Das ganz große 'Happy End' blieb am Ende zwar aus, doch Fabio Quartararo hatte seinen MotoGP-Fans beim Heimrennen in Le Mans lange Zeit viel Freude bereitet. Von Yamaha mit einer Speziallackierung ausgestattet, hielt sich der Franzose nach der hektischen Startphase auf Platz acht und in Sichtweite der Führunsgruppe. Durch den Zweikampf von Aleix Espargaro und Enea Bastianini ging es anschließend sogar noch bis auf den sechsten Rang nach vorne - bis zur verhängnisvollen Runde 17: Dann stürzte Quartararo nämlich in Kurve neun und beendete den Grand Prix zur Enttäuschung der knapp 120.000 Fans im Kiesbett.

Beim Franzosen selbst war nach Rennende allerdings überhaupt nichts von Frust oder Enttäuschung zu erkennen, im Gegenteil. Im Interview mit 'TNT Sports' freute er sich: "Ja, ich war am Limit unterwegs. Aber ich fühle mich viel besser, wenn ich auf Platz sechs bin und stürze, als wenn mir das auf Platz zwölf passiert. Heute war also ein guter Tag. Wir waren ziemlich schnell und ich hoffe, dass wir diesen Speed auch in die nächsten Rennwochenenden mitnehmen können."

Marquez von Diggia um den Sieg gebracht? Die MotoGP-Analyse (07:01 Min.)

Fabio Quartararo glücklich: Führungsgruppe noch in Sicht!

Tatsächlich hatte Quartararo im Frankreich Grand Prix seine mit Abstand stärkste Performance im Jahr 2024 abgeliefert - nicht nur, weil er sich zwischenzeitlich auf dem sechsten Platz bewegte und damit neun Positionen vor dem nächsten Piloten auf einem japanischen Bike: Johann Zarco (P15). Vielmehr hatte er zum Zeitpunkt seines Sturzes im 17. von 27 Umläufen auch lediglich fünf Sekunden Rückstand auf das Führungsduo um Francesco Bagnaia und Jorge Martin verloren, im Schnitt also nur knapp drei Zehntel pro Runde. Eine Differenz zwischen Ducati und Yamaha, die so wohl letztmals im Sommer 2022 zu sehen war. "Ich bin wirklich zufrieden, denn ich habe mich zum ersten Mal in diesem Jahr konkurrenzfähig gefühlt und mit Fahrern gekämpft, mit denen ich das in der Vergangenheit regelmäßig getan habe", meint der MotoGP-Weltmeister von 2021 erfreut.

Doch wie kam es zu diesem plötzlich Leistungssprung der Yamaha YZR-M1? "Wir haben heute morgen [im Warm Up, Anm.] eine massive Veränderung am Bike vorgenommen", verrät Quartararo, der die zehnminütige Aufwärmsession am Sonntagvormittag auf Platz drei beendet hatte. "Es hat sich positiv angefühlt, weshalb ich mich dazu entschieden habe, das neue Setup auch im Rennen zu verwenden. Das war eine gute Entscheidung, denke ich."

Was genau die Yamaha-Truppe an Quartararos Maschine angepasst hatte, wollte er am Sonntagabend nicht öffentlich kundtun. Offensichtlich war jedoch, dass zumindest das neue Aero-Paket aus dem Jerez-Test nicht für den Leistungssprung verantwortlich war. Dieses kam im Frankreich Grand Prix nicht zu Einsatz, stattdessen verwendete der Franzose das bisherige 2024er-Konzept. Auch Teamkollege Alex Rins hatte das neue Aero-Paket nicht im Einsatz, obwohl beide Piloten nach dem Jerez-Test vor zwei Wochen noch mit weiteren Experimenten in Le Mans geliebäugelt hatten.

Fabio Quartararo verwendete in Le Mans Yamahas altes Aero-Paket, Foto: LAT Images
Fabio Quartararo verwendete in Le Mans Yamahas altes Aero-Paket, Foto: LAT Images

Yamaha endlich auf dem richtigen MotoGP-Weg: Noch Potenzial nach oben!

Dazu kam es jedoch nicht und dementsprechend wenig änderte sich das Bild der Blauen auf der Strecke zunächst auch. Quartararo gelang zwar im Nachmittagstraining am Freitag überraschend die direkte Qualifikation für Q2, doch wirklich wohl fühlte er sich damals noch nicht auf seinem Motorrad. Dass gewisse Probleme auf eine Runde umfahren werden können, zeigte 'El Diablo' auch am Samstagvormittag im Qualifying wieder, als er seine Yamaha auf Startplatz acht positionierte. Über eine längere Distanz im Sprint dann aber wieder der Rückfall: Nur Zehnter und 12,699 Sekunden Rückstand auf Sieger Martin.

Damit wird auch deutlich, wie groß Quatararos Sprung in Le Mans von Samstag auf Sonntag tatsächlich war. Zum Zeitpunkt seines Sturzes im Hauptrennen hatte er mehr als sieben Sekunden weniger auf den Führenden verloren als am Vortag, und das bei dreieinhalb mehr absolvierten Runden. "Der Grip im Kurveneingang war viel besser", beschreibt er und offenbart weiteres Optimierungspotenzial: "Wir müssen uns die Elektronik nochmal ansehen, die ist noch nicht perfekt eingestellt. Ihr müsst euch nur ansehen, wie viel unruhiger meine M1 in den Kurven 5 und 6 war verglichen mit den Motorrädern der anderen Fahrer. Außerdem ist sie noch recht schwer und lenkt nicht gut ein. Aber wir verbessern uns Schritt für Schritt und gehen in die richtige Richtung."

In Le Mans kämpfte Fabio Quartararo wieder mit Aleix Espargaro und Co., Foto: LAT Images
In Le Mans kämpfte Fabio Quartararo wieder mit Aleix Espargaro und Co., Foto: LAT Images

Yamaha: Weitere Fortschritte bei Privattest in Mugello?

Sicherlich nicht ungelegen kommt Quartararo, dass die MotoGP vom 24. bis 26. Mai als nächstes in Barcelona Halt macht. Beim Circuit de Catalunya handelt es sich nämlich um eine seiner Lieblingsstrecken, wo er 2020 und 2022 bereits zweimal gewinnen konnte. Dort können die Fortschritte aus Le Mans bestätigt oder vielleicht sogar noch einer draufgelegt werden. Denn zuvor testet Yamaha noch zwei Tage in Mugello, wo weitere Feinarbeit getätigt werden soll: "Da haben wir die Möglichkeit, das neue Setup auf einer ganz anderen Strecke zu testen und zu bestätigen. Ich bin aber zuversichtlich, da ich heute sehr gut gefahren bin und hoffe, dass wir so weitermachen können."