Nach dem späten Safety Car kochten in den letzten sechs Runden des Spanien-GPs die Emotionen hoch. Besonders zwischen zwei alten Streithähnen. Max Verstappen verpasste George Russell in Runde 64 von 66 schließlich einen Rammstoß - eine Aktion, von der Russell irgendwie völlig baff ist, aber dann doch wieder nicht. In der Formel 1 sieht er keinen anderen Fahrer, der so etwas tun würde.
Der Zwischenfall war ein mehrteiliger. Erst hatte Verstappen in Runde 61 beim Restart nach einem späten Safety Car schon hin zur ersten Kurve seinen dritten Platz an Charles Leclerc verloren, weil der Red Bull als einziger auf dem harten Reifen unterwegs war. Auf der Bremse drängelte sich in der Kurve dann auch Russell daneben. Verstappen musste die Lenkung aufmachen und die Schikane abkürzen.
George Russell baff: Was denkt ein Max Verstappen eigentlich?
Um eine Strafe zu vermeiden, wies das Team Verstappen in Runde 64 daraufhin an, Russell den vierten Platz zu übergeben. Das schien er hin zu Kurve fünf auch zu machen - aber dann fuhr er geradeaus. Und in Russell rein. "Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung", ist Russell nach dem Rennen baff. "Es war für euch alle wohl so überraschend wie für mich. Ich habe keine Ahnung, was er sich dabei gedacht hat."
Verstappen übergab einige Kurven später dann ohne Kollision den vierten Platz an Russell. Kurz darauf kassierte er für die Kollision noch zehn Strafsekunden und wurde daher nur als Zehnter gewertet. In Russells Augen kam er damit noch glimpflich davon: "Ich muss es mir noch einmal anschauen. Wenn es wirklich Absicht war, dann absolut. Du kannst nicht absichtlich in andere Fahrer reinfahren."
Für ihn war es mindestens fragwürdig: "Es fühlte sich ehrlich gesagt ziemlich absichtlich an." Dann könnte er sich sogar eine Disqualifikation per schwarzer Flagge vorstellen: "Zum Glück sind die Autos heute so sicher, aber das sollten wir nicht als gegeben hinnehmen. Natürlich müssen die Stewards einschätzen, ob es Absicht war, aber wenn sie so denken, dann müssten sie einen harten Präzedenzfall schaffen."
Russell kanzelt Verstappen ab: Sonst gibt es das nur in der Formel E
"Aber letztendlich stört mich das nicht wirklich, es ist sein Problem, nicht meines", so Russell. Er kann nach P4 leicht lachen - nur fragt er sich, warum Verstappen das nötig hat. Für ihn gibt es in der Formel 1 keinen anderen Fahrer, von dem er so ein Manöver erwarten würde: "Nicht in der Formel 1. Vielleicht in der Formel E. Da gibt es einen britischen Fahrer." Damit spielt er wohl auf den kontroversen Formel-E-Piloten Dan Ticktum an, der vor Jahren sogar für einen absichtlichen Unfall zwei Jahre gesperrt worden war.
"Schade, dass es immer wieder passiert, es ist so unnötig und ihm bringt es nie was", findet Russell. "Das habe ich schon so oft in Simracing und in iRacing [ein Simulations-Videospiel] gesehen. Noch nie in einem Formel-1-Rennen. Das war mal was Neues. Richtig schade. Max ist einer der besten Fahrer der Welt, aber solche Manöver sind sowas von unnötig und werden ihm nicht gerecht. Schade für die ganzen Kinder, die zu uns aufschauen und Formel-1-Fahrer werden wollen."
"Es war einfach alles seltsam und bizarr", wüsste Russell nur zu gerne, was in Verstappens Kopf vorgeht. "Es macht kaum Sinn, absichtlich jemandem reinzufahren und einen Schaden oder eine Strafe zu riskieren. Er hätte zurückkommen und um das Podium kämpfen können." Charles Leclerc hatte vorne auf P3 seine Reifen beim Restart überfahren und brach auf den letzten Runden ein. Verstappen hätte mit seinen Hard eventuell noch zurückschlagen können.
"Sicher, er war frustriert, auf dem Hard-Reifen zu sein und anfangs Plätze verloren zu haben, aber trotzdem - es waren noch fünf Runden", überlegt Russell. "Aber mir wird das nicht den Schlaf rauben." Er hat seinen vierten Platz in Spanien sicher. Wird er eine Aussprache suchen? "Nicht wirklich. Überrascht es euch? So fährt Max Rennen. Er war P4, ich P5. Ich holte P4, er P10. Ich bin ins Ziel gekommen, er hat seinem Team viele Punkte gekostet. Da braucht es kein Gespräch."
Wenngleich die Stewards letztendlich urteilten, dass Verstappen den Platz gar nie an Russell hätte zurückgeben müssen. Russell hatte auf der Bremse die Kontrolle verloren, nur deshalb hatte Verstappen in den Augen der Stewards ausweichen müssen. Aber Red Bull hatte proaktiv agiert und wollte es gar nicht auf die Strafe ankommen lassen. Eine eigentlich vorsichtige Entscheidung mit schweren Folgen.
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