Platz sechs mit Brad Binder in der Fahrer-WM. Rang vier in der Konstrukteurs-WM mit nur 16 Punkten Rückstand auf P2. Vizeweltmeister in der Team-Wertung. KTMs MotoGP-Saison 2022 verlief insgesamt betrachtet alles andere als desaströs. Dennoch blickt die Mannschaft in Mattighofen und Munderfing mit gemischten Gefühlen auf das Jahr zurück. Weil man weiß, dass ein einziger Schwachpunkt deutlich größere Erfolge verhindert hat.

"Diese eine verdammte Runde am Samstag bricht uns das Genick", ärgert sich KTM-Motorsportchef Pit Beirer. Tatsächlich ist die Qualifying-Performance der RC16 erschreckend schwach. Nur einmal schaffte es ein KTM-Pilot 2022 in 20 MotoGP-Saisonrennen in die erste Startreihe. Das war Brad Binder in Motegi. Kein Hersteller landete seltener unter den Top-Drei des Grids. Auch in der Wertung für den BMW M Award, in dem für die Qualifying-Positionen analog zum Rennergebnis Punkte vergeben werden, ist KTM abgeschlagen Letzter. 142 Punkte holten die vier Fahrer 2022. Selbst Suzuki mit nur zwei Stammpiloten, von denen mit Joan Mir einer sogar lange Zeit verletzungsbedingt ausgefallen war, kommt auf 60 Zähler mehr. KTMs Speerspitze Brad Binder kam 2022 auf eine durchschnittliche Startposition von 12,15.

96 Positionen machte Binder in den MotoGP-Rennen 2022 gut, Foto: LAT Images
96 Positionen machte Binder in den MotoGP-Rennen 2022 gut, Foto: LAT Images

Die Zahlen sprechen also für sich. Dennoch schaffte es KTM in der abgelaufenen Saison fünf Mal auf das Podium und konnte durch Miguel Oliveira sogar zwei Rennen gewinnen, wenn auch jeweils unter Regenbedingungen. "Wir hatten in der abgelaufenen Saison in 70 Prozent der Rennen die Pace für das Podium", rechnet Beirer vor. "Um das dann auch tatsächlich zu erreichen, brauchst du aber eine ordentliche Startposition. Da hilft kein 'hätte, wenn und aber'. Unsere Rennpace ist absolut okay, aber auf eine schnelle Runde müssen wir uns gewaltig verbessern."

Eine Schwachstelle, die sich wie ein roter Faden durch die MotoGP-Geschichte von KTM zieht. In bislang sechs Saisons in der Königsklasse schafften es die Österreicher nur fünf Mal in Startreihe eins. Die Probleme sind aber bekannt, eine Lösung wurde aber bislang nicht gefunden. Motorsportchef Beirer sieht den Auslöser der Schwierigkeiten in der Grundcharakteristik des Motorrads: "Je einfacher ein Motorrad von Grund auf zu fahren ist, desto mehr Reserven hat der Pilot, um dann im Qualifying diese eine Chaosrunde herauszuquetschen. Wenn du ein Bike hast, das sich auf der Bremse und beim Einlenken schon ständig am Limit bewegt, dann fehlt diese Reserve. Es geht also nicht unbedingt darum, ein spezielles Qualifying-Motorrad zu bauen, sondern darum, das Bike insgesamt fahrbarer und benutzerfreundlicher zu machen."

Miguel Oliveira biss sich im Qualifying regelmäßig die Zähne aus, Foto: LAT Images
Miguel Oliveira biss sich im Qualifying regelmäßig die Zähne aus, Foto: LAT Images

Das sei KTM in den letzten Jahren nicht gelungen. "Wir haben mit Brad, Jack und Pol (Binder, Miller und Espargaro, Anm.) mindestens drei Fahrer, die sehr spät bremsen wollen. Dafür braucht man ein dementsprechendes Motorrad. Wenn es bei einem harten Bremsvorgang in der Kurve nach außen schiebt, dann wirst du in der folgenden Beschleunigungsphase immer zu spät dran sein. Aus dieser Ecke wollen wir raus. Die Fahrer sollen nicht gezwungen sein, ihre Rundenzeit auf der letzten Rille zu machen. Das soll ihnen über gutes Turning und dementsprechend gute Beschleunigung ermöglicht werden", erklärt Beirer. Mit Updates am letzten Rennwochenende 2022 und den folgenden Testfahrten sieht er seine Truppe auf einem guten Weg: "In diesem Bereich sind in Valencia bereits spannende Dinge passiert und 2023 können wir uns hier noch einmal steigern.