Es wird ernst! Zwei Drittel der Wintertestsaison sind mit den Meetings in Sepang und auf Phillip Island bereits vorüber, der Dreitagestest an diesem Wochenende in Katar bietet den MotoGP-Fahrern und -Teams die letzte Gelegenheit, um sich und ihre Maschinen für den Saisonauftakt am 26. März an gleicher Stelle in Topform zu bringen. Motorsport-Magazin.com zeigt die wichtigsten Brennpunkte vor den Testfahrten, die ihr bei uns von Freitag bis Sonntag jeweils von 14 bis 21 Uhr mitteleuropäischer Zeit im Live-Ticker verfolgen könnt:

Vinales vs. Marquez spitzt sich zu

Maverick Vinales gegen Marc Marquez - das ist seit den Valencia-Testfahrten 2016 das große Duell. Lange Zeit verlief der bei den Tests ausgetragene Kampf der beiden Spanier ruhig. Man lobte das Talent des jeweils anderen, erkannte dessen große Chancen auf den MotoGP-Titel 2017 an und ging sich auf der Strecke aus dem Weg. Das änderte sich jedoch am letzten Testtag auf Phillip Island. Marquez fuhr so auf die Strecke, dass er sich direkt an das Hinterrad des mitten in einer Rennsimulation steckenden Vinales heften konnte und beobachtete ihn aus dieser Position genau. Ein Verhalten, dass Rennfahrer gar nicht mögen, gibt es der Konkurrenz doch eine ideale Möglichkeit, um die Schwächen des Vordermanns auszuspionieren.

Marquez schaute sich Vinales auf Phillip Island ganz genau an, Foto: Repsol
Marquez schaute sich Vinales auf Phillip Island ganz genau an, Foto: Repsol

Vinales beendete deshalb seine Rennsimulation und war nachher mächtig sauer. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber normal ist so etwas nicht. Die Strecke ist über vier Kilometer lang. Da ist es schon komisch, dass er genau hinter mir war", ärgerte sich Vinales, der den Vorfall für sich nutzen will. "Das ist zusätzliche Motivation, wenn man so fightet. Mir gefällt das." Marquez sprach von Zufall und stellte klar, dass er auch anderen Fahrern gefolgt war. Es wird spannend zu sehen sein, ob sich Marquez und Vinales auch in Katar 'zufällig' auf der Strecke treffen und wer dann wem folgt.

Der Aerodynamik-Krieg tobt

Yamaha legte in Sepang vor, Suzuki und Aprilia zogen auf Phillip Island nach. Die Rede ist von doppelten Verkleidungen oder innenliegenden Winglets - wie auch immer man die neuen Aerodynamikkonzepte der Hersteller nach dem Flügel-Verbot für 2017 nennen will. Das Ziel ist klar: Der Effekt, den die außenliegenden Winglets in den letzten Jahren erzeugt haben, soll nun unter der Verkleidung generiert werden. Die Piloten, die bisher mit den neuen Modellen gefahren sind, gaben sich meist wortkarg, erkannten aber durchwegs Verbesserungen.

Rossi fuhr in Sepang als erster Pilot mit der revolutionären Verkleidung, Foto: gp-photo.de
Rossi fuhr in Sepang als erster Pilot mit der revolutionären Verkleidung, Foto: gp-photo.de

Honda, Ducati und KTM hatten bisher noch keine dieser neuen Verkleidungen im Einsatz. KTM-Teamchef Mike Leitner gab im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com zu, dass man an einem derartigen Projekt arbeitet. Im Moment haben bei den Neueinsteigern aber wohl andere Dinge Priorität, außerdem darf KTM in seiner ersten MotoGP-Saison so viele Verkleidungsupdates bringen wie man will, der Konkurrenz ist nur eine Änderung erlaubt. Ducatis Paolo Ciabatti erklärte auf Phillip Island, dass man bis zum Saisonauftakt keine neue Verkleidung mehr bringen werde, bei Honda hält man sich noch bedeckt. Der Katar-Test wird auf jeden Fall die nächste Schlacht im Aero-Krieg.

Hondas-Privattest muss Wirkung zeigen

Der Motor der RC213V ist in der MotoGP-Saisonvorbereitung 2017 wieder einmal Hondas großes Sorgenkind. Zwei Varianten stehen zur Auswahl: Ein Triebwerk in 'Screamer'-Konfiguration, das denen der vergangenen Jahre recht ähnlich ist und ein völlig neues im 'Big Bang'-Stil, also mit ungleichmäßiger Zündreihenfolge. Welches Konzept man für die kommende Saison verwenden will - die Motoren werden ja vor dem Auftakt in Katar verplombt und dürfen dann nicht mehr verändert werden - weiß man bei Honda allerdings noch nicht.

Honda wollte in Jerez mehr über die Charakteristik seiner Motoren erfahren, Foto: Repsol
Honda wollte in Jerez mehr über die Charakteristik seiner Motoren erfahren, Foto: Repsol

Um die Entscheidungsfindung zu erleichtern, schob man Ende Februar sogar kurzerhand zwei Testtage in Jerez ein, um auch auf einer engeren und technischeren Strecke als Doha, Sepang oder Phillip Island Erkenntnisse zu gewinnen. Ob das gelungen ist, darf aber bezweifelt werden. Tag eins fiel aufgrund von Regenfällen praktisch völlig ins Wasser. Um nicht einen der fünf verfügbaren Testtage der Werksfahrer Marc Marquez und Dani Pedrosa aufzubrauchen, fuhr nur Pedrosas Riding-Coach Sete Gibernau ein paar Runden. Auch Tag zwei lief nicht nach Plan, da Marquez am Nachmittag stürzte und sich die Schulter auskugelte, womit sein Test vorzeitig beendet war.

Marquez hadert mit Verletzung

Die Schulterverletzung von Marc Marquez fiel nicht dramatisch aus, zum idealen Zeitpunkt kommt sie jedoch freilich auch nicht. "Ich werde bei den Testfahrten in Katar noch nicht bei 100 Prozent sein, aber zumindest nah dran", meinte der amtierende Weltmeister vergangene Woche. Wie stark ihn die ausgekugelte Schulter beeinträchtigen wird, lässt sich aktuell schwer einschätzen. Dass er mit einer derartigen Verletzung dennoch starke Rennen fahren kann, bewies er aber bereits im Vorjahr am Red-Bull-Ring und 2013 in Silverstone, als er mit einer wenige Stunden zuvor ausgekugelten Schulter die Ränge fünf und zwei holte.

Marquez könnte seine Verletzung in Katar Probleme bereiten, Foto: Repsol
Marquez könnte seine Verletzung in Katar Probleme bereiten, Foto: Repsol

Rossi kämpft gegen Formtief

Valentino Rossis Formkurve zeigte auf Phillip Island rasant nach unten. Am ersten Tag noch guter Zweiter, reichte es in Folge nur noch für die Ränge acht und elf. Ein dementsprechend zerknirschtes Resümee zog der Altmeister nach den Testfahrten in Australien. "Ich bin nicht zufrieden. Dieser Test war für mich deutlich schwieriger als der in Sepang. Wir müssen stärker werden, denn bis jetzt haben wir uns eindeutig nicht genug gesteigert", machte Rossi keinen Hehl aus seinen Problemen. "Es hat nicht so funktioniert wie wir uns das vorgestellt haben und ich war nicht schnell genug. Ich habe nach wie vor Probleme damit, das Motorrad zu verstehen. Wir sind nicht auf dem richtigen Weg." Ob es sich nur um streckenspezifische Probleme auf dem sehr besonderen weil ultraschnellen Kurs auf Phillip Island handelte, oder Rossi doch in ärgeren Schwierigkeiten steckt, wird sich in Katar zeigen.