Händen der Dorna-Führungsriege rund um Geschäftsführer Carmelo Ezpeleta. Auch das bisherige Management-Team wird bestehen bleiben, mit Enrique Aldama als Chief Operating Officer und Chief Financial Officer sowie Dan Rossomondo als Chief Commercial Officer und Carlos Ezpeleta als Chief Sporting Officer.
Die MotoGP wird zukünftig also sowohl unter dem Einfluss von Dorna als auch von Liberty Media stehen. In einem Investoren-Call kurz nach der montäglichen Übernahmebekanntgabe skizzierte Liberty-Präsident und -CEO Greg Maffei bereits einige Schritte, die man in unmittelbarer Zukunft mit der Königsklasse auf zwei Rädern plant.
Neuer Rennkalender
Ganz offen sprach Liberty-Media-Boss Maffei am Montag eine Neugestaltung des Kalenders an. Diese soll aber nicht in Form einer Aufstockung passieren. Die MotoGP plante für die Saison 2024 ja ursprünglich 22 Events, durch die Absage des Argentinien-Grand-Prix sind es nun 21. In der Formel 1 stehen 24 Rennwochenenden auf dem Programm, eine weitere Ausweitung des Kalenders auf 25 Stationen ist möglich. "Wir glauben, dass 22 Grands Prix die richtige Zahl für die MotoGP sind", erteilt Maffei etwaigen Expansionsgerüchten direkt eine Absage. "Wir werden aber den Fokus darauflegen, einen besseren Mix an weltweiten Austragungsorten zu haben."
Aktuell fährt die MotoGP je einmal in Amerika (Austin) und Australien (Phillip Island). In Asien werden sieben Events ausgetragen (Losail, Sokol, Buddh, Mandalika, Motegi, Buriram, Sepang). Auf zwölf Rennwochenenden kommt der historische Kernkontinent Europa, wobei mit Jerez, Barcelona, Aragon und Valencia gleich vier spanische Strecken im Kalender stehen. Eine lokale Konzentration, die für eine Weltmeisterschaft wohl nur bedingt Sinn macht und die Liberty nun aufzulösen versucht. Stattdessen plant man etwa mehr Rennen im Heimatmarkt des US-Unternehmens. "Unser Sport ist wie gemacht für den US-Markt", sagt Marketingchef Dan Rossomondo. Der Flatrock Motorsports Park im Bundesstaat Tennessee gilt derzeit als aussichtsreichster Kandidat. Entgegen dieser angestrebten Entwicklung wurde allerdings am Dienstag bekanntgegeben, dass das Motorland Aragon auch in den kommenden drei Jahren im Rennkalender stehen wird.
Die von Liberty in der Formel 1 massiv forcierten Stadtrennen kommen für die MotoGP aus Sicherheitsgründen logischerweise nicht in Frage. Was nun aber sicherlich wahrscheinlicher wird, ist die seit Jahren propagierte Idee eines gemeinsamen Rennwochenendes von Formel 1 und MotoGP. "Es ist nicht so, dass jetzt alle Schwierigkeiten diesbezüglich verschwunden sind. Aber es ist definitiv eine Idee, an der wir jetzt weiter arbeiten können", sagt Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta.
Mehr Fan-Nähe
Was Liberty Media in der Formel 1 definitiv geschafft hat, ist eine bessere Bindung zu den Fans des Sports herzustellen. Das gelang einerseits über Initiativen an der Rennstrecke und eigene Events, bei denen die Zuseher ihren Helden möglichst nahekommen können. Die zweite Seite der Medaille ist es, die Fahrer und den Sport vor allem für neue Fans greifbarer zu machen. Das gelang in der Formel 1 zum einen durch die unglaublich erfolgreiche Doku-Reihe Drive to Survive, aber auch durch eine hervorragende Strategie auf Social-Media. Dort punktete die Königsklasse auf vier Rädern in den vergangenen Jahren nicht nur mit eigenen Inhalten, sondern drückte im Hinblick auf Urheberrechte auch gerne ein Auge zu und erreichte so auf Instagram, YouTube oder TikTok gewaltige Reichweiten. Die MotoGP setzte hier unter der Regentschaft der Dorna auf eine deutlich restriktivere Politik. Gut möglich, dass sich das nun ändert.
Größeres VIP-Angebot
Eine weitere Veränderung, die durch den Liberty-Einstieg auf die MotoGP zukommen wird, könnte bei manchen Hardcore-Fans die Alarmglocken schrillen lassen. Das VIP-Angebot an den Rennwochenenden soll massiv ausgebaut werden. Die Dorna unterteilt ihre Einnahmen momentan in vier wesentliche Sektoren. 43 Prozent gehen dabei auf den Verkauf von TV-Rechten und Einnahmen aus dem hauseigenen Videopass zurück. 32 Prozent machen die Gebühren aus, die die lokalen Veranstalter der Grands Prix an die Dorna überweisen müssen. Dann folgt mit 17 Prozent der Sektor "Commercial", der sich aus Sponsorengeldern und den Einnahmen aus VIP-Hospitality zusammensetzt. "In diesem Bereich sehen wir zukünftig großes Wachstumspotenzial", erklärt Carlos Ezpeleta. Fakt ist, dass zusätzliche Erträge aus dem VIP-Business ein wertvoller Beitrag zur wirtschaftlichen Gesundheit der MotoGP sein werden. Inwiefern sich das auf Ticketpreise für den Ottonormalverbraucher auswirkt, wird die Zukunft zeigen.
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