Schon am ersten offiziellen Tag der Saison 2016 zeigte Jorge Lorenzo, warum er als amtierender MotoGP-Weltmeister in ebendiese geht. Er führte fast den ganzen Tag über das Feld an, am Ende lagen 1,033 Sekunden zwischen ihm und seinem ersten Verfolger, Teamkollege Valentino Rossi. In der jüngst so ausgeglichenen MotoGP Dimensionen, wie man sie zuletzt in der Hochphase von Marc Marquez Anfang 2014 gesehen hatte. Er hatte damals ja die ersten zehn Saisonrennen in Serie gewonnen.

Von derartigen Leistungen Lorenzos darf man deshalb freilich noch nicht ausgehen, haben Testfahrten doch auch immer ihre eigenen Gesetze. Eine Kampfansage in Richtung der Konkurrenz und auch seiner Kritiker, die ihm trotz dreier MotoGP-Weltmeistertitel immer noch das Können eines Valentino Rossi oder Marc Marquez absprechen, war Lorenzos eindrucksvolle Bestzeit aber auf jeden Fall. "Ich bin wirklich glücklich und auch ziemlich überrascht, dass ich heute sofort so ein gutes Feeling mit den Michelin-Reifen hatte. Diese schnellen Rundenzeiten waren für mich ziemlich einfach zu erreichen. Bei jedem Run konnten wir etwas am Motorrad verbessern, beispielsweise die Elektronik besser verstehen oder das Motorrad an die Reifen anpassen", erklärt Lorenzo zufrieden.

Gerade ihm war in der Vergangenheit ja immer eine gewisse Schwäche nachgesagt worden, was die Anpassung an neue Gegebenheiten wie etwa Reifen angeht. Schon bei der offiziellen Präsentation der Yamaha M1 in Barcelona hatte Lorenzo aber gerade das als eine seiner Stärken genannt und behält zumindest vorerst recht mit seiner Einschätzung.

Lorenzo nicht fit

Umso beeindruckender wird Lorenzos gewaltiger Abstand, wenn man die Rahmenbedingungen kennt. "Sepang ist für mich immer eine schwierige Strecke", stellt der Titelverteidiger vorweg fest. Tatsächlich konnte er in Malaysia seit seinem Aufstieg in die Königsklasse 2008 kein einziges Rennen gewinnen. Hinzu kamen am Montag physische Beschwerden: "Ich habe in der Nacht wegen des Jetlags nur zwei Stunden geschlafen. Außerdem habe ich Halsschmerzen und muss Antibiotika nehmen. Meine körperliche Verfassung ist also nicht ideal." Lorenzo räumt ein, dass das bei der Jagd nach einer Bestzeit aber nicht so schlimm sei. "Für zwei bis drei schnelle Runden am Stück reicht es. Wenn ich gesund wäre, könnte ich natürlich längere Stints fahren."

Mit 37 abgespulten Runden lag Lorenzo am Ende des Tages dann auch nur auf dem fünftletzten Platz, Teamkollege Rossi spulte 18 Umläufe mehr ab. Dass er dennoch so weit zurücklag, schmeckte Rossi logischerweise gar nicht. "Die Lücke zu Jorge ist zu groß. Er hat einen viel besseren Rhythmus gefunden", musste der Vizeweltmeister von 2015 eingestehen. "Es ist erst Tag eins und abgerechnet wird am Mittwoch, aber wir haben auf jeden Fall viel Arbeit vor uns."

Das gilt nicht nur für Valentino Rossi, sondern den gesamten Rest des Feldes. Denn nach Tag eins der Wintertestsaison heißt der Mann, den es zu schlagen gilt, Jorge Lorenzo.