Es ist mittlerweile so etwas wie der Murmeltiertag der MotoGP geworden. Praktisch jährlich taucht das Gerücht auf, Jorge Lorenzo werde Yamaha verlassen und bei Ducati anheuern. Schon 2009, als Casey Stoner krankheitsbedingt drei Rennen auslassen musste, kam es erstmals zu diesen Spekulationen, die seither immer wieder hochkochen. In diesem Jahr beginnen sie aber besonders früh, nachdem Yamaha-Motorsportchef Lin Jarvis wiederholt angemerkt hatte, eine Vertragsverlängerung mit Lorenzo werde von Seiten des Werks angestrebt.

Auch wenn Lorenzo selbst immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt, seine Karriere bei Yamaha beenden zu wollen, wurden Jarvis' Aussagen als Hinweis darauf gesehen, dass andere Hersteller am amtierenden Weltmeister dran seien. Dabei könne es sich natürlich nur um Ducati handeln. "Es ist schon lustig, dass wir gerade erst den Testauftakt hinter uns haben und bereits über den Fahrermarkt sprechen", musste Ducati-Rennchef Paolo Ciabatti von GPone auf das Thema angesprochen schmunzeln. Er verwies aber auch auf die besonderen Rahmenbedingungen in dieser Saison, nach der alle MotoGP-Piloten ablösefrei verfügbar sind. "2016 ist natürlich ein außergewöhnliches Jahr, weil die Verträge aller Fahrer - unsere eingeschlossen - auslaufen."

Ducati wartet im Lorenzo-Poker ab

Ducati sei in diesem Kampf um die Fahrer aber nicht wirklich in einer aktiven Position, beteuert Ciabatti. Mit Yamaha und Honda würden die Dominatoren der letzten Jahre den Lauf des Transferkarussels bestimmen. "Yamaha und Honda versuchen jetzt, ihre Fahrer für nächste Saison zu finden. Es ist klar, dass wir unsere Strategie danach ausrichten müssen, auch wenn wir mit unseren zwei Andreas sehr zufrieden sind", erklärt er. Ciabatti lässt die Chance, einen Fahrer aus den Big-Four Rossi, Lorenzo, Marquez oder Pedrosa zu verpflichten, also durchaus offen. Er stellt aber deutlich fest, dass das alles, wenn überhaupt, nur Zukunftsmusik sei: "Natürlich müssen wir uns bald entscheiden. 'Bald' bedeutet für mich aber in der Zeit um den Jerez-GP. Im Moment kann ich klar dementieren, was geschrieben wurde. Wir haben kein Angebot für Jorge Lorenzo abgegeben."

Vorerst bleibt Ducati Dovizioso und Iannone treu, Foto: Ducati
Vorerst bleibt Ducati Dovizioso und Iannone treu, Foto: Ducati

Ducati-Interesse an Lorenzo vorhanden

Wie wohl jeder Rennleiter der MotoGP würde Ciabatti Lorenzo aber doch gerne einmal auf einer seiner Maschinen sehen: "Gigi Dall'Igna und ich halten sehr viel von Jorge. Dasselbe gilt auch für Marc Marquez. Im Moment verfolgen wir aber gerade andere wichtige Ziele. Die GP16 hat in Sepang erst ihr Debüt gefeiert und jetzt warten wir die Rückmeldungen der Testfahrten auf Phillip Island und in Katar ab." Viel wird dann wohl auch davon abhängen, wie sich die aktuellen Piloten Andrea Iannone und Andrea Dovizioso dort und in den ersten Saisonrennen schlagen. Dovizioso etwa war ja nach enttäuschenden Leistungen Ende 2015 massiv in die Kritik geraten. "Unsere beiden Piloten sind wirklich schnell. Man darf nicht Dovis Saisonstart im letzten Jahr vergessen", nimmt Ciabatti Dovizioso aber sofort in Schutz und ruft seine drei zweiten Plätze in Katar, Texas und Argentinien 2015 in Erinnerung. "Das ist keine politische Antwort von mir. Ich lüge nicht", verdeutlich Ciabatti.

Sollte dennoch einer der beiden Andreas Ducati verlassen, sei man nicht unbedingt auf Fahrer anderer Hersteller angewiesen. "Wir haben auch in unseren eigenen Reihen mit Danilo Petrucci und Scott Redding zwei junge und schnelle Fahrer. Sie werden bei Pramac Racing ihr Talent zeigen", ist Ciabatti überzeugt. Tatsächlich konnten beide Piloten bei den Testfahrten in Sepang bereits aufzeigen. Petrucci sorgte mit der Bestzeit an Tag zwei sogar für eine faustdicke Überraschung.

Kommt Petrucci statt Lorenzo ins Ducati-Werksteam?, Foto: Pramac
Kommt Petrucci statt Lorenzo ins Ducati-Werksteam?, Foto: Pramac

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Dementis soweit das Auge reicht, wenn die betroffenen Personen auf einen Deal zwischen Ducati und Jorge Lorenzo angesprochen werden. Gut, das muss nichts heißen. Im Moment dürfte es aber tatsächlich der Wahrheit entsprechen. Noch lässt sich nicht einmal das Kräfteverhältnis 2016 wirklich abschätzen, und das möchte jeder Pilot vor einem Wechsel genau kennen. Ein Abgang von Lorenzo bei Yamaha ist möglich, etwa wenn es zu einer erneuten Eskalation im internen Duell mit Valentino Rossi kommt. Noch sind es leere Gerüchte. Das könnte sich in den nächsten Wochen ändern. Und wenn nicht, dann eben im nächsten Jahr. Oder im nächsten. Oder im nächsten...(Markus Zörweg)