Während die MotoGP-Welt am Samstag in Malaysia gespannt die nächste Runde im packenden WM-Zweikampf zwischen Jorge Martin und Francesco Bagnaia erwartete, stahl ein unerwarteter Protagonist im Sepang-Sprint gleich beiden die Show: Alex Marquez. Der jüngere Bruder von MotoGP-Superstar Marc Marquez zeigte im Zweikampf mit beiden WM-Anwärtern keine Scheu und stürmte von Startplatz vier unaufhaltsam zu seinem zweiten Sprintsieg in dieser Saison.

"Ich hatte meinen besten Start des Jahres", freute sich Marquez am Samstagnachmittag in seiner Medienrunde und fügte an: "Das Rennen selbst lief dann auch fast perfekt, ich habe nur beim Überholversuch gegen Pecco einen kleinen Fehler gemacht." Am Ende der zweiten Runde hatte der Gresini-Pilot in der Schlusskurve versucht, die Führung im Sprint zu übernehmen, ging dabei allerdings etwas weit. Martin schlüpfte innen durch, weshalb Marquez in der Folge beide WM-Rivalen nochmal überholen musste.

Alex Marquez lag nach der Startphase schon auf Platz zwei, Foto: LAT Images
Alex Marquez lag nach der Startphase schon auf Platz zwei, Foto: LAT Images

Dabei handelte es sich jedoch um kalkuliertes Risiko, wie der 27-jährige Katalane anschließend verriet. "Ich kenne ihre Situation bestens, ich habe in Moto3 und Moto2 auch um die Weltmeisterschaft gekämpft. Ich weiß, dass es kein schönes Gefühl ist, wenn da ein Außenseiter ankommt", stellte er klar. Seine Überholversuche startete Marquez deshalb mit Bedacht: "Es ist schwierig, zu überholen. Wir sind da immer am Limit. Deshalb wollte ich sichergehen und sie in Kurven angreifen, wo ich weiß, dass ich die Bremse etwas öffnen und weitgehen kann, wenn ich einen Fehler mache - so, wie ich das bei Pecco in Turn 15 gemacht habe. Ich hätte das Bike stoppen können, aber es war zu gefährlich."

WM-Anwärter lobt Alex Marquez: Auf anderem Level unterwegs

Nachdem der Gresini-Pilot in Runde sechs schließlich die Führung im Sprint übernommen hatte, blickte er nicht mehr zurück. Binnen zweieinhalb Umläufe hatte er sich einen Vorsprung von mehr als einer Sekunde auf Martin herausgefahren, bei Zielankunft waren es sogar 1,589 Sekunden. Kein anderer Pilot konnte in der zweiten Rennhälfte des Sprints ähnlich gute Rundenzeiten fahren, nur Marquez war im niedrigen 1:59er-Bereich unterwegs. "Alex war heute auf einem anderen Level. Er war schneller als wir. Wir müssen verstehen, was er da gemacht hat. Er hat dasselbe Bike und macht so einen Unterschied, das ist schwer zu glauben. Er fuhr sehr gut", zollte der Zweitplatzierte Martin großen Respekt.

Tatsächlich hatte sich diese Gala-Vorstellung aber schon am Freitag leicht angedeutet. Marquez war schon in den ersten Minuten des 1. Freien Trainings an der Spitze des Klassements wiederzufinden und beendete die Session letztlich auf Platz zwei, nur hauchdünn hinter Martin. Im Nachmittagstraining fuhr er dann gar die schnellste Rundenzeit des Tages. Am Samstagvormittag war der Gresini-Pilot in FP2 erneut schnellster Ducati-Fahrer, einzig im Qualifying gelang ihm dann keine perfekte Runde. Den Malaysia Grand Prix startet Marquez nun als großer Favorit. Gelingt ihm im 70. Anlauf endlich sein erster Sieg in einem MotoGP-Hauptrennen?

Kann Alex Marquez am Sonntag seinen ersten Grand-Prix-Sieg in der MotoGP bejubeln?, Foto: LAT Images
Kann Alex Marquez am Sonntag seinen ersten Grand-Prix-Sieg in der MotoGP bejubeln?, Foto: LAT Images

Alex Marquez: Bagnaia und Martin noch nicht abgeschrieben

"Wenn er diese Pace noch fünf oder sechs Runden halten kann, dann wird er zu 100 Prozent gewinnen. Ich könnte diese Pace schon nach zwölf Runden nicht mehr halten", ist sich Herausforderer Martin sicher und auch Bagnaia meint: "Alex ist schneller als wir beide. Er hat eine konstante Pace, ist stark auf der Bremse und macht momentan einfach einen sehr guten Job. Er hat nichts zu verlieren. Er kann nochmal gewinnen." Während die beiden WM-Anwärter also Rosen streuen, traut Marquez selbst dem Braten noch nicht: "Pecco und Jorge sind beide auch sehr schnell, wir werden sehen. Ich bin mir sicher, dass beide morgen einen Schritt nach vorne machen werden. Speziell Pecco hatte heute etwas mehr zu kämpfen, aber das kann sich vom einen auf den anderen Tag ändern."

Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass der WM-Führende am Sonntag noch einen Zahn zulegen kann. Im Gegenteil: Bislang konnte Bagnaia an fast jedem Rennwochenende im Jahr 2023 im Hauptrennen um den Sieg kämpfen. Dabei immer eine große Hilfe: Ducatis Offenheit im Datenaustausch der acht Piloten. "Sie werden sicher meine Daten analysieren und können daraus viele Dinge lernen - so, wie ich das die gesamte Saison über machen konnte. Sie werden Fortschritte machen und wenn du um die WM kämpfst, gibst du sowieso jedes mal noch ein bisschen mehr", glaubt Marquez und blickt gespannt auf den Malaysia-GP, welcher wohl auch eine Frage des Reifenmanagements werden dürfte. "Es wird ein langes Rennen für uns alle", ist sich der Gresini-Pilot sicher.