Cadillac hat für sein erstes Jahr in der Formel 1 2026 zwei 35-jährige Veteranen mit je über 200 Grands Prix an Land ziehen können. Bei Valtteri Bottas und Sergio Perez stellt sich zwingend die Frage: Warum machen sie das? Denn die Umstände könnten bedeuten, dass sie hier selbst bei bestmöglicher Vorbereitung die letzten guten Jahre in einem Horror-Szenario stecken bleiben.

Ein Formel-1-Team von Grund auf aufzubauen ist schließlich schwer. Genau das tut Cadillac de facto aber. Klar, man ist Werksteam des Automobil-Giganten General Motors, hat viele erfahrene Ingenieure eingekauft, Teamchef Graeme Lowdon war jahrelang im Paddock unterwegs, und zumindest die Power Unit ist für die ersten Jahre noch ein Ferrari-Kundenmotor. Aber das macht es nicht wirklich einfacher.

Der letzte Komplett-Neueinstieg war 2016 Haas - und das war auf einem ganz anderen Level. Haas stellte eine verhältnismäßig kleine Operation auf die Beine und kaufte alles, was die Regeln erlaubten, von Ferrari zu. Das ist nicht der Anspruch eines Werksteams wie Cadillac. So war Lowdon seit Monaten ehrlich: Wahrscheinlich wird das Team 2026 am Ende des Feldes verbringen.

Perez und Bottas werden so Aufbauarbeit leisten müssen, voraussichtlich ohne große Erfolge davon zu Gesicht zu bekommen. Ob sie die Früchte je ernten werden, ist fraglich. Die Karriere könnte davor vorbei sein. "Ich weiß, dass Rennfahrer verzweifelt werden können", gesteht Perez. "Es sagt sich leicht, aber wenn du 24 Rennen hinterherfährst, kann die Verzweiflung kommen."

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Bottas sieht es ähnlich. Für ihn kommen Erinnerungen an 2022 hoch, als er vom Sieganwärter Mercedes zum Mittelfeldler Sauber wechselte: "Ich musste meine Ziele neu setzen. Diesen Prozess habe ich gewissermaßen schon getan. Denn hier war Graeme von Anfang an sehr klar dabei, dass es kein leichtes erstes Jahr werden wird. Es wird schwierig. Dafür habe ich unterschrieben. Ich weiß, was ich zu erwarten habe."

Perez und Bottas zum Cadillac-Plan: Pokale sind irrelevant

"Wenn du dich mental darauf auf das Schlimmste einstellst, dann ist das besser, denn egal was du erreichst, es wird positiv sein", hat Bottas sich schon einen Plan zurechtgelegt. Er weiß: "Ich will einfach mitmachen, mir die Hände schmutzig machen. Wenn Fortschritte und Erfolge kommen, dann ist das der Auslöser für mich. Das gibt mir den Lohn. Es geht nur darum, die Erwartungen zu managen."

"Für mich ist an diesem Punkt in der Karriere ein Pokal mehr oder weniger irrelevant", glaubt auch Perez. "Ich will Spaß haben, aber auch jedes Wochenende mein Bestes geben. Wenn ich das 24 Wochenenden lang schaffe, dann bin ich recht happy. Cadillac ist für mich da eine einzigartige Chance. Nur wenige Leute waren in der Geschichte der Formel 1 ein Teil eines neuen Teams mit dieser Struktur und diesem Rückhalt. Das ist aufregend."

Fragen wie nach einer Nummer eins sind beiden völlig egal. "Wir müssen uns nichts beweisen, ich respektiere Checo und er mich", meint Bottas. Perez ergänzt: "Valtteri und ich sind gute gegenseitige Referenzen, und uns geht es beiden darum, wie schnell wir dieses Projekt gemeinsam vorwärtsbringen, wie schnell wir alle integrieren. Ich hoffe wirklich, dass wir noch viele Erfolge bei Cadillac haben, in unseren verbleibenden Jahren. Dass wir die gemeinsam genießen können."

Bottas und Perez: Cadillac perfektes Projekt für Formel-1-Karriereende

Ultimativ sind beide Fahrer mehrfache Sieger und Vizemeister. Cadillac ist eine ganz andere Herausforderung, aber eine, die man nicht verpassen möchte. "Die ersten Gespräche mit Graeme über diese Chance hatten wir schon vor über zwei Jahren", erinnert sich Bottas. Er hatte einst auch bei Sauber mit der Erwartung unterschrieben, beim Umbau des Teams zu helfen. Dort waren die Pläne in den letzten Jahren jedoch mehrfach geändert worden.

Cadillac von Grund auf zu kreieren ist aber noch eine Stufe darüber: "Zu Jahresbeginn war mir klar, dass ich das will. Ich will Teil dieser tollen Marke sein, dieses, sagen wir mal, Formel-1-Start-Ups, aber mit einer tollen Struktur und großen Ziele. Jetzt bin ich hier, um zusammen mit Checo alles für dieses Team zu geben."

Für Perez lief es anders, war er doch bis Ende letzten Jahres noch bei Red Bull beschäftigt: "Ich will zurück dazu, Spaß zu haben. Und dieses Projekt bringt den Spaß zurück, weil ich meine jahrelange Erfahrung bei den vielen unterschiedlichen Teams reinstecken kann, um diesem Team beim Besserwerden zu helfen. Wir wollen natürlich so schnell wie möglich vorwärtskommen. Wir wissen, Zeit ist nicht auf unserer Seite, aber wer weiß, eine Überraschung ist immer möglich."