Maverick Vinales feierte am Sonntag in Assen seinen ersten Saisonsieg und holte damit auch den ersten Triumph des Jahres für Yamaha. Sein Erfolg war letztlich ungefährdet, da nicht einmal Dominator Marc Marquez am Ende seine Pace mitgehen konnte. Der MotoGP-Champion setzte auf eine konträre Reifenstrategie und hatte damit Erfolg an einem Wochenende, an dem es für ihn nur um Schadensbegrenzung in der WM ging. Die GP-Analyse zum Rennen in Assen:

Zwei Yamaha-Asse dominieren in Assen

Marc Marquez erkannte die Situation bereits am Samstag und wusste, dass Maverick Vinales und Fabio Quartararo die beiden Fahrer waren, die es im Rennen zu schlagen galt. "Ich wusste, dass ich hier nicht um den Sieg kämpfen kann. Ich wollte hier einfach nur auf das Podium", sagte Marquez nach dem Rennen am Sonntag.

Dass Vinales und Quartararo die beiden dominanten Fahrer sein würden, bahnte sich bereits am Freitag und Samstag an. In vier der fünf Sessions bildete das Duo die Spitze des Klassements, nur im 3. Training fiel Vinales als 5. ein wenig ab. Im Warmup landeten beide immerhin den Top-3.

Die Top-3 aller Sessions vor dem Rennen

P FP1 FP2 FP3 FP4 Q WUP
1. Quartararo Vinales Quartararo Quartararo Quartararo Vinales
2. Vinales Quartararo Petrucci Vinales Vinales Dovizioso
3. Petrucci Petrucci Marquez Rins Rins Quartararo

Marquez ändert Reifenwahl

Für Marquez war ab diesem Zeitpunkt klar, dass er seine Reifenstrategie abändern würde. Während der Großteil des Feldes den harten Hinterreifen einsetzte, baute Marquez auf den weichen. "Ich wollte am Anfang mit den beiden Yamaha vor mir mitgehen und wusste, dass ich auf dem weichen Reifen 15 gute Runden habe. Und dann wollte ich schauen, was noch möglich ist. Hätte ich den harten Hinterreifen gewählt, hätte ich das ganze Rennen lang Probleme gehabt, wäre vielleicht irgendwo in der Umgebung von Dovizioso gefahren und dann kann jederzeit etwas passieren", sagte er nach dem Rennen.

Reifenwahl im Rennen

Hinten - VorneFahrer
Soft - Medium(3) Marquez, A.Espargaro, Abraham
Soft - Hard(2) Rins, Mir
Medium - Medium(1) Nakagami
Hard - Medium(12) Vinales, Quartararo, Dovizioso, Petrucci, Morbidelli, Crutchlow, Rossi, Zarco, P.Espargaro, Oliveira, Syahrin, Rabat
Hard - Soft(3) Iannone, Miller, Bagnaia

Neben Marquez setzten lediglich die beiden Suzuki-Asse Alex Rins und Joan Mir sowie der angeschlagene Aleix Espargaro und Karel Abraham auf die weichste der drei Hinterradmischungen. Während Nakagami der einzige auf dem Medium-Pneu war, wählten 15 der 21 Starter den harten Hinterreifen aus. Von den Piloten in den Top-10 des Rennens hatten acht den harten Michelin unter dem Heck ihrer Bikes montiert. Einzig Marquez und Mir schafften es mit dem weichen Reifen zu Topplatzierungen.

Vinales gibt im Rennen das Tempo vor

Im Rennen waren nur fünf Fahrer fähig, Rundenzeiten unter 1:34 zu fahren: Danilo Petrucci und Andrea Dovizioso je einmal, Quartararo dreimal, Marquez siebenmal und Sieger Vinales zehnmal. Unter den zehn schnellsten Runden des gesamten Rennens finden sich je fünf von Marquez und Vinales, wobei der MotoGP-Weltmeister mit seiner 1:33,712 in Runde 4 die beste Einzelzeit des gesamten Rennens erzielte.

Doch der Zeitpunkt von Vinales' schnellster Rennrunde - einer 1:33,720 - zeigt, wie gut sich der Katalane das Rennen einteilen konnte. Denn diese Zeit gelang ihm in der 21. der 26 Runden und somit zu einem Zeitpunkt, als fast alle Fahrer Mühe hatten, überhaupt unter 1:35 zu bleiben.

Die schnellsten 10 Rundenzeiten im Rennen

P Fahrer Zeit Runde
1. Marquez 1:33,712 Lap 4
2. Vinales 1:33,720 Lap 21
3. Vinales 1:33,726 Lap 20
4. Marquez 1:33,737 Lap 17
5. Vinales 1:33,758 Lap 5
6. Marquez 1:33,769 Lap 19
7. Vinales 1:33,777 Lap 19
8. Marquez 1:33,833 Lap 20
9. Vinales 1:33,865 Lap 11
Marquez 1:33,865 Lap 10

Der Quartararo-Faktor

Vinales teilte sich sein Rennen perfekt ein, gefiel sich deshalb zu Beginn des Rennens aber in Lauerstellung mit Kontakt zur Spitzenposition. Marquez gab aufgrund seiner Reifenstrategie offen zu, dass er keine Führungsarbeit leisten wollte, weil das seinen Reifenverschleiß auf dem weichen Pneu nur verschlimmern würde. Da Alex Rins früh in Führung liegend crashte, kam so Fabio Quartararo zu seinen ersten Führungsrunden in der MotoGP.

Zur Mitte des Rennens lag Quartararo vor Marquez und Vinales in Führung, während die beiden Ducati-Asse Dovizioso und Petrucci mit rund zwei Sekunden Rückstand auf das Podest folgten. Die MotoGP-Fans durften zu diesem Zeitpunkt noch auf einen spannenden Zieleinlauf hoffen, zu dem es aber nicht mehr kam. Denn Vinales hatte sich sein Rennen perfekt eingeteilt und als er sowie Marquez nach einem kleinen Wackler von Quartararo vorbeiziehen konnten, waren die beiden Katalanen in einer eigenen Liga.

Kein Fahrer außer Vinales und Marquez war in der zweiten Rennhälfte fähig, Rundenzeiten unter 1:34 zu fahren. Die Ducati, die sich bis zum Zielstrich voll im Mehrkampf um die Plätze ab vier befanden, konnten in den letzten Runden nicht einmal mehr unter 1:35,0 (einzige Ausnahme: Doviziosos Schlussrunde) fahren.

Vinales und Marquez konnten sich dadurch schnell an der Spitze absetzen. Ihr Duell (inkl. zwei Überholmanövern) in Lap 18 ließ Quartararo ein letztes Mal aufholen, ehe er einsehen musste, dass er im Kampf um den Sieg nicht mitreden würde können. Auf dem körperlich anstrengenden Kurs in Assen hatte er gegen Ende auch mit Schmerzen zu kämpfen. Der vor Barcelona erfolgte operative Eingriff wegen Armpumps meldete sich zurück: "Nach dem Rennen in Barcelona hatte ich gedacht, ich würde hier 100 Prozent fit ankommen, aber so war es nicht", musste sich Quartararo nach dem Rennen eingestehen.

Marquez konnte das Tempo von Vinales noch bis Lap 23 halten, dann musste auch er abreißen lassen. In den finalen Runden waren somit die vordersten drei Plätze durch Abstände im Sekundenbereich voneinander getrennt. Andrea Dovizioso verlor als Viertplatzierter auf die Siegerzeit 14,1 Sekunden. Das hätte im Vorjahr lediglich zu Platz 11 gereicht. Insofern kam das diesjährige Rennen vom Spannungsmoment her nicht an den Kracher aus 2018 heran.

Fazit: Meisterleistung von Vinales und Marquez

Wenn man seine starke Performance in Assen sieht, versteht man besser, warum Maverick Vinales in Barcelona nach Jorge Lorenzos Torpedo-Attacke so wütend war. Zwar kommt Assen der geschmeidigen Yamaha entgegen, was drei Yamaha-Fahrer in den Top-5 bewiesen, doch den entscheidenden Durchbruch beim Setup seines Motorrads machte der Katalane bereits in Barcelona. "Wir haben herausgefunden, dass unser Setup nicht das beste für das Rennen ist und konnten dort endlich mehr Traktion finden", sagte er nach seinem Sieg. Womöglich hat zumindest Vinales seine Krise durch den Sieg in Assen überwunden und zählt nun wieder zu den regelmäßigen Podestkandidaten.

Auch Marquez war einer der großen Gewinner dieses Rennens, denn er kam in Assen nie richtig auf Touren und schaffte es dennoch erneut, seinen WM-Vorsprung auszubauen. Zum fünften Mal in Folge verlässt er somit eine MotoGP-Strecke mit mehr Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung als er sie betreten hat. 44 Zähler Abstand auf Verfolger Dovizioso sind jedenfalls eine ordentliche Ansage.