Wer überzeugte bei den Testfahrten am meisten?

In Sepang und Katar gehörte die Bühne eindeutig dem Weltmeister. Jorge Lorenzo holte auf beiden Strecken jeweils zwei der drei Tagesbestzeiten und stand in der Endabrechnung sowohl in Sepang, als auch in Katar mit über einer halben Sekunde Vorsprung auf den Rest des Feldes da. Einzig auf Phillip Island lief es für Lorenzo - und Yamaha generell - nicht ganz so gut.

Ein zweiter großer Gewinner der Testfahrten war Maverick Vinales. Zwei Tagesbestzeiten, die schnellste Rundenzeit der Tests auf Phillip Island und nach Sepang an jedem einzelnen Tag in den Top-3 - der "Rookie of the Year 2015" hat mit seiner GSX-RR im Winter sichtlich einen großen Sprung nach vorne gemacht. Neben reinem Speed überzeugte Vinales vor allem auch mit Konstanz.

Überraschend gut kamen die Ducati-Kunden bei den Testfahrten zurecht. Danilo Petrucci sorgte mit zwei Tagesbestzeiten für Aufsehen, Teamkollege Scott Redding durfte sich auf der Ducati-freundlichen Strecke in Katar über die zweitschnellste Zeit im Gesamtklassement dieses Tests freuen. Aber auch die Fahrer auf den Vorjahresmodellen wie Hector Barbera, Loris Baz oder Yonny Hernandez schafften vereinzelt den Sprung in die Top-10.

Bei Honda rauchten die Köpfe, Foto: Repsol
Bei Honda rauchten die Köpfe, Foto: Repsol

Was lief bei Honda schief?

Nur an einem einzigen der neun Tage stand eine Honda auf dem ersten Rang: Als Marc Marquez am Schlusstag auf Phillip Island die schnellste Runde fuhr. Der Verlust der eigenen Software und die neuen Michelin-Reifen dürften dem japanischen Herstellergiganten mehr zu schaffen machen als der Konkurrenz. Um die Spitzenplätze konnten mit Marquez und Cal Crutchlow nur zwei der insgesamt fünf Fahrer auf Factory-Hondas mitkämpfen.

Tito Rabat und Jack Miller vom Marc VDS Team waren an fast jedem der neun Testtage jenseits von Gut und Böse. Dani Pedrosa kam mit dem neuen Motorrad bislang auch überhaupt nicht zurecht. Mit Kritik hielten die Fahrer deshalb nicht hinter dem Berg: "Derzeit können wir die Kurven nicht schnell genug nehmen. Unsere Ingenieure in Japan müssen sich noch etwas einfallen lassen. Mal sehen, ob das gelingt", sagte etwa Pedrosa. Das Fahrverhalten in den Kurven und beim Herausbeschleunigen auf die Geraden ist aktuell der große Schwachpunkt der RC213V.

Wie erging es Stefan Bradl und Aprilia?

In Sepang stand Stefan Bradl noch mit der Aprilia auf dem Vorjahr in der Box, auf Phillip Island fehlte das italienische Werksteam komplett. Stattdessen testete Aprilia schon eineinhalb Wochen vor dem offiziellen Test privat in Katar. Davon merkte man an den vergangenen drei Tagen allerdings herzlich wenig. Die Rundenzeiten der Aprilia-Fahrer waren deutlich langsamer als jene der Konkurrenz und so war ein 18. Platz von Bautista das beste Tageseinzelergebnis.

Bradl selbst schaffte es in Katar nur an einem Tag in die Top-20 und kam der Bestzeit nie näher als 2,5 Sekunden. Die Baustellen bei Aprilia bis zum Saisonstart sind noch zahlreich. "Unser Fokus lag auf der Verbesserung des Gefühls für den Vorderreifen. Leider hatten wir dadurch aber keine Zeit mehr, um uns um das Heck zu kümmern", lautete Bradls Fazit. Rennfit dürfte die Aprilia RS-GP noch nicht vollständig sein. Schon gar nicht, wenn man sich - wie angekündigt - im Vergleich zum Vorjahr steigern möchte.

Was hat es mit den Flügeln der MotoGP-Bikes auf sich?

Ducati machte den Auftakt, Yamaha zog nach, mittlerweile hat auch Honda sie mit an Bord: die umstrittenen Winglets. Flügelkonstruktionen in allen Formen und Farben boomten während der Testfahrten, nur Suzuki und Aprilia verzichteten bislang auf diesen aerodynamischen Kniff. Ducati zeigte Konstruktionen mit vier und zwei Flügeln, Yamaha brachte in Katar den bislang aggressivsten Seitenflügel auf die Verkleidung der M1. Honda experimentierte zuletzt mit einer etwas kleineren Konstruktion, die dennoch ihre Wirkung zeigte: "Sie verändern das Gefühl für das Motorrad ziemlich", sagte Pedrosa. Der Nutzen der Winglets ist umstritten. Ducati-Technikchef Gigi Dall'Igna, die die Winglet-Welle ins Rollen brachte, ist aber überzeugt, dass sie ihren Nutzen bei der Bremsstabilität und als beste mechanische Antiwheelie-Methode entfalten.

Wie lautet das erste Fazit der Fahrer über die Michelin-Reifen?

Allzu aggressiven Fahrern kommen die Michelin-Reifen nicht zu Gute. Stürze über das Vorderrad standen bei jedem einzelnen Test an der Tagesordnung. Der Tiefpunkt war am Freitag auf Phillip Island erreicht, als elf der 20 gestarteten Fahrer mindestens einmal zu Boden gingen. Tito Rabat und Aleix Espargaro knallten an den neun Testtagen des Winters 2016 am öftesten in den Kies. Aber der Michelin-Reifen hat auch seine Vorteile und könnte für spannende Rennverläufe sorgen.

Denn in Katar zeigte sich eine klare Tendenz: Die französischen Reifen bauen nicht ab, sondern werden nach 15 bis 20 Runden erst so richtig schnell. Mehrere Fahrer erzielten ihre persönlichen Tagesbestzeiten auf eigentlich schon komplett abgefahrenen Reifen. "Meine beste Runde bin ich auf einem Reifen gefahren, der schon 15 Runden alt war", sagte etwa Scott Redding nach der zweitschnellsten Rundenzeit der Katar-Tests. Die große Haltbarkeit könnte für späte Attacken in den Rennen und heiße Schlussphasen sorgen.