Das Qualifying zum Großen Preis von Italien in Mugello wird sicherlich vielen MotoGP-Fans als eines der verrücktesten Chaos-Qualifyings der jüngeren Geschichte in Erinnerung bleiben. Mit Fabio Di Giannantonio fuhr ausgerechnet ein MotoGP-Rookie in seinem erst achten Grand-Prix-Wochenende sensationell auf die Pole-Position, Marco Bezzecchi und Luca Marini machen eine außergewöhnliche erste Startreihe komplett.

Weltmeister Fabio Quartararo blieb ein unauffälliger Qualifying-Teilnehmer, konnte mit Platz sechs allerdings Schadensbegrenzung betreiben. Von Freude war bei ihm am Samstagnachmittag dennoch nichts zu sehen. Für Frust sorgte aber nicht etwa die enttäuschende Performance der Yamaha M1, sondern vielmehr die Entscheidung der Rennleitung, das Qualifying überhaupt freizugeben.

Quartararo kritisiert Rennleitung: Falsch, zu starten

"Heute Nachmittag waren die Bedingungen wirklich gefährlich. Für mich war es keine gute Entscheidung, in diesen Bedingungen auf die Strecke zu gehen", moniert Quartararo in seiner Medienrunde. "Es ist nicht normal, bei Regen mit Trockenreifen auf die schnellste Strecke [des Kalenders, Anm.] zu gehen, wenn du nicht weißt, was dich erwartet."

Schon während des 4. Freien Trainings am Samstagmittag hatte es in Mugello leicht zu regnen begonnen - allerdings nur an vereinzelten Stellen und nie auf der gesamten Strecke. Hinzu kamen noch sommerlich warme Temperaturen, es wurden zeitweise über 30 Grad Außen- und 45 Grad Asphalttemperatur gemessen. Diese beiden Faktoren sorgten in Kombination dafür, dass die Strecke zur gleichen Zeit an machen Stellen trocken und an machen feucht war. Wo und wie stark konnte sich minütlich ändern.

"Ja, wir hätten es verschieben müssen", sagt Quartararo deshalb. "Ich war hinter Marc [Marquez], als er gestürzt ist. Er hat nichts falsch gemacht. Als Rennfahrer willst du natürlich das bestmögliche Resultat erzielen und wenn es anfängt zu regnen, die Strecke aber noch trocken genug ist, fährst du auf Slicks", argumentiert er und fordert deshalb proaktiven Schutz für die Fahrer durch die Rennleitung. "Auf einer Strecke wie hier können wir nicht darauf warten, dass es etwas passiert, um das Qualifying zu verschieben", sagt er.

"Diese Strecke ist so lang - es kann an einer Stelle trocken und an der nächsten feucht sein. Die Kurven acht und neun erreichst du mit über 200 km/h. Wenn du dort einlenkst und nicht weißt, wie die Bedingungen sind, dann ist das kein schönes Gefühl", führt der Franzose aus.

Zuspruch bekam Quartararo von Aleix Espargaro: "Wir haben keine Intermediate-Reifen. Speziell die ersten fünf Minuten [von Q2, Anm.] waren wirklich beängstigend. Das war sehr gefährlich." Dem Aprilia-Piloten liegen sicherheitsrelevante Themen bekanntlich sehr am Herzen, schon in der Vergangenheit setzte er sich immer wieder für die Sicherheit seiner Kollegen ein. Geht es nach ihm, gab es nur eine richtige Entscheidung: "Für mich war das eine Rote Flagge."

Bagnaia kontert Quartararo: Ist unser Job, zu fahren

Gänzlich anders sieht die Situation WM-Rivale Francesco Bagnaia. Der Ducati-Star widersprach Quartararo am Samstag auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com : "Natürlich war es nicht so sicher, weil es geregnet hat", erklärt er, "aber wir sind 46er-Rundenzeiten gefahren. Das sind unglaubliche Zeiten in diesen Bedingungen."

Tatsächlich fehlten Polesitter Di Giannantonio in Q2 nur rund siebeneinhalb Zehntel auf die bislang schnellste Zeit des Wochenendes - eine 1:45.393, gefahren von Bagnaia im 3. Freien Training in vollständig trockenen Bedingungen. Normalerweise verlieren MotoGP-Piloten in nassen Bedingungen mindestens zehn Sekunden auf ihre Bestzeiten aus dem Trockenen. Dennoch sei es am Samstag nicht vollständig sicher gewesen, "aber es ist unser Job, unser Sport, unsere Leidenschaft. Wir müssen das daher einfach tun", glaubt Bagnaia

Zustimmung erhielt der Ducati-Star wenig später von Landsmann Di Giannantonio. "Naja, man kann bei solchem Wetter klar schneller stürzen, aber wir sind die besten Fahrer der Welt und wir können damit umgehen", erklärt der Gresini-Pilot im Rahmen der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz. "Am Ende ist es zocken – ob du mit Slicks oder Regenreifen fährst. Wenn du dich für Sicherheit entscheidest: Nimm die Regenreifen. Ich glaube in dem Punkt brauchen wir nicht über Sicherheit sprechen, da gibt es keinen Grund."