Vergangene Woche verkündete das Repsol Honda Team die Trennung von MotoGP-Superstar Marc Marquez. Wohin es den achtfachen Weltmeister im kommenden Jahr stattdessen treiben würde, war eigentlich längst klar: Gresini Ducati. Am Donnerstag machte der italienische Traditionsrennstall die Verpflichtung am Rande des Indonesien-GP dann auch offiziell. Marquez unterschrieb einen Einjahres-Vertrag und wird 2024 Teamkollege seines Bruders Alex. Motorsport-Magazin.com liefert Euch alle Antworten zu den brennendsten Fragen rund um den Wechsel des MotoGP-Asses.
Wann traf Marc Marquez seine Wechsel-Entscheidung?
Dass Marquez und Honda ein schwieriges Jahr bevorstehen würde, zeigte sich schon in den ersten Grands Prix des Jahres. Spätestens mit den Ereignissen am Sachsenring schien das Verhältnis mit Honda zerrüttet. So richtig Fahrt nahmen die Gerüchte um einen Wechsel aber erst in den letzten Wochen auf. Wann genau traf Marquez seine Entscheidung? "In der ersten Jahreshälfte hatte ich viele Verletzungen und in so einer schwierigen Situation darfst du keine wichtigen Entscheidungen treffen. Das habe ich gelernt", erklärt der Spanier.
Marquez führt aus: "In der zweiten Hälfte hatte ich viele Gespräche mit Honda, aber die Zweifel sind geblieben. Gleichzeitig hatte ich Kontakt mit Gresini, aber ich habe ihnen gesagt, dass ich noch keinen Vertrag unterschreiben werde und dass sie auf mich warten können, wenn sie wollen. Ich konnte ihnen aber nichts versprechen. Sie haben sich auf diesen Poker eingelassen." Die finale Entscheidung zum Honda-Abschied fiel dann erst in der vergangenen Woche, zwei Tage nach dem Japan-GP, der für Marquez mit Podestplatz drei positiv geendet hatte: "Am vergangenen Dienstag habe ich mich dann für Gresini entschieden, am Mittwoch habe ich mit Honda telefoniert und heute (Donnerstag in Mandalika, Anm.) haben wir den Vertrag unterschrieben."
Wie begründet Marc Marquez seinen Honda-Abschied?
Am Donnerstag sprach Marquez in Mandalika erstmals seit Verkündung seines Abschieds von Honda zu den versammelten Medien. Wie erklärt der Spanier seine Entscheidung, den MotoGP-Giganten zu verlassen? "Manchmal musst du deine Komfortzone verlassen. Honda war meine Komfortzone, aber in den letzten vier Jahren haben wir viel gelitten. Es hat mir keinen Spaß mehr gemacht", sagt Marquez. "Ich muss das Fahren auf der Strecke wieder genießen, sonst macht es keinen Sinn, meine Karriere weiter fortzusetzen."
Wieso entschied sich Marc Marquez für Gresini Racing?
Marquez sprach nach dem Misano-Test selbst von bis zu drei Plänen für seine Zukunft. Wieso entschied sich der achtfache Weltmeister für das Privatteam Gresini Racing? "Mein Ziel ist es, wieder Spaß zu haben. Deswegen habe ich Gresini gewählt", verrät Marquez. Die Wohlfühloase sei ausschlaggebend gewesen: "Sie sind eine Familie und haben das beste Bike im Grid. Mein Bruder ist dort. Es wird eine große Herausforderung, aber sie haben mit Alex und Enea [Bastianini, Anm.] schon gezeigt, dass gute Resultate möglich sind. Ich will wieder lächeln können, dann kommt der Rest von allein."
Hatte Marc Marquez andere Wechsel-Optionen?
Nach dem Misano-Test berichtete Marquez von bis zu drei Möglichkeiten, wie seine Karriere 2024 verlaufen könnte. Dabei ging es wohl um einen Honda-Verbleib, den Wechsel zu Gresini oder eine einjährige MotoGP-Auszeit. Doch hatte der spanische Superstar zwischenzeitlich auch andere Optionen auf dem Tisch? Etwa einen Zweijahres-Vertrag beim Pramac Team, die bis zur Verpflichtung von Franco Morbidelli nach einem Nachfolger für Johann Zarco suchten?
"Ich hatte unterschiedliche Optionen, aber ich werde nicht sagen welche", lässt sich Marquez nicht in die Karten schauen. Er scheint aber tatsächlich auch von anderen Teams als dem Gresini-Rennstall kontaktiert worden zu sein, denn er fügte an: "Ich muss diesen Teams gegenüber respektvoll sein. Das Team, welches auf mich gewartet hat, war Gresini. Sie sind das Risiko eingegangen." Ein Wechsel zu Pramac scheiterte wohl auch an der Vertragslänge: "Für mich war nur ein Einjahres-Vertrag eine Option."
War eine MotoGP-Auszeit eine realistische Option?
Zu den drei Optionen, von denen Marquez nach dem Misano-Test berichtete, zählte wohl auch eine einjährige MotoGP-Auszeit, um nach Vertragsende bei Honda in der Saison 2025 mit sämtlichen Möglichkeiten neu anzugreifen. War das tatsächlich eine realistische Variante für Marquez? "Ein Jahr auszusetzen, war im Bereich des Möglichen", bestätigt er. "Rennfahren, ohne dabei Spaß zu haben, macht für mich keinen Sinn. Ich habe in der Vergangenheit viel gewonnen, aber ich will in der Gegenwart leben. Was in der Vergangenheit passiert ist, bedeutet mir nichts."
Welches Motorrad fährt Marc Marquez im Jahr 2024?
Eigentlich schien längst klar, dass Marquez die MotoGP-Saison 2024 auf einer Vorjahres-Ducati bestreiten würde. Dann machten in den vergangenen Tagen jedoch Gerüchte die Runde, wonach Ducati daran arbeiten könnte, dem künftigen Gresini-Piloten doch ein aktuelles Werksmotorrad zur Verfügung zu stellen. Fährt Marquez 2024 nun also auf einer GP24 oder GP23?
Die Antwort: Auf einer GP23. Das verriet Gresini Racing in der Pressemitteilung. "Wir sind sicher, dass er das Potenzial hat, auf der GP23 von Anfang an konkurrenzfähig zu sein", wird Teamchefin Nadia Padovani dort zitiert. Somit erhält Marquez also eine Vorjahresmaschine. Trotzdem handelt es sich dabei wahrlich um kein schlechtes Bike, dominieren doch Francesco Bagnaia und Jorge Martin mit der Ducati Desmosedici GP23 die laufende MotoGP-Saison.
Darf Marc Marquez seine Honda-Crew zu Gresini mitnehmen?
Vergangene Woche postete Marc Marquez bereits eine emotionale Abschiedsbotschaft, die wohl an seinen langjährigen Crewchief Santi Hernandez gerichtet war. Schon in den Tagen zuvor war zu hören gewesen, dass der Spanier wohl kein Mitglied seiner Honda-Crew zu Gresini Racing mitnehmen darf, da er nur einen Einjahres-Vertrag unterschrieb und Ducati daher fürchtet, internes Wissen an Techniker zu vermitteln, die 2025 schon wieder für einen anderen Hersteller arbeiten könnten. Ist dem tatsächlich so?
"Wir diskutieren noch darüber, ich habe heute morgen erst bei Gresini unterschrieben", lässt Marquez wissen. Der MotoGP-Star kann die Situation aber realistisch einschätzen: "Ich will gerne einen Mechaniker mitbringen, das sollte kein Problem sein. Aber ich kann nicht mein gesamtes Team mitnehmen. Das hat zwei Gründe: Zum einen will ich das Honda-Team nicht zerstören, wir sind schließlich schon im Oktober, und zum anderen will ich auch das Gresini-Team nicht zerstören. Sie sind eine große Familie und haben ihre eigenen Mechaniker. Da muss ich mich unterordnen."
Sitzt Marc Marquez schon beim Valencia-Test zum ersten Mal auf der Ducati?
In knapp sieben Wochen könnte Marquez beim Valencia-Test, welcher zwei Tage nach dem Saisonfinale auf dem Ricardo Tormo Circuit stattfindet, bereits zum ersten Mal auf seinem neuen Arbeitsgerät sitzen - sofern er von Honda freigestellt wird. Schließlich steht der Spanier noch bis zum 31.12.2023 bei HRC unter Vertrag und muss daher nicht für Testfahrten in dieser Saison abgestellt werden. Valentino Rossi musste beispielsweise auch bis zum ersten Test im Jahr 2004 warten, bis er zum ersten Mal auf der Yamaha-M1 Platz nehmen konnte. Eine Teilnahme am finalen Test des Jahres 2003 untersagte Honda seinerzeit.
Wie ist der Stand im Fall Marquez? "Es ist noch nichts offiziell. Wir sprechen darüber, aber es sieht machbar aus", schürt der künftige Gresini-Pilot Hoffnung, ergänzt aber erneut: "Es ist noch nichts zu 100 Prozent festgezurrt." Noch heißt es also: Abwarten!
Wie reagieren die Ducati-Piloten auf die Marquez-Verpflichtung?
Mit der Ankunft von Marquez bekommen die gestandenen Ducati-Piloten um Francesco Bagnaia und Jorge Martin im kommenden Jahr namhafte Konkurrenz im eigenen Lager. Wie reagierten die Stammfahrer der Roten auf die Verpflichtung des achtfachen Weltmeisters? "Vor drei bis vier Monaten war das unvorstellbar, in den letzten Wochen hat es sich aber abgezeichnet. Ich denke, dass es gut für uns und den Sport ist", teilt WM-Leader Bagnaia mit. "Marc wird sich schnell wohl fühlen und keine lange Anlaufzeit brauchen. Es wird interessant sein zu sehen, was er ausrichten kann. Wir werden ihm sicher einen guten Kampf liefern können, wir haben acht konkurrenzfähige Fahrer."
Sein WM-Rivale Jorge Martin schloss sich an: "Das wird eine Herausforderung für uns, aber auch für ihn. Er ist viele Jahre auf dem gleichen Bike gefahren, da ist ein Wechsel nicht leicht. Aber unser Bike ist großartig, er wird sich schnell anpassen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, uns mit einem der größten Fahrer der Geschichte zu messen. Wir können viel lernen, ich freue mich auf seine Daten. Das wird spannend werden."
"Es wird interessant sein, ihn auf einer Ducati zu sehen. Ich hatte einen schnellen Teamkollegen erwartet, aber nicht so einen. Es wird spaßig werden", lachte Bruder Alex Marquez am Donnerstag. Rückkehrer Enea Bastianini fand ähnlich lobende Worte und sagte mit einem Grinsen im Gesicht: "Er wird schnell sein. Er ist ein unglaubliches Talent, er wird vom ersten Rennen an ein Problem für uns sein."
Welche Rolle spielte Bruder Alex Marquez?
Alex Marquez fährt bereits seit dieser Saison für Gresini Racing, auch er ging zuvor mehrere Jahre für Honda an den Start. Im kommenden Jahr werden die Marquez-Brüder erstmals seit 2020 wieder Teamkollegen sein. Welche Rolle spielte der jüngere Marquez in der Entscheidungsfindung? "Er konnte mir ein paar Inhalte mitteilen, aber nicht viel. Letztlich liegt die Verantwortung nur bei mir, nicht bei ihm", berichtet Marc Marquez und ergänzt: "Wir haben viel über das Team gesprochen, wie angenehm und freundlich es dort zugeht. Über das Bike selbst haben wir nicht gesprochen."
"Ich habe ihm meine Meinung als Bruder mitgeteilt, nicht als Fahrer", findet Alex Marquez ähnliche Worte. "Ich weiß, dass er seit 2020 eine schwere Zeit hatte und bei Honda viel leiden musste. Daher ist es jetzt an der Zeit für einen Wechsel, aber es war allein seine Entscheidung."
Was ist 2024 für Marc Marquez möglich?
2024 wird Marquez erstmals seit vielen Jahren wieder auf einem der besten Motorräder im MotoGP-Grid sitzen. Was kann der achtfache Weltmeister auf einer Ducati ausrichten? "Mein primäres Ziel ist es, das Fahren wieder zu genießen. Ich will wieder lächeln können, dann kommt der Rest von allein", hält sich Marquez bedeckt. Er sieht in Francesco Bagnaia und Jorge Martin auch im kommenden Jahr die Messlatte: "Ich will nahe an sie herankommen. Es wird schwer, sofort auf ihrem Level zu fahren. Wir müssen uns Schritt für Schritt verbessern und die Performance von Bike und Team konstant steigern."
Martin will das nicht so stehen lassen: "Wir müssen den Valencia-Test und das erste Rennen in Katar abwarten, aber ich denke, dass er mit Sicherheit um den Titel kämpfen kann." Das hält auch Bagnaia für möglich: "Er wird den Test in Valencia brauchen, um verschiedene Dinge mit unserem Bike auszuprobieren. Aber er wird sofort schnell sein. Unser Bike ist sehr vorhersagbar. Du kannst hart bremsen und hast einen schnellen Motor. Ich weiß nicht, ob er um den Titel kämpfen kann, aber die Top-Fünf sind ganz sicher möglich."
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