Die MotoGP-Saison 2023 endete für Pramac Racing mit gemischten Gefühlen. Einerseits feierte der Rennstall von Paolo Campinoti Mitte November in Katar als erstes Privatteam in der Geschichte der MotoGP den Gewinn der Team-Weltmeisterschaft, musste zeitgleich aber auch einen schweren Rückschlag im WM-Kampf um den Fahrer-Titel hinnehmen. Jorge Martin kam unter dem Flutlicht von Losail aufgrund eines defekten Hinterreifens nicht über Platz 10 hinaus und verlor wertvolle Punkte auf Rivale Francesco Bagnaia, die er beim Saisonfinale in Valencia nicht mehr aufholen konnte.
Der Traum vom ersten Privat-Fahrerweltmeister der MotoGP-Historie war damit ausgeträumt. Anstatt anschließend in tiefe Trauer zu verfallen, hallte es in der Pramac-Garage aber großen Applaus, als der gestürzte Martin während des noch laufenden Valencia Grand Prix in die Box zurückkehrte. Und das zurecht, konnte man doch äußerst stolz auf die eigene Leistung sein. Nie hatten Martin oder das Pramac-Team in einer Saison mehr Punkte gesammelt. Auch vier GP- und neun Sprint-Siege sind unerreicht.
Jorge Martin sicher: Ich kann MotoGP-Weltmeister werden!
Mit diesen Errungenschaften im Hinterkopf will das spanisch-italienische Gespann 2024 nun einen neuen Anlauf nehmen. "Ich kann es schaffen [Weltmeister zu werden, Anm.]", zeigte sich Martin am Mittwoch im Rahmen des Pramac-Launches in Bahrain zuversichtlich. "Wir haben an den Details gearbeitet. Letzte Saison waren wir schnell, diesen Speed müssen wir beibehalten. In Sachen Mentalität, Physis und Setup mussten wir uns noch verbessern. Es ist wichtig, überall bei 100 Prozent zu sein, wenn du um den Titel kämpfen willst. Dann brauchst du natürlich auch das Bisschen Glück. Wir sind jedenfalls bereit und schauen von Rennen zu Rennen. Dann werden wir sehen, ob es am Ende reicht."
Bei den offiziellen Wintertestfahrten hinterließ Martin speziell in Sepang einen starken Eindruck, bewegte sich dort trotz einiger Anpassungsschwierigkeiten an die neue Ducati-Verkleidung auf Augenhöhe mit Bagnaia und Enea Bastianini. Gleiches gilt, mit Ausnahme des finalen Tages, auch für den Katar-Test. Dort hatte der gebürtige Madrilene plötzlich mit Chattering am Heck zu kämpfen, was seine Rundenzeiten negativ beeinflusste. Er ist sich jedoch sicher, dass diese Probleme beim Katar Grand Prix bereits der Vergangenheit angehören werden: "Das wird uns im Rennen nicht mehr beschäftigen. Sie [die Pramac-Ingenieure, Anm.] werden ein paar Teile tauschen und dann wird alles wieder funktionieren."
Pramac-Teammanager Borsoi: Wissen, wo wir die WM 2023 verloren haben
Während Martin ohnehin nie einen Hehl um seine Ziele für die MotoGP-Saison 2024 gemacht hatte, wurde am Mittwoch auch Teambesitzer Campinoti überraschend deutlich. Danach befragt, ob sein Rennstall erneut Weltmeister werden könne, ließ er mit einer echten Kampfansage aufhorchen: "Wir müssen Weltmeister werden! Wir können nicht, wir müssen. Das ist unser Ziel und wir werden alles dafür tun, dies auch zu erreichen."
Und auch Teammanager Gino Borsoi zeigte sich angriffslustig. "Wir hatten ein unglaubliches 2023 und sind bereit, das in dieser Saison zu wiederholen. Wir haben starke Fahrer und hatten fantastische Testfahrten. Wir wollen das gleiche nochmal schaffen, nur mit einem anderen Ausgang", spielt er auf das verlorene Saisonfinale gegen Ducati und Bagnaia an. Wie soll der Titelgewinn in der Fahrer-WM 2024 gelingen? "Jorge weiß jetzt, wie er mit solchen Situationen umgehen muss. Er hat mehr Erfahrung und kennt das Bike besser. Außerdem passt es auch mehr zu seinem Fahrstil", meint Borsoi und ergänzt: "Wir müssen aus unseren Fehlern der letzten Saison lernen. Wir wissen, wo wir die WM verloren haben. Wir wollen diesmal von Rennen zu Rennen schneller werden, ohne dabei Fehler zu machen."
Franco Morbidelli mit Kaltstart: Erste 5 Rennen Zeit geben
Während Martin ohnehin als einer der Topfavoriten auf den WM-Titel in die MotoGP-Saison 2024 startet, gilt das für Pramac Racing in der Team-Wertung nicht zwangsläufig. Der Rennstall verlor über den Winter nämlich Johann Zarco an LCR Honda. Mit Franco Morbidelli wurde zwar ein Ersatzmann verpflichtet, der in der Vergangenheit bereits Rennen gewinnen konnte, in den vergangenen beiden Jahren aber auch nur noch selten auf sich aufmerksam machte. Zudem erwischte der 29-jährige Römer einen denkbar schlechten Start in seine Pramac-Zeit: Bei einem Trainingssturz in Portimao verletzte er sich schwer und verpasste daraufhin sämtliche Testtage in Sepang und Katar.
Damit startet Morbidelli lediglich mit der Erfahrung von 69 Runden auf der Ducati Desmosedici GP24, die er Ende November im Valencia-Test sammelte, in den Katar Grand Prix. Keine leichte Aufgabe, doch das Pramac Team sieht sich in der Lage, den MotoGP-Vizeweltmeister von 2020 schnell wieder auf Touren zu bringen. "Francky ist mental bereits voll bei uns angekommen", meint Borsoi. "Jetzt geht es darum, ihm bestmöglich zu helfen und herauszufinden, wo wir stehen. Schritt für Schritt wird er von uns lernen, was wir von ihm brauchen, um das Bike bestmöglich einstellen zu können."
Die ersten fünf Rennwochenenden will der Pramac-Teammanager seinem neuen Schützling Zeit geben, sich auf der Ducati Desmosedici GP24 zurechtzufinden. "Wahrscheinlich wird es zu Beginn nicht für das Podium reichen, aber wir werden einen Weg finden, ihm das bestmögliche Gefühl für das Motorrad zu verschaffen", gibt Borsoi vor. Spätestens mit dem Katalonien Grand Prix Ende Mai soll dann auch Morbidelli seinen Teil zur erfolgreichen Verteidigung der Team-Weltmeisterschaft beitragen: "Es wird nicht leicht, aber wir haben eine starke Truppe. Beide Fahrer werden bereit sein!"
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