Oliver Bearman sorgte beim Formel-1-Qualifying in Monaco für eine ungewöhnliche Aktion. Wenige Meter bevor er auf seiner letzten schnellen Runde in Q1 über die Ziellinie fuhr, ging der Haas-Pilot auf Anweisung seines Renn-Ingenieurs plötzlich vom Gas. Bearman war bis dahin klar auf Verbesserung unterwegs, hatte in Sektor 1 und Sektor 2 jeweils drei Zehntelsekunden auf seine persönlich schnellste Runde gutgemacht und wäre mit einem halbwegs guten letzten Sektor locker in Q2 aufgestiegen.
Doch dann kam die Anweisung und Bearman leistete dieser Folge. Eine persönliche Bestzeit brachte er trotzdem über die Linie, diese war aber eine Zehntelsekunde zu langsam. Wieso wollte Haas seinen eigenen Formel-1-Fahrer also nicht im nächsten Qualifying-Abschnitt sehen?
Nach Strafe: Haas opfert Oliver Bearman für Esteban Ocon
Tatsächlich ist der Grund dafür am Freitag versteckt. Denn am Trainingstag in Monaco hatte der Rookie eine Strafe erhalten, da er unter Rot Carlos Sainz überholt hatte. Zehn Startplätze muss er im Vergleich zum Qualifying-Ergebnis nach hinten. In der Qualifikation ging es bei ihm also sowieso nur unter dem Vorbehalt um etwas, dass er in Q3 vordringen müsste und dort mindestens einen Fahrer hinter sich lassen würde. Ein schwieriges Unterfangen.
Auf der anderen Seite stand Bearmans Teamkollege Esteban Ocon, dessen Q2-Einzug noch alles andere als sicher war. Die Zeit von Ocon hätte der 20-Jährige mit hoher Wahrscheinlichkeit unterboten. "Ich wollte nicht auf Kosten der falschen Person in Q2 kommen. Falls ich meinen Teamkollege rausgeworfen hätte, wäre das ein Desaster gewesen", erklärte Bearman nach dem Qualifying.
Aus einem ähnlichen Grund hatte er die Qualifikation überhaupt in Angriff genommen. Denn falls die Gemengelage eine andere gewesen wäre, hätte Bearman möglicherweise das Zünglein an der Waage spielen können. "Das Ziel war es, in Q2 zu kommen und dabei einen Konkurrenten hinauszuwerfen", so Bearman.
Rechenspiele: Hat Haas Startplatz 19 verschenkt?
Letztendlich wäre sein Beitrag am Aufstieg von Esteban Ocon in Q2 aber nicht nötig gewesen, denn der Franzose sicherte sich P13 und zog schließlich sogar in Q3 ein, wo er auf den achten Rang fuhr. Wie sich später herausstellen sollte, hätte Bearman aber durchaus realistisch seine Startposition verbessern können. Wäre er auf P12 gefahren, hätte ihm das immerhin den vorletzten Startrang vor Lance Stroll eingebracht. Da der Haas etwas überraschend sogar Q3-fähig war, wäre sogar noch ein bisschen mehr drin gewesen. Aber im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer.
So konnte Bearman wenigstens aus Q1 mitnehmen, dass er ein gutes Fahrgefühl aufbauen kann. Der VF-24 habe sich "wie auf Schienen angefühlt", so der F2-Aufsteiger. Nach den eher durchwachsenen bisherigen Ergebnisse in Monaco und beim letzten Rennwochenende in Imola sicher ein willkommener Stimmungsboost.
Für Ocon ist Startplatz 8 weit mehr als das. Der WM-Neunte kann sich berechtigte Hoffnungen auf seine ersten Punkte seit dem Bahrain-GP machen und bejubelte den gelungenen Qualifying-Auftritt: "Ich habe in meiner Karriere drei gute Qualifying-Runden in Monaco hingelegt, das war eine davon", sagte der Dritte des Monaco-GPs 2023, der immerhin schon sechsmal in der Formel 1 im Fürstentum am Start stand. Wie wird das Rennen für Bearman und Ocon? Den ganzen GP gibt es heute hier live im F1-Liveticker



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