Nach 26 Jahren ist McLaren wieder die Messlatte in der Formel 1. Nach dem Konstrukteurstitel 2024 ist der Mannschaft aus Woking dieses Jahr wohl weder der Konstrukteurs- noch der Fahrertitel zu nehmen. Die Rückkehr auf die Erfolgsspur hat McLaren nicht zuletzt diesen Köpfen zu verdanken:

Andrea Stella - McLarens Nordstern

Vom Ingenieur zum Teamchef - für Außenstehende ein riesiger Schritt, für Andrea Stella hingegen nur eine Frage des Verantwortungsbereichs. "Damals wie heute jage ich die Rundenzeit - als Teamchef nur in größerem Maßstab", sagt der 54-Jährige. Stella gilt als unermüdlicher Arbeiter und fordert das auch von seiner Mannschaft. "Er führt durch Vorbild", betont Zak Brown. Dass nach dem Fehlstart 2023 jeder Entwicklungsschritt bei McLaren saß, ist Stellas Verdienst. "Ich arbeite nicht nach Zielvorgaben oder Erwartungen, sondern nach einem Prozess, indem ich den richtigen Ansatz und die richtige Vision ermittle."

Seine Schule erhielt Stella bei Ferrari, wo er 2000 nach dem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik als Ingenieur begann. Als Performance- und später Renningenieur trug er zu den Erfolgen von Michael Schumacher (2002–2006), Kimi Räikkönen (2007–2009) und Fernando Alonso (2010–2014) bei. Mit Alonso verbindet Stella einige seiner emotionalsten Karriere-Momente wie der Sieg in Sepang 2012, als Stella über Funk schluchzte: "Das ist eines der schönsten [Momente] überhaupt. Wir sind so stolz auf dich [...]."

Den Gegenpol erlebte er 2010 in Abu Dhabi, als Alonso 40 Runden hinter Vitaly Petrov feststeckte und den Titel an Sebastian Vettel verlor. "Bis heute der schmerzhafteste Tag meiner ganzen F1-Karriere." 2014 folgte Stella Alonso zu McLaren, übernahm zunächst die Fahrzeugentwicklung, wurde 2018 Performance Director und 2020 Renndirektor. Im Dezember 2022 trat er die Nachfolge von Andreas Seidl als Teamchef an – am liebsten mit einem lauwarmen Cappuccino, mit ganz wenig Espresso, in der Hand.

Andrea Stella und Zak Brown feiern im McLaren-Kommandostand den Sieg von Oscar Piastri
Zak Brown und Andreas Stella brachten McLaren zurück in die Erfolgsspur, Foto: McLaren

Zak Brown - McLarens emotionaler Antreiber

Kurios: Bekannt wurde Andrea Stella 2012 durch seinen emotionalen Funkspruch an Fernando Alonso - heute gilt er im McLaren-Führungsgespann als der Ruhige. Den Part des Lauten und Leidenschaftlichen übernimmt CEO Zak Brown. "Meine Arbeitsmoral wurde schon immer von Spaß und Leidenschaft angetrieben", sagt der US-Amerikaner. Als Lando Norris in Miami im 110. Anlauf seinen ersten Sieg feierte, flippte Brown am Kommandostand völlig aus, und ließ sich den Streckenverlauf auf den Oberarm tätowieren.

Es war bereits sein zweites Tattoo: Das erste kam nach Daniel Ricciardos Monza-Sieg 2021, der McLarens 3213 Tage andauernde Siegesdurststrecke beendete. "Ich bin eben ein echter Racer", betont Brown. Das unterstreicht auch seine legendäre Autosammlung, darunter der McLaren MP4/6, der Lotus 79, Carlos Sainz’ Ford Escort WRC sowie die WM-Karts seiner McLaren-Lieblingsfahrer Ayrton Senna und Mika Häkkinen. "Die Karts sind fahrbereit, aber leider passe ich nicht hinein", lacht Brown, der vor seiner McLaren-Zeit zehn Jahre lang professionell Rennen fuhr.

Nach seinem Amtsantritt erkannte er schnell die Probleme im Team, vor allem die unklare Führungsstruktur. "Wir hatten zu viele Chefs in der Küche. Es passierte sehr viel, auch zwischen den Teilhabern, gleichzeitig fehlte es an klarer Führung. Heute ist die Struktur viel klarer, und einer hat das Sagen [der Teamchef, Anm. der Red.]." Brown selbst konzentriert sich auf das, was er am besten kann: die besten Leute zu McLaren holen und ihnen die nötigen Ressourcen geben. Seinen Führungsstil beschreibt der 53-Jährige als Mischung aus Diplomatie und No-Bullshit.

Norris vs. Piastri - Danner: Müssen mit Crash rechnen! (06:21 Min.)

Technik-Dreamteam als Erfolgsrezept

Ein entscheidender Faktor für den aktuellen McLaren-Erfolg war Stellas Aufräumaktion in der Technikabteilung. Statt eines einzelnen Technikchefs tragen vier Personen die Verantwortung – ein für die F1 ungewöhnlicher, aber für McLaren erfolgreicher Ansatz. "McLaren hatte schon immer gute Leute", betont Neil Houldey, Technikdirektor Engineering. "Doch Andrea hat eine leistungsorientierte Kultur etabliert und den Zusammenhalt gestärkt - das war der entscheidende Unterschied." Houldey arbeitet eng mit Chefdesigner Rob Marshall zusammen, der Red Bull nach 17 Jahren in Richtung McLaren verließ.

"Wir beide haben unterschiedliche Stärken und Interessen. Das ergänzt sich hervorragend. Wenn Rob etwas nicht abdeckt, dann tue ich das und umgekehrt ", sagt Houldey. Marshall, seit 1994 in der Königsklasse aktiv (Benetton, Renault, Red Bull), war maßgeblich an Sebastian Vettels vier WM-Titeln beteiligt. "Jeder schätzt seine Erfahrung, und dass er auch mal selbst unter das Auto liegt. Das haben wir vorher vermisst", sagt Stella. Marshall traf bei McLaren auf einen alten Bekannten: Peter Prodromou. Der Technikdirektor Aerodynamik gehört zu den dienstältesten McLaren-Mitarbeitern - mit einer kurzen Red Bull-Unterbrechung zwischen 2010 und 2013.

Prodromou gilt als zentraler Architekt des Leistungssprungs bei McLaren. "Aerodynamik ist eine genaue Wissenschaft. Der schwierige Teil besteht darin, die Wissenschaft zu verstehen", so Prodomou. Mark Temple komplettiert das Technik-Quartett. Der langjährige McLaren-Ingenieur war unter anderem Renningenieur von Lewis Hamilton, Sergio Pérez, Kevin Magnussen und Fernando Alonso. 2019 gründete er das Car, Driver and Competitor Performance Team, das Fahrzeug-, Reifen-, Bremsen- und Fahrerleistung im Vergleich zur Konkurrenz analysiert. Seit 2024 ist Temple Technikdirektor Performance.

Konstrukteurswertung seit 2015: So lief es für McLaren

Jahr Platzierung Punkte Punkterückstand WM-Leader
2025 (Stand August 2025) 1 559
2024 1 666
2023 4 302 558
2022 5 159 600
2021 4 275 338,5
2020 3 202 371
2019 4 145 594
2018 6 62 593
2017 9 30 638
2016 6 76 689
2015 9 27 676