Die MotoGP hat mit der Einführung der Sprints ihren Zeitplan an einem Rennwochenende über Haufen geworden. Das Qualifying war in den letzten Jahren schon sehr wichtig geworden, da Überholen aufgrund der stetigen Entwicklung der Aerodynamik immer schwieriger wurde, doch mit der Regelrevolution durch die Sprints entstand ein neues Extrem. Unter diesen Umständen leiden nicht nur die Fahrer und Hersteller, die im Qualifying zurückliegen, sondern auch die Testfahrer. Stefan Bradl von Honda und Dani Pedrosa von KTM erklären, warum dies in Kombination mit einer anderen neuen Regel die Entwicklungsarbeit extrem erschwert.

"Vom ersten Training an, fahren die Jungs, als ginge es um Pole-Position. Es ist ein aggressiver Zugang zum Wochenende", beobachtet Pedrosa. Der Grund ist klar: Die Q2 Qualifikation ist nicht mehr am Samstagvormittag möglich, sondern muss schon am Freitag gesichert werden. Das Qualifying ist das A und O, gilt es doch für Sprint und Rennen. Der Einzug in Q2 sichert im schlechtesten Falle Startplatz 12, ein Auftritt in Q1 hingegen ist ein starkes Risiko, da ja nur zwei Piloten weiterkommen können.

Dani Pedrosa verrichtet die Testarbeit bei KTM, Foto: MotoGP Twitter
Dani Pedrosa verrichtet die Testarbeit bei KTM, Foto: MotoGP Twitter

Testfahrer bekommen kaum frische Reifen für Quali-Simulationen

Dadurch können die Stammfahrer am Freitag kaum noch Entwicklungsarbeit leisten, da sie sich sofort um schnelle Zeiten bemühen müssen. Die Arbeit der Testfahrer wird dadurch noch wichtiger. Doch es gibt ein Problem, wie Bradl erklärt: "Wir testen mit frischen Reifen, aber wir haben nicht wirklich viel Zeit für eine schnelle Runde. Das GP-Wochenende über greift man aber ständig an, um Zeit zu gewinnen. Man ist praktisch immer auf frischen Reifen unterwegs." Bradl stellt daher fest: "Das ganze Wochenende ist nicht wirklich das, was wir in unserem Testprogramm machen."

Die Realität bei den Testteams sieht anders aus: "In einem Testprogramm fährt man viel mehr mit gebrauchten Reifen, und das ganze Motorrad verändert sich, wenn man frische Reifen aufzieht und loslegt. Das ist die Einschränkung durch die Anzahl der Reifen, die wir für die ganze Saison für das Team verwenden können." Und genau da liegt die Krux. Seit 2023 haben die Testpiloten der fünf Hersteller nur je 120 Sätze Reifen von Michelin im ganzen Jahr zur Verfügung. Im Vergleich dazu haben die Stammpiloten pro Rennen 12 Sätze. Bei 20 Rennwochenenden macht das also das doppelte Kontingent. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass pro Hersteller mehrere Fahrer am Start sind, so ist das Testkontingent im Vergleich noch deutlich kleiner.

Die Testfahrer wollen mehr Reifen, Foto: LAT Images
Die Testfahrer wollen mehr Reifen, Foto: LAT Images

Die ganze Zeit auf frischen Reifen attackieren: Für MotoGP-Testfahrer unmöglich

Die Folgen für die Entwicklungsarbeit sind schwerwiegend. "Bei Testfahrten verwenden wir meistens gebrauchte Reifen. Die Entwicklungsarbeit kann daher in eine falsche Richtung gehen. Sie [die Stammfahrer am Rennwochenende, Anm. d. Red.] machen ab dem ersten Training einen Sprint und greifen Rundenrekorde an. Wir können das beim Testen nicht machen, auch weil die Streckenbedingungen anders sind", erklärt Pedrosa.

Der Spanier entschied sich auch aus diesem Grund für einen Wildcard-Auftritt in Jerez, da er die Realität der Stammfahrer gar nicht richtig nachvollziehen kann: "Ich habe nicht viele Chancen, auf frischen Reifen zu fahren. Ich konnte nur einmal das Qualifying üben, das ist nicht genug. Sie [die Stammfahrer, Anm. d. Red.] machen das einmal pro Session. Wir hingegen müssen mit der Reifenanzahl haushalten."

Bradl und Pedrosa einig: Testfahrer brauchen mehr Reifen

"Die Regeln haben sich geändert, und ich denke, sie [die MotoGP, Anm. d. Red.] müssen etwas anderes tun, um zu helfen" forderte Bradl. Besonders sein Arbeitgeber hätte momentan starken Nachholbedarf in der Entwicklung: "Das Testprogramm läuft in die andere Richtung, und es ist schwer für uns, über Honda zu sprechen, wenn wir hinten dran sind. Wir wollen aufholen, aber die Regeln schränken uns ein." Sollte das Limit weiter bestehen bleiben, so verbleibt der Deutsche ratlos: "Wir in meinem Testteam haben zu kämpfen. Wie können wir Fortschritte machen? Gute Frage, ich weiß es nicht."

Pedrosa stimmte seinem Kollegen zu: "Ich kenne den Grund nicht, warum sie dieses Reifenlimit eingeführt haben. Wenn die Stammfahrer mehr Rennen und dafür weniger Zeit zum Testen haben, dann müssen wir das neben den Wochenenden erledigen. Die Hersteller müssen ein Team und zwei Bikes mehr bauen und damit herumreisen, um zu testen. Da wäre es wert, ein paar Reifen mehr zu haben, um denselben Rhythmus wie die Rennfahrer zu haben."