Keine Spur mehr von Supermacht. Ohne einem Marc Marquez in Topform wurde Honda in den vergangenen Jahren zum Nachzügler der Königsklasse. 2022 wollte man wieder in die Erfolgsspur zurückfinden, stattdessen stürzte man weiter ab als jemals zuvor in der MotoGP. In der Herstellerwertung liegt der größte Motorradbauer der Welt abgeschlagen auf dem letzten Rang. Bezeichnend: In der Fahrer-WM ist Marc Marquez trotz nur sieben Starts in den bisher 13 Saisonrennen immer noch klar bester HRC-Pilot.

Dass Honda Marc Marquez, steht also außer Diskussion. Das gilt nicht nur für diese Saison, sondern auch im Hinblick auf 2023. Denn der achtfache Weltmeister wird wohl der einzige aktuelle HRC-Stammfahrer sein, der auch im kommenden Jahr auf der RC213V sitzt. Alex Marquez wechselt zu Gresini Ducati, Pol Espargaro fährt für GasGas und Takaaki Nakagami muss seinen Platz wohl für Ai Ogura räumen.

Die Entwicklung für 2023 liegt wohl bei Marc Marquez und Stefan Bradl, Foto: LAT Images
Die Entwicklung für 2023 liegt wohl bei Marc Marquez und Stefan Bradl, Foto: LAT Images

Neben Test- und Ersatzfahrer Stefan Bradl kann also nur Marc Marquez die Entwicklungsrichtung für 2023 vorgeben. Erster ganz wichtiger Termin dafür: Die offiziellen Testfahrten in Misano am 6. und 7. September. Dort bekommen die Stammfahrer erstmals die Gelegenheiten, Lösungen für die nächste Saison zu testen. Mit dem Feedback aus Misano kann man dann arbeiten und es idealerweise bereits in den Wintertests erfolgreich umsetzen.

An diesem Donnerstag wird Marc Marquez in Madrid von den behandelnden Ärzten erneut ausführlich untersucht. Sind sie mit der Heilung des Anfang Juni zum vierten Mal operierten Oberarmknochens zufrieden, erhält er grünes Licht für intensiveres Training. Ob es schon für eine baldige Rückkehr auf das MotoGP-Bike reicht, ist aber fraglich. Die vierte Operation war Marquez' letzte Chance, daran besteht kein Zweifel. Ein verfrühtes Comeback könnte das Ende seiner Karriere bedeuten.

Noch muss sich Marquez auf leichtes Krafttraining beschränken, Foto: HRC
Noch muss sich Marquez auf leichtes Krafttraining beschränken, Foto: HRC

Und dennoch wünscht sich Honda-Teamchef Alberto Puig eine Rückkehr seines Superstars beim Misano-Test. Puig, dessen Worte üblicherweise von einer gewissen Härte geprägt sind, schlägt im Interview mit 'DAZN' schon beinahe flehende Töne an: "Wenn er die Testfahrten bestreiten könnte… Er muss ja keine 100 Runden am Tag fahren, schon vier Runden wären für uns sehr wichtig. Fährt er in Misano nicht, wird sich auch nichts ändern. Im Valencia-Test werden wir das umsetzen, was uns in Misano gesagt wurde. Wenn Marc dort nicht fährt, arbeiten wir weiter wie bisher - also im Blindflug."

Honda und Marc Marquez befinden sich also in einer massiven Zwickmühle. Bei einem späten Comeback des Superstars beeinträchtigt man wohl die Saison 2023. Holt man Marquez zu früh zurück, könnte das schwerwiegende Folgen für seine gesamte restliche Karriere haben.