Im letzten Jahr waren Marc Marquez und Fabio Quartararo die Leidensgenossen der MotoGP: Zwei Champions auf verlorenem Posten mit unterlegenem Bike. Marquez änderte diesen Zustand. Er löste seinen Vertrag mit Honda auf und ging zu Gresini-Ducati. Quartararo hingegen hat in diesem Frühjahr für viele überraschend bis 2026 bei Yamaha verlängert. Die eine Entscheidung hat die andere maßgeblich beeinflusst.

Marquez-Wechsel als Warn-Signal an Yamaha

"Marquez' Wechsel von Honda zu Ducati hat viele Leute bei Yamaha aufgeweckt", verriet Quartararo im Interview mit 'Canal+' aus Frankreich. Die Botschaft war klar: Auch eine glorreiche gemeinsame Vergangenheit kann einen Spitzenfahrer nicht ewig halten, wenn die Ergebnisse ausbleiben. Auch Quartararo hatte den Gedanken, es Marquez gleichzutun. Das Unverständnis für seine Verlängerungsentscheidung kann er daher nachvollziehen: "Natürlich verstehe ich das, denn sogar ich war vor ein paar Monaten bereit, zu einem anderen Team zu gehen." Welches Team wollte er nicht verraten. Im Paddock gilt es aber als offenes Geheimnis, dass Aprilia an ihm dran war.

Aktuell fährt Fabio Quartararo mit der Yamaha hinterher, Foto: LAT Images
Aktuell fährt Fabio Quartararo mit der Yamaha hinterher, Foto: LAT Images

Stattdessen setzte Yamaha alle Hebel in Bewegung, um den Weltmeister von 2021 doch zu halten. Das hat Eindruck hinterlassen: "Sie haben viele neue Ingenieure eingestellt, und viele Dinge passieren in Italien [dem Hauptsitz des Werksteams, Anm. d. Red.] und nicht in Japan. Die Geschwindigkeit, mit der Teile ausgetauscht werden können, hat sich völlig verändert." Die Finanzkraft der Japaner soll ihre Wirkung entfalten: "Ich denke, es ist eine der wenigen Marken, die so viel in dieses Projekt investiert. Wir werden dieses Jahr bereits einige Verbesserungen sehen."

Quartararo lässt sich fürstlich von Yamaha entlohnen

Investiert wird dabei auch gewaltig in das Gehalt des Franzosen. Mit 12 Millionen Euro im Jahr soll er nun der klare Topverdiener unter den MotoGP-Piloten sein. Aprilia hingegen bot nur etwa ein Drittel dieser Summe. Aus diesem Faktor macht der 24-Jährige keinen Hehl: "Wir wollen uns nichts vormachen. Als Fahrer habe ich einen Wert und Yamaha weiß das sehr gut. Für mich ist es eine Ehre, dass eine Marke wie Yamaha in mich investiert. Ich bin jetzt schon einige Jahre bei ihnen." Und dennoch betont er: "Der Hauptgrund [für seine Verlängerung, Anm. d. Red.] ist natürlich das Projekt für die nächsten Jahre. In finanzieller Hinsicht war das, glaube ich, nur ein kleiner Teil dessen, was in diesen Vertrag eingeflossen ist."

Quartararo wird zum Rekordverdiener: Teurer Vertrag für Yamaha (07:42 Min.)

Sein Leidensgenosse Marquez trat hingegen die Flucht an und verzichtete damit auf einen Großteil seines Gehaltes, das ihm sein Rekordvertrag aus dem Jahr 2019 einbrachte. Der Spanier betrachtet den Fall seines französischen Weltmeister-Kollegen aber anders als den eigenen. "Ich bin nicht überrascht, dass Quartararo bei Yamaha geblieben ist", gab er gegenüber 'Autosport.com' an. "Vor allem, weil Yamaha Yamaha ist und Honda Honda ist. Früher oder später werden sie dort [an der Spitze, Anm. d. Red.] ankommen", meint der heutige Gresini-Pilot.

Marquez konnte nicht warten, Quartararo sehr wohl

Er sieht einen entscheidenden Punkt, der den Unterschied zwischen den beiden Spitzenpiloten ausmacht: "Viele Leute haben es mit meiner Situation verglichen, aber Fabio hat viel mehr Zeit, als ich noch hatte. Er hat keine Phase durchgemacht wie ich, mit einer sehr schweren Verletzung, die mich sogar an mir selbst zweifeln ließ. Das war grundlegend."

Marquez ist 31 Jahre alt und gesundheitlich angeschlagen. Er konnte nicht auf Honda warten, wenn er in der MotoGP noch einmal Erfolge feiern möchte. Quartararo hingegen kann sich das mit seinen 24 Lenzen leisten. Davon geht er auch selbst aus: "Ich denke, dass es in dieser Saison sehr schwierig sein wird, bereits um einige Podiumsplätze zu kämpfen, aber dass die Arbeit, die wir jetzt leisten, für die nächsten zwei Jahre sehr wichtig sein wird."

Auch das kann Marquez nachvollziehen: "Wenn man an einem Projekt teilnimmt, bei dem einem viel gegeben wurde und einem mehr versprochen wird, ist es normal, dass man die Geduld und das Vertrauen hat, dass es kommen wird." Und trotzdem gibt es keine Garantien: "Man muss Vertrauen und auch Glück haben, denn alle Ingenieure arbeiten hart. Das Glück liegt darin, dass sie den Schlüssel finden, der zu einem konkurrenzfähigen Motorrad führt." Fabio Quartararo wird darauf hoffen, dass den Yamaha-Ingenieuren genau das gelingt.