Es war eine Szene, die einen tiefen Einblick in die derzeitige Situation von Honda erlaubte. Dani Pedrosa trat am Freitagabend in Katar wie nach jedem Tag an einem Rennwochenende und auch bei Testfahrten für seine Medienrunde vor die versammelte Journalistenschar. In der Regel zieht sich das Frage- und Antwortspiel über mehrere Minuten, Pedrosa spricht ausführlich in Englisch und seiner Muttersprache Spanisch. Dieses Mal sah die Sache aber ganz anders aus. Pedrosas Medienrunde dauerte nur wenige Sekunden. "Konntet ihr heute irgendwelche Fortschritte machen?", wurde er gefragt. "Nein", war die Antwort von Pedrosa. Damit waren seine Ausführungen zu Ende.

Der Frust steht bei Honda derzeit nicht nur den Piloten wie Marc Marquez und Pedrosa im Repsol-Honda-Werksteam oder den Kundenfahrern wie Cal Crutchlow ins Gesicht geschrieben. Zwar gelang Marquez in Katar mit Rang vier in der kombinierten Zeitenliste ein ordentliches Ergebnis, doch die Wahrheit hinter dem Resultat ist eine andere. Marquez war über einen Umlauf schnell, ja, doch ein Rennen hat eben mehr als eine Runde. Das musste er schon im vergangenen Jahr erkennen. In den drei Testtagen in Katar konnte Marquez nun in den relativ aussagekräftigen Rennsimulationen nie mehr als zwölf Runden am Stück drehen. Trotz seiner kurzen Runs stürzte Marquez zwei Mal. Da tröstet auch die ordentliche Pace in seiner Rennsimulation nicht, wenn etwa Jorge Lorenzo dasselbe Tempo neun Runden länger durchhalten konnte und so nur einen Umlauf unter einer vollen Renndistanz lag.

Lorenzo und Yamaha liegen im Plansoll, Foto: Yamaha
Lorenzo und Yamaha liegen im Plansoll, Foto: Yamaha

Egal was Honda derzeit versucht, der entscheidende Sprung nach vorne will einfach nicht gelingen. Zu viele Faktoren wirken derzeit in die Gegenrichtung. Der Motor ist nach wie vor zu aggressiv, die Einheitselektronik ist bei der Bändigung des Triebwerks keine große Hilfe und die neuen Michelin-Reifen passen nicht besonders gut zur Charakteristik der Honda, was auch beim Einlenken für Probleme sorgt. In Katar griff man nun bereits wie Ducati und Yamaha auf Flügel an der Front des Motorrads zurück, um die Maschine etwas leichter kontrollierbar zu machen. Großartige Veränderungen brachte aber auch das nicht.

"Wir wissen, dass wir aktuell absolut nicht in Bestform sind", stellte Dani Pedrosa schon am Donnerstag fest. "In den Kurven verlieren wir einfach zu viel Zeit." Marc Marquez sprach nicht nur von verlorener Zeit. "Ich habe das Vertrauen zum Motorrad verloren", gestand er ganz offen. Damit ist genau das passiert, was Marquez nach den Testfahrten auf Phillip Island, in denen er sich relativ wohlgefühlt hatte, befürchtete. Nämlich, dass das schnelle und flüssige Layout dort die Schwächen der Honda lediglich kaschierte, am Losail International Circuit mit seinen teilweise recht engen Kurven treten sie wieder voll auf. "Mein Gefühl nach Phillip Island hat mich nicht getäuscht", fühlte sich Marquez bestätigt, hätte darauf aber wohl gerne verzichtet.

Auf Phillip Island hatte sich Marquez noch wohlgefühlt, Foto: HRC
Auf Phillip Island hatte sich Marquez noch wohlgefühlt, Foto: HRC

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com: Jetzt ist guter Rat teuer. Honda ist mit vielen Problemen in die Testsaison gestartet und konnte in den neun Tagen von Sepang, Phillip Island und Losail praktisch keine davon lösen. Nun bleibt nur noch das Rennwochenende in Katar selbst, um die neue Maschine für den ersten Grand Prix des Jahres fitzubekommen. Die Konkurrenz von Yamaha, Ducati und auch Suzuki scheint da schon deutlich weiter zu sein, Honda befindet sich für Katar definitiv nicht in der Favoritenrolle. Natürlich, der Knopf kann für Marc Marquez und Co. in den nächsten zwei Wochen noch irgendwie aufgehen. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Dann muss die Entwicklung während der Saison geschehen. Wie schwer das beim dicht gedrängten Rennkalender der MotoGP ist, muss nicht erklärt werden. (Markus Zörweg)