Als Alex Marquez 2020 als amtierender Moto2-Weltmeister in die MotoGP aufstieg, um bei Repsol Honda die Nachfolge von Jorge Lorenzo anzutreten, hatte sein künftiger Arbeitgeber mit Bruder Marc Marquez gerade die erfolgreichste Saison der MotoGP-Geschichte hingelegt. Entsprechend optimistisch startete der jüngere Marquez-Bruder in sein MotoGP-Abenteuer, landete aber schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen.
Die Honda RC213V war längst nicht mehr so gut wie gedacht und wurde von Jahr zu Jahr schlechter. Konnte Alex Marquez in seiner Rookie-Saison 2020 immerhin noch zwei Podien einfahren und in Aragon ernsthaft mit Suzuki-Pilot Alex Rins um den Sieg kämpfen, waren 2021 und 2022 bei LCR Honda kaum noch Glanzlichter möglich. Der Mann mit der Startnummer 73 schaffte es nur einmal in die Top Fünf und landete in der Fahrer-WM auf den Rängen 16 und 17. Einige Kritiker zweifelten ernsthaft an der MotoGP-Tauglichkeit des 27-Jährigen, doch Gresini Racing gab ihm 2023 noch eine Chance.
Und im italienischen Traditionsrennstall, der seit 2022 als Ducati-Kunde wieder als eigenständiges Team in der MotoGP antritt, blühte Alex Marquez im vergangenen Jahr regelrecht auf. Beim Saisonauftakt in Portimao wurde er gleich Fünfter, eine Woche später in Argentinien stand er als Dritter wieder auf dem Podest. In Großbritannien und Malaysia folgten zwei Sprintsiege, die den Mann aus Cervera mit 173 Punkten auf WM-Rang neun verfrachteten. Was diese Leistungsexplosion ermöglicht hat, scheint offensichtlich: Die Ducati Desmosedici GP22.
Alex Marquez: Ducati bietet mehr Gefühl und Sicherheit
"Von Honda zu Ducati zu wechseln, ist als würdest du vom einem Kinder-Motorrad zu einem Bike für Erwachsene wechseln", bestätigt der Gresini-Pilot mit einem niederschmetterndem Vergleich bei 'Catalunya Radio'. Die Unterschiede sind groß: "Auf ihr [der Ducati, Anm.] fühlst du dich viel wohler. Sie erlaubt dir, von Anfang an konkurrenzfähig zu sein. Das Motorrad gibt dir viel mehr Sicherheit und ein besseres Gefühl für alles. Marc [Marquez, Anm.] hatte dieses Jahr mehr als 30 Stürze, weil er immer wieder über dem Limit des Motorrads fahren musste."
Tatsächlich verzeichnete der sechsfache MotoGP-Weltmeister 2023 nur 29 Stürze, stellte aber auch damit einen persönlichen Höchstwert in elf Jahren Königsklasse auf. Und auch die zweitmeisten Crashes im Jahr 2023 gehen auf das Konto eines Honda-Piloten: Joan Mir (24). Diese erschrenkende Bilanz verdeutlicht, wie schwer die Honda RC213V in den letzten Monaten und Jahren zu fahren war. Es fehlt gleichermaßen an Grip am Heck und Gefühl für die Front. Das sorgte dafür, dass zuletzt einzig ein Ausnahmekönner wie Marc Marquez vereinzelt Topresultate einfahren konnte. Die Ducati ist dagegen viel benutzerfreundlicher. "Wenn du dir die Ducati-Fahrer ansiehst, haben wir alle unterschiedliche Fahrstile und letztlich waren wir alle schnell damit", unterstreicht Alex Marquez.
Darüber hinaus gab es aber auch noch einen zweiten Punkt, der dem jüngeren Marquez-Bruder 2023 verhalf, in die Spur zurückzufinden. "Ich habe mich selbst wiedergefunden. Das erste Jahr bei Honda war gut, aber die letzten beiden bei LCR waren sehr hart. Wenn du in einem Abwärtsstrudel steckst, fängst du an, an dir zu zweifeln. Ich hatte großes Glück, dass ich 2023 zu einem kleinen, familiären Team wie Gresini mit einem konkurrenzfähigen Motorrad wechseln konnte", verrät der 27-Jährige.
Vertragsende 2024: Alex Marquez träumt vom Werksteam
Im zweiten und (vorerst) letzten Jahr seines Gresini-Vertrags geht es für Alex Marquez nun darum, die Leistungen aus 2023 zu bestätigen oder im Idealfall gar zu übertreffen, schließlich hat er in der MotoGP noch einiges vor. "2024 müssen wir unsere Position aus dem Vorjahr bestätigen. Wir hatten gute Resultate, aber manchmal habe ich in bestimmten Momenten zu viele Fehler gemacht. Zudem hatte ich einen Durchhänger in der Saisonmitte. Mit Blick auf die vielen auslaufenden Verträge wäre es wichtig, am Jahresende um ein Top-Drei-Ergebnis zu kämpfen", weiß der Katalane.
Mit Brad Binder (KTM), Luca Marini (Honda) und Johann Zarco (LCR) haben bislang bekanntlich nur drei MotoGP-Fahrer einen Vertrag für 2025 in der Tasche. Davon abgesehen steht momentan noch nichts fest, die Teams und Fahrer haben zahlreiche Optionen. So auch Alex Marquez, der sich sowohl Abgang als auch Gresini-Verbleib vorstellen kann: "Es gibt viele konkurrenzfähige Motorrad, zudem kommen 2024 die neuen Concessions. Dadurch wird alles noch ausgeglichener. Die Tür zu meinem Traum von einem Werksteam steht offen, aber für den Moment fühle ich mich auch hier [Gresini, Anm.] sehr wohl."
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