Jahrelang suchte Yamaha mit seinem MotoGP-Bike vergeblich nach besserer Beschleunigung und mehr Topspeed. Saison für Saison fand man sich immer wieder am Ende der Topspeed-Listen wieder. 2023 könnte nun aber endlich der große Durchbruch gelungen sein. Dafür hatte man ja eigens Formel-1-Ingenieur Luca Marmorini verpflichtet, der dem Reihenvierzylinder der M1 mehr Leistung einhauchen sollte.

Ein Investment, dass sich zumindest vorerst bezahlt zu machen scheint. Denn am ersten Testtag in Sepang musste sich Yamaha beim Blick auf die Höchstgeschwindigkeiten definitiv nicht verstecken. An der Spitze dieser Wertung lagen zwar wenig überraschend sechs Ducatis, doch die Yamaha-Werksfahrer Fabio Quartararo und Franco Morbidelli konnten mit durchschnittlich 331,6 km/h gut mithalten. Spitzenreiter Marco Bezzecchi war nur um 3,2 km/h schneller.

Die besten MotoGP-Topspeeds am Freitag in Sepang:

Pos.FahrerHerstellerGeschw.
1.BezzecchiDucati334,8
2.MartinDucati334,5
3.BastianiniDucati334,3
4.BagnaiaDucati333,5
5.ZarcoDucati332,7
6.MariniDucati332,6
7.VinalesAprilia332,5
8.M. MarquezHonda331,8
9.QuartararoYamaha331,6
MorbidelliYamaha331,6
A. MarquezDucati331,6

"Im Vorjahr war der Topspeed unser größtes Problem. Da ist uns definitiv ein Fortschritt gelungen und das ist sehr wichtig für uns", stellte Quartararo am Freitag zufrieden fest. Wunschlos glücklich war der Vizeweltmeister von 2023 dennoch nicht. "Wir haben jetzt etwas mehr Probleme in den Kurven. Die Gasannahme ist noch nicht ideal."

Genau in den Kurven liegt ja traditionell die Stärke der Yamaha M1. Wurde dieser Trumpf nun für besseren Topspeed geopfert? Ein Blick auf die Rundenzeiten lässt diese Vermutung zumindest zu. Morbidelli und Quartararo erreichten am ersten Testtag nur die Ränge zehn und elf mit 0,648 beziehungsweise 0,952 Sekunden Rückstand auf den Tagesschnellsten Bezzecchi.

Fakt ist allerdings: Mangelnden Einsatz kann man Yamaha aktuell nicht vorwerfen. In den vergangenen Jahren standen die Japaner aufgrund ihrer konservativen Entwicklungsstrategie wiederholt in der Kritik. Für 2023 wurde die M1 aber in fast allen Bereichen umgebaut. Teamdirektor Massimo Meregalli kündigte vor dem Sepang-Test bereits eine regelrechte Teileflut an. Diese bewahrheitet sich nun.

Fabio Quartararo: Erster echter Yamaha-Test

"Heute habe ich zum ersten Mal in meinem Leben einen echten Test bestritten", zog Quartararo ein schonungsloses Fazit über die Entwicklung der vergangenen Jahre. "In der Vergangenheit konnte ich vielleicht einen neuen Schwungarm oder ein paar Setups ausprobieren. Heute konnte ich mehr Teile evaluieren als sonst in einem gesamten Testblock. Das ist einerseits natürlich etwas chaotisch, aber auf jeden Fall eine gute Erfahrung."

58 Runden spulte Quartararo am Freitag ab, Foto: LAT Images
58 Runden spulte Quartararo am Freitag ab, Foto: LAT Images

Yamaha steht nun vor der Qual der Wahl, welche Teile und Setuplösungen man für die MotoGP-Saison 2023 auswählt. "Im Vorjahr wussten wir eigentlich vor dem ersten Test schon, welches Motorrad wir für die Saison nutzen werden", erinnert sich Quartararo. "Jetzt haben wir aber viele Optionen zur Auswahl und müssen nun Schritt für Schritt den korrekten Weg finden." Zwei weitere Tage in Sepang und zwei Tage in Portimao hat Yamaha dafür noch Zeit.