Sergio Perez und Valtteri Bottas werden das brandneue Formel-1-Team von Cadillac bei seinem Debüt 2026 anführen. Eine Fahrerwahl entgegen besseren Wissens? Beide standen in den letzten Jahren wiederholt für ihre Leistungen in der Kritik. Besonders Perez, dessen nicht enden wollende Schwächephase in einer Entlassung von Red Bull mündete. Cadillac gesteht: Das hat Sorgen gemacht.

Perez und Bottas waren die zwei offensichtlichen Optionen auf dem Formel-1-Fahrermarkt. Das war von Anfang an klar. Erfahrene F1-Sieger mit über 200 Starts gibt es nicht viele. Aber die letzten Jahre verlangten nach sorgfältigen Nachforschungen. Dan Towriss, CEO des hinter dem Cadillac-F1-Team stehenden Unternehmens TWG Motorsports, und seine Kollegen aus dem Management stellten daraufhin Nachforschungen an. Auch bei den Teams.

Erster Faktor: Sind die Fahrer noch bereit, sich mit 35 Jahren in eine brutale F1-Saison mit einem Team zu stürzen, das überhaupt erst aufgebaut werden muss? Bei Bottas schien das klarer, schließlich ist er aktuell Mercedes-Ersatzfahrer. "Jede Woche an der Strecke", meint Towriss gegenüber 'Racer'. Perez hingegen ist 2025 arbeitslos. "Also war es für uns wichtig herauszufinden, wo Sergio in Sachen Wille zum F1-Comeback steht, und in Sachen Glaube an unser Projekt."

"Ich schätze, in unseren Treffen hat er überperformt", zeigt sich Towriss diesbezüglich begeistert. "Man kann sagen, dass wir Fragen hatten, dass wir bei gewissen Dingen skeptisch waren, und er hat alle unsere Fragen beantwortet, alle unsere Tests erfolgreich abgeschlossen."

Cadillac forscht bei Red Bull nach: Was war da los mit Sergio Perez?

Towriss und Kollegen gingen aber noch weiter. "Wir haben viel Zeit mit der Vergangenheit verbracht. In welchem Zustand die Welt bei Sauber war und wie Valtteri mit diesem Auto abgeliefert hat, wie die Qualifying-Performance im Vergleich zur Renn-Performance aussah." Bottas hatte schließlich im Vorjahr seinen Teamkollegen Zhou Guanyu etwa im Qualifying 25 zu 4 ausqualifiziert. Dass Zhou Saubers einzige Punkte holte, da war auch viel Pech von Bottas dabei.

Schlacht im F1-Mittelfeld, Danner: Überraschungssieger Sauber (06:58 Min.)

"Das kompliziertere Szenario war Red Bull", räumt Towriss auch hier ein. "Das war eine interessante Saga. Ein Team mit zwei Fahrer, das aber nur um einen herum aufgebaut ist. Und es ist ganz klar, dass die anderen Fahrer in diesem zweiten Sitz auch nicht gut ausgesehen haben." Perez war im Vorjahr WM-Achter mit 152 Punkten geworden. 2025 haben alle Fahrer im zweiten Red Bull nach 14 Rennen erst 7 Punkte gesammelt.

"Wir haben uns viel Zeit genommen, um mit den Leuten bei Red Bull zu sprechen und Informationen einzuholen", ergänzt Towriss. "Der Prozess war lange und gründlich. Und noch einmal, nach alldem fühlen wir uns mit Checo gut. Bezüglich seines Willens, in der Formel 1 zu sein, ein Statement zu liefern, Leistung zu zeigen und diese letzte Saison bei Red Bull abzuhaken."

Cadillac gibt Rookie-Idee zugunsten von Bottas und Perez auf

Die überzeugenden Vorstellungen von Bottas und Perez ließen Cadillac im Laufe der letzten Monate von der Idee abrücken, zumindest einen Sitz mit einem jüngeren Fahrer zu besetzen. Für die Analysen hatte das Team eine Arbeitsgruppe zusammengestellt, angeführt von Towriss, von Teamchef Graeme Lowdon, von Berater und F1-Urgestein Pat Symonds und mit zusätzlicher Unterstützung von ganz oben im Konzern durch General-Motors-Präsident Mark Reuss.

"Letztendlich lief die finale Entscheidung auf eine Konversation zwischen Mark und mir hinaus", meint Towriss. "Ich glaube, wir beide sind da raus und stimmten absolut darin überein, dass das unsere zwei Fahrer für 2026 sind." Über den ganzen Prozess war dem Team nämlich nur immer klarer geworden, wie immens wertvoll die Erfahrung von Bottas und Perez sein würde.

Zwar hat sich Cadillac seit Monaten bemüht, erfahrenes Personal ins Team zu locken: "Aber trotz aller Erfahrung arbeiten alle zum ersten Mal zusammen und da ist, denke ich, die Erfahrung, die diese zwei Fahrer bringen, wirklich das Wichtigste." Beispielsweise wird das Team 2025 höchstens mit einer Rumpfbelegschaft ein paar Privattests mit einem alten Auto eines anderen Teams fahren können. Die operative Seite ist völlig neu aufgebaut.

Da hilft es, wenn alle, inklusive beider Fahrer, zumindest in Grundzügen alle Handgriffe kennen. "Mit der technischen Entwicklung, mit dem Team, dem Auto, dem Motor und allen erfahrenen Leuten, die diese Strecken kennen, da kannst du bis zu einem gewissen Grad alles simulieren, aber die Limits ihrer Fähigkeiten zu finden, das ist eine sehr menschliche Angelegenheit."

US-Team Cadillac muss auf Amerikaner in der Formel 1 verzichten

"Letztendlich war es die Erfahrung und die Führungsstärke dieser zwei Individuen, wodurch sie den Rest überragt haben", so Towriss. Kommerzielle Hintergründe habe die Entscheidung keine, auch wenn Bottas und Perez hier keine Schlechten sind: "Wir verkaufen viele Autos in Mexiko, also ist die Präsenz von General Motors dort komplementär. Die Fans dort sind enthusiastisch. Aber das war nicht wirklich ein Faktor."

Die Hoffnung, einen Amerikaner im US-Team zu haben, musste man dafür ganz aufgeben. F2-Pilot Jak Crawford ist eben jemand mit nur sehr wenig Erfahrung. Andere Kandidaten aus dem IndyCar-Umfeld haben nicht einmal eine F1-Superlizenz. "Es ist wichtig für uns, einen Weg für einen US-Fahrer in die Formel 1 zu schaffen", unterstreicht Towriss. "Aber für diese erste Saison ist das, was diese beiden Fahrer bringen, denke ich die richtige Kombination für unser Team."