Auch der zweite Sprint der MotoGP-Geschichte enttäuschte nicht. Nach dem Überholspektakel in Portimao war es diesmal Brad Binder, der im Autodromo Termas de Rio Hondo für beste Unterhaltung sorgte. Von Startplatz 15 aus pflügte der KTM-Pilot regelrecht durch das Feld und feierte einen überraschenden ersten Sieg im Jahr 2023. Wie war diese bemerkenswerte Aufholjagd, die in MotoGP-Kreisen ihresgleichen sucht, möglich?

An erster Stelle ist hier natürlich Binders Raketenstart zu nennen. Allein auf dem Weg zur ersten Kurve hatte er bereits sechs Positionen gutgemacht und war Neunter. In Turn 1 positionierte sich der Südafrikaner anschließend auf der Innenbahn und zog erst kompromisslos an Maverick Vinales und Takaaki Nakagami und dann auch an Johann Zarco und Francesco Bagnaia vorbei. In die zweite Kurve bog Binder somit schon als Fünfter ein. In Turn 5 folgte dann das nächste Überholmanöver gegen Marco Bezzecchi, der durch eine Berührung mit Teamkollege Luca Marini etwas weit ging.

"Ich bin super weggekommen und habe in den ersten drei, vier Kurven extrem gepusht, um soviel Zeit wie möglich gutzumachen", beschreibt der KTM-Pilot die ersten Momente des Sprintrennens. Wie weit er sich dabei nach vorne gekämpft hatte, konnte er selbst kaum glauben: "Als ich gesehen habe, dass ich Vierter war, habe ich meinen Kopf geschüttelt. Ich musste erstmal sicherstellen, dass das Wirklichkeit ist."

Bagnaia lobt Binder-Raketenstart: Unglaublich!

Beeindruckt vom Raketenstart des Südafrikaners zeigte sich auch Weltmeister Francesco Bagnaia. "Er war heute auf einem anderen Level. Ich dachte, dass mein Start im Malaysia-GP 2022 schon gut war - aber das war unglaublich", lobte er. Der Ducati-Pilot war im Vorjahr in Sepang von Startplatz neun auf dem Weg zur ersten Kurve bis auf P2 nach vorne geschossen, hatte also sieben Positionen gutgemacht. Binder übertraf diese Leistung in Argentinien nochmal um drei Plätze. "Er kann sehr zufrieden sein", lacht Bagnaia.

Beendet war Binders Aufholjagd damit aber noch lange nicht. Im weiteren Verlauf der ersten Runde schnappte sich der KTM-Pilot noch Marini, ehe er im zweiten Umlauf in Turn 5 an Alex Marquez vorbei ging. Wiederum nur eine Runde musste sich auch Franco Morbidelli nach kurvenlangem Zweikampf geschlagen geben, Binder führte - nach zweieinhalb Umläufen! "Ich bin verdammt glücklich, wie sich die Dinge entwickelt haben", sagt er, nachdem sämtliche KTM-Piloten am Trainingsfreitag noch große Probleme hatten und nicht über die Plätze 12, 16 und 17 hinausgekommen waren.

Nächste Mega-Aufholjagd im Argentinien-GP? Alles möglich!

"Das Team hat das Bike für heute komplett verändert. Ich habe mich deutlich wohler gefühlt und hatte viel mehr Grip", analysiert Binder, der nur in der letzten Runde nochmal zittern musste, als Bezzecchi in großen Schritten näherkam. "Ich habe +0,5 Sekunden Vorsprung auf dem Pitboard gesehen, daher bin ich recht entspannt in die letzte Runde gegangen. Am Ende der Gegengerade habe ich dann ein Bike neben mir gehört und dachte: 'Verdammt, ich muss blocken!'", beschreibt er. "Ich bin dann Kampflinie gefahren, sodass sie mich nur mit einem mutigen Manöver hätten überholen können. Als ich die Ziellinie überquert habe, war ich platt. Von P15 aus hätte ich das nicht erwartet."

Brad Binder holte seinen ersten Sieg seit Österreich 2021, Foto: KTM Media
Brad Binder holte seinen ersten Sieg seit Österreich 2021, Foto: KTM Media

Nun scheint Binder aber Blut geleckt zu haben, denn im Hauptrennen am Sonntag will er ähnliches erreicht wie im Sprint. "Wir werden weitermachen und versuchen, morgen das Gleiche nochmal zu schaffen", sagt er. Da der Sprint - anders als bei der Formel 1 - ja keine Auswirkungen auf die Startaufstellung für den Grand Prix hat, geht der Südafrikaner am Sonntag erneut von P15 ins Rennen. Jens Hainbach, KTM-Vizepräsident für Rundstreckensport, glaubt jedenfalls an eine erneute Aufholjagd: "Er muss nur nochmal einen solchen Start hinlegen. Dann ist alles möglich."