Seit August ist bekannt, dass Andrea Dovizioso Ducati mit Jahresende verlassen wird. Einen Platz als MotoGP-Stammfahrer wird es für ihn 2021 aller Voraussicht nach nicht geben. Dovizioso selbst erklärte zuletzt, dass eine Rolle als Testfahrer im kommenden Jahr die wahrscheinlichste Variante für ihn ist.

Mit Ausnahme von Ducati und KTM, wo man mit Dani Pedrosa und Mika Kallio bereits eine ausgezeichnete Entwicklungsabteilung vorweisen kann, scheinen alle MotoGP-Hersteller an einer Verpflichtung Doviziosos zumindest interessiert zu sein. Yamaha und Suzuki galten zuletzt als Favoriten, doch nun ranken sich auch um einen Deal mit Honda wieder Gerüchte.

Wechselt Dovizioso tatsächlich ins HRC-Lager, könnte dies das Aus für Stefan Bradl bedeuten. Er ist seit 2018 Honda-Testfahrer. "Aktuell gibt es viele Gerüchte im Paddock", meinte Bradl am Donnerstag, als ihn Motorsport-Magazin.com nach seiner Zukunft fragte. "Ich arbeite seit drei Jahren in dieser Rolle für Honda und in dieser schwierigen und eigenartigen Saison haben sie mich mehr gebraucht als jemals zuvor." Durch den verletzungsbedingten Ausfall von Marc Marquez befindet sich Bradl seit dem dritten Saisonrennen in Brünn im Renneinsatz. In Le Mans fuhr er zuletzt mit Platz acht sein bester Ergebnis ein.

"Ich weiß aber natürlich, dass Dovizioso auf dem Markt ist und dass einige Hersteller mit ihm sprechen", führt Bradl weiter aus. "Das ist ganz logisch, denn ein Fahrer wie er ist natürlich für jedes Projekt interessant. Bislang habe ich noch keine tiefergehenden Gespräche mit Honda über meine Zukunft geführt, denn im Moment konzentrieren wir uns auf die Arbeit, die wir in den verbleibenden Rennen zu leisten haben. Dann ist immer noch genug Zeit, um über das nächste Jahr zu sprechen. Aktuell ist noch nichts fixiert."

Stefan Bradl ist seit 2018 Honda-Testfahrer, Foto: MotoGP.com
Stefan Bradl ist seit 2018 Honda-Testfahrer, Foto: MotoGP.com

Dovizioso selbst gab sich auf die Gerüchte angesprochen ausweichend: "Ich denke, dass es für jeden Hersteller das Beste ist, einen Testfahrer mit viel Erfahrung zu haben. Das gilt nicht nur für mich, sondern auch für Piloten wie zum Beispiel Valentino. Das hat jeder verstanden und deshalb halte ich es für normal, dass mehrere Hersteller Interesse an mir haben. Mich freut das, aber ich habe es auch erwartet."

Mick Doohan: Dovizioso zu Honda Win-Win-Situation

Einen prominenten Fürsprecher für die Testfahrer Rolle bei Honda hat Dovizioso bereits: Mich Doohan, der von 1994 bis 1998 fünf 500ccm-Weltmeistertitel in Serie für die Japaner gewinnen konnte. "Dovizioso hat viel zu bieten und eine Menge Erfahrung", analysiert Doohan. "Jemanden wie ihn zu haben, der beim Testen das Bike wirklich ans Limit bringen und ähnliche Zeiten wie die Stammpiloten fahren kann, ist für jeden Hersteller ein großer Vorteil. Wenn Dovizioso Interesse an diesem Job hat, dann wäre es eine Win-Win-Situation für ihn und Honda. Ich glaube, dass HRC jemanden wie Dovizioso braucht. Bei Dani Pedrosa und KTM hat man gesehen, dass seine Arbeit das Projekt in eine ganz neue Richtung gelenkt hat. Dovizioso könnte bei Honda etwas Ähnliches gelingen."

Der Vizeweltmeister der vergangenen drei Jahre ist bei Honda auch kein Unbekannter. Von 2002 bis 2011 war er durchgehend auf Maschinen des japanischen Herstellers in der Motorrad-Weltmeisterschaft unterwegs. 2004 wurde er damit 125ccm-Champion, in der MotoGP fuhr er in vier Saisons beim Team Scot und in der Repsol-Truppe auf der RC212V 16 Podiumsplatzierungen und einen Sieg ein. Seine WM-Platzierungen: 5, 6, 5 und 3.