Die vielleicht aufregendste MotoGP-Saison der Geschichte liegt hinter uns, ein wohl aber ebenso spannendes Jahr steht bevor. Das neue Reglement mit Einheitselektronik und die neuen Reifen von Michelin könnten das Kräfteverhältnis der Königsklasse gehörig verschieben. Die MotoGP-Saison 2016 ist aber noch aus einem anderen Grund besonders interessant. Die Verträge aller 22 Piloten laufen mit Saisonende aus. In anderen Worten: Jeder Fahrer könnte 2017 in einem anderen Team an den Start gehen. Nach einer unspektakulären Transferperiode 2015 könnte in diesem Jahr also in der 'Silly Season' so richtig die Post abgehen. Das sind die wichtigsten Personalien:

Valentino Rossi

Verabschiedet sich Rossi 2016 endgültig aus der MotoGP?, Foto: Monster
Verabschiedet sich Rossi 2016 endgültig aus der MotoGP?, Foto: Monster

Beim Saisonstart in Katar 2016 ist Valentino Rossi 37 Jahre alt. Ein Lebensabschnitt, in dem auch der Doktor trotz seiner Erfolge im letzten Jahr langsam aber sicher mit dem Karriereende spekuliert. Daraus machte er bei der Präsentation der neuen Yamaha M1 auch gar keinen Hehl. "Ich werde mich bald entscheiden, ob ich noch Lust auf zwei weitere Jahre habe", meinte Rossi da. "Das hängt hauptsächlich davon ab, ob ich noch konkurrenzfähig bin. Ich glaube, nach spätestens drei bis vier Rennen werde ich eine Entscheidung treffen." Für den Fall eines Rücktritts Rossis, muss sich Yamaha auf die Suche nach einem neuen Piloten machen.

Motorsportchef Lin Jarvis graut schon vor der Gerüchteküche. "Ich werde am besten zu gar keinen Grands Prix gehen, dann kann ich den Spekulationen ausweichen", scherzte er. Auch Jarvis geht davon aus, dass sich das Transferkarussell bereits rund um den Europaauftakt in Jerez Ende April zu drehen beginnen wird. "Die Fahrer werden sich zuerst ansehen, welche Maschinen unter den neuen Rahmenbedingungen konkurrenzfähig sind. Dann werden die ersten Züge wohl nach drei bis vier Rennen gemacht werden."

Jorge Lorenzo

Lorenzo holte alle seine drei MotoGP-Titel auf Yamaha, Foto: Yamaha
Lorenzo holte alle seine drei MotoGP-Titel auf Yamaha, Foto: Yamaha

Der amtierende Weltmeister geht 2016 in seine neunte MotoGP-Saison, die neunte mit Yamaha. Lorenzo betonte in der jüngsten Vergangenheit mehrmals, nicht an einem Wechsel interessiert zu sein, zuletzt nach seinem Titelgewinn 2015 in Valencia. "Ich habe bei Yamaha immer eine Menge Rückendeckung und Unterstützung bekommen, auch als Valentino in den ersten Jahren die Nummer eins im Team war", lobt Lorenzo. "Ich möchte daher bei Yamaha meine Karriere beenden, ohne für einen anderen Hersteller gefahren zu sein." Das könnte sich aber freilich ändern, wenn Yamaha 2016 wider Erwarten nicht konkurrenzfähig ist und Ducati beispielsweise schon. Mit den Italienern wurde Lorenzo in der Vergangenheit schon mehrmals in Verbindung gebracht.

Marc Marquez

Auf ein weiteres Debakel mit Honda hat Marquez wohl keine Lust, Foto: Milagro
Auf ein weiteres Debakel mit Honda hat Marquez wohl keine Lust, Foto: Milagro

2015 erlebte Marc Marquez seine erste schwierige MotoGP-Saison, nachdem zuvor zwei Jahre lang alles nach Wunsch gelaufen war für den Youngster. Marquez war sichtlich frustriert über die von Honda völlig verpatzte Entwicklung der RC213V, gab sich aber dennoch immer loyal seinem Arbeitgeber gegenüber. Nun drohen Honda aber für die kommende Saison erneut ähnliche Probleme wie 2015, nämlich ein zu aggressives Motorrad. Ob Marquez nach vielleicht zwei Saisons zum Vergessen hintereinander die Nerven behält? Es darf zumindest bezweifelt werden.

Dani Pedrosa

Die Ära Pedrosa könnte bei Honda 2016 enden, Foto: Repsol
Die Ära Pedrosa könnte bei Honda 2016 enden, Foto: Repsol

Treue hat in der MotoGP einen Namen. Seit seinem Aufstieg in die Königsklasse 2006 fährt Dani Pedrosa ununterbrochen für das Repsol-Honda-Team, 2016 wird also seine elfte Saison im Werksteam sein. Zwischenzeitlich standen die Zeichen für Pedrosa bei Honda schon eher auf Abschied, doch mit seiner sportlichen Auferstehung in den letzten Rennen des Vorjahres zählt er nun wieder zum erweiterten Favoritenkreis auf den Weltmeistertitel 2016. Bisher blieb ihm ein Championat in der MotoGP ja noch verwehrt. Verpasst er den Titel aber erneut, ist durchaus auch ein Wechsel denkbar, sowohl freiwillig als auch gezwungenermaßen durch Honda. "Ich glaube, dass wir etwa zur Saisonhalbzeit eine Entscheidung bekanntgeben können", sagte HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto der spanischen 'Marca'. Als mögliche Alternative zu Honda erscheint für den 30-Jährigen Pedrosa KTM.

Pedrosas langjähriger Crewchief Mike Leitner fungiert bei den Österreichern als technischer Direktor, mit Red Bull teilen sich KTM und Pedrosa einen großen Sponsor. Außerdem befinden sich die MotoGP-Neueinsteiger 2017 natürlich noch auf Fahrersuche und Pedrosa würde gut in das Anforderungsprofil passen. "Mein Ziel wäre es, einen erfahrenen MotoGP-Fahrer und einen jungen, wilden Moto2-Fahrer unter Vertrag zu nehmen, um Routine und Tatendrang so zu kombinieren", erklärte Motorsportchef Pit Beirer im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Welche Rolle Pedrosa ausfüllen könnte, ist klar. Darüber hinaus wären die Informationen aus über einem Jahrzehnt bei Honda für KTM wohl Gold wert.

Andrea Iannone & Andrea Dovizioso

Iannone stieg 2015 zum Teamleader bei Ducati auf, Foto: Milagro
Iannone stieg 2015 zum Teamleader bei Ducati auf, Foto: Milagro

Sollte Ducati tatsächlich Jagd auf einen Piloten wie Jorge Lorenzo machen, müsste einer der beiden derzeitigen Werkspiloten weichen. In der aktuellen Situation wäre das wohl nicht Andrea Iannone. Er war einer der großen Aufsteiger der abgelaufenen Saison und ließ Routinier Andrea Dovizioso in der Gesamtwertung hinter sich. Für die beiden Italiener könnte die Saison 2016 im Fall eines Neuankömmlings 2017 also zu einem Ausscheidungsrennen werden, ansonsten scheinen ihre Plätze einigermaßen gesichert.

Aleix Espargaro & Maverick Vinales

Vinales könnte Suzuki abhanden kommen, Foto: Suzuki
Vinales könnte Suzuki abhanden kommen, Foto: Suzuki

Suzuki würde seine beiden Werkspiloten wohl sehr gerne über 2016 hinaus halten. Im Fall von Aleix Espargaro sollte das auch kein allzu großes Problem darstellen, doch Maverick Vinales soll auf der Einkaufsliste einiger anderer Hersteller stehen, darunter die Giganten Honda und Yamaha. Klar ist, dass Vinales über unglaubliches Talent verfügt und mit gerade einmal 21 Jahren ein echtes Versprechen für die Zukunft ist. Sollte einer der Big-Four-Piloten Honda oder Yamaha verlassen ist die Jagd auf Vinales wohl eröffnet und Suzuki wird große Mühe haben, den Youngster von einem Verbleib zu überzeugen, sowohl aus sportlicher als auch finanzieller Sicht.

Stefan Bradl & Alvaro Bautista

Bautista und Bradl kämpfen 2016 um einen Platz, Foto: Aprilia
Bautista und Bradl kämpfen 2016 um einen Platz, Foto: Aprilia

Besonders brisant gestaltet sich die Situation bei Aprilia. Sam Lowes war bereits für diese Saison als Pilot im Gespräch, wurde dann aber im Moto2-Team von Gresini geparkt und verfügt bereits über einen Vorvertrag bezüglich eines MotoGP-Werksplatzes für 2017. Damit ist klar, dass entweder Stefan Bradl oder Alvaro Bautista zum Saisonende 2016 die Segel bei Aprilia streichen müssen. Für die beiden derzeitigen Teamkollegen gilt es also, von den ersten Rennen an ordentlich Gas zu geben, will man am Ende nicht auf der Strecke bleiben.

Die anderen Piloten

Satellitenpiloten sind scharf auf die Werksplätze, Foto: Repsol Honda
Satellitenpiloten sind scharf auf die Werksplätze, Foto: Repsol Honda

Als heißester Anwärter auf einen frei werdenden Platz im Yamaha-Werksteam galt in den letzten Jahren Pol Espargaro, der über einen direkten Vertrag mit dem Hersteller verfügt. Doch der Moto2-Weltmeister von 2013 entwickelte sich nicht so, wie es sich die Chefetage vorstellte. "Pols Talent steht außer Zweifel, aber er muss sich dennoch steigern", stellt Yamaha-Motorsportchef Jarvis klar. "Er muss Resultate abliefern, wenn er in einem Spitzenteam fahren will."

Jarvis hielt auch fest, dass zumindest der Abgang eines Fahrers aus der aktuellen Tech-3-Paarung Espargaro und Smith sehr wahrscheinlich ist: "Wir werden 2017 wohl nicht mit beiden Fahrern bei Tech 3 weitermachen. Sie können wo anders hingehen oder, wenn sie herausragende Resultate erzielen, in das Werksteam aufsteigen." Aktuell dürfte Bradley Smith dafür auch ohne direkten Yamaha-Vertrag in einer besseren Position sein, beendete er doch 2015 als bester Satellitenpilot, deutlich vor Espargaro.

Ansonsten dürfen sich kaum aktuelle MotoGP-Piloten große Hoffnungen auf ein Werksmotorrad machen. Am ehesten bietet sich diese Chance wohl noch für Jack Miller, wenn er im Team von Marc VDS aufzeigen kann. Er verfügt, ähnlich wie Pol Espargaro bei Yamaha, über einen Vertrag direkt mit Hersteller Honda, könnte also im Fall eines frei werdenden Platzes bei Repsol Honda ins Werksteam aufsteigen. Zeigt Scott Redding im Ducati-Kundenteam von Pramac sein Potenzial, stehen wohl auch ihm viele Türen offen.

Mögliches Starterfeld der MotoGP-Saison

TeamMotorradFahreranzahl
Movistar YamahaYamaha2
Repsol HondaHonda2
Ducati TeamDucati2
Team SuzukiSuzuki2
Aprilia GresiniAprilia2
KTMKTM2
PramacDucati2
Tech 3Yamaha2
AvintiaDucati2
Marc VDSHonda2
AsparDucati2
LCR HondaHonda1
IodaRacingAprilia1
Gesamt:24