"Mein Gott, mein Gott, mein Gott." Der Funkspruch von Charles Leclerc nach seinem Aus in Q2 beim Heimrennen in Imola macht deutlich: Bei Ferrari läuft etwas gewaltig schief. Dass die Katastrophe am Rennsonntag mit den Plätzen 4 und 6 abgewendet werden konnte, lag daran, dass der SF-25 eine deutlich bessere Pace auf die Distanz zeigt als auf eine schnelle Runde. Das Problem zeigte sich bereits gegen Ende der Vorjahressaison und ist mittlerweile noch extremer.

Für Formel 1-Experte Christian Danner liegt das Problem an der Vorderradaufhängung. Ferrari wechselte über den Winter das Konzept von Pushrods auf Pullrods. "Das hat dazu geführt, dass jetzt die Vorderachse und die Hinterachse nicht mehr so richtig zusammenpassen. Das führt wiederum zu Reifenproblemen, speziell wenn es auf eine Runde geht. Wenn sich das Ganze über die Distanz irgendwie eingependelt hat, dann nivelliert sich das", erklärte Christian Danner. Die Grafik mit dem Q2-Rundenverlauf in Imola verdeutlicht die Ferrari-Probleme:

Ferrari: Brodelt es intern?

Der frühere F1-Pilot vermutet einen Designfehler am SF-25 und ist gespannt, wie die nächsten Entwicklungsschritte bei Ferrari aussehen werden. Immerhin befindet sich das aktuelle Reglement in seinem letzten Jahr, ab 2026 wird das Design der Autos völlig anders aussehen. "Ich glaube schon, dass Ferrari ein größeres Problem hat. Ich bin gespannt, ob und wie weit sie etwas an den fundamentalen Dingen der Radaufhängung ändern oder ob sie vielleicht sogar einen Schritt zurück machen", meinte Danner.

De facto hatte Ferrari nach dem ersten Saisonviertel 2024 einen Doppelsieg und acht Podestplätze vorzuweisen – und die starke Phase der Scuderia stand noch bevor. 2025 stehen nach dem ersten Saisonviertel lediglich ein Sprintsieg und ein dritter Platz zu Buche. "Ich glaube schon, dass es intern bei Ferrari ein bisschen brodelt, immerhin hat Fred Vasseur Loic Serra als technischen Direktor geholt und Serra wollte unbedingt eine andere Radaufhängung", so Danner.

Williams vor Ferrari? Danner: Vasseur ist knallhart angezählt! (33:16 Min.)

Danner: Fred Vasseur ist angezählt

Für ihn steht außer Frage, dass Vasseur von den Tifosi, den italienischen Medien und dem Ferrari-Management als Ferrari-Teamchef angezählt ist. Statt Erklärungen müsse der Franzose endlich Ergebnisse liefern. "Die sagen nur: Du hast bekommen, was du haben wolltest und das, was wir sehen, respektive nicht sehen, ist die Performance. Ich glaube schon, dass Fred da einen ersten Arrivabene-Gegenwind [Maurizio Arrivabene, Ferrari-Teamchef von 2014-2019; Anm. der Red.] spürt", sagte Danner.

Allerdings stellt er in Frage, ob es wirklich der Schlüssel zum Ferrari-Erfolg wäre, Vasseur zu feuern. Der Franzose ist der 24. Teamchef in der Geschichte der Scuderia, doch keiner seiner Vorgänger (Mattia Binotto, Maurizio Arrivabene, Marco Mattiacci, Stefano Domenicali) kam annähernd an die Erfolge aus der Ära Jean Todt/Ross Brawn/Michael Schumacher heran.

Die beiden Ferrari Charles Leclerc und Lewis Hamilton vor Alexander Albon im Williams
Williams im Kampf mit Ferrari, Foto: IMAGO / HochZwei

Ist Williams bald besser als Ferrari?

So mancher Formel-1-Fan stellte sich nach dem Emilia-Romagna Grand Prix sogar die Frage, ob Ferrari performancetechnisch sogar Underdog Williams fürchten muss. In Imola fuhren Alex Albon und Carlos Sainz zum dritten Mal in Folge in die Top-10. Der britische Traditionsrennstall hat seine triste Vergangenheit hinter sich gelassen und ärgert zunehmend die Top-Teams wie zuletzt Ferrari in der Schlussphase des Rennens in Imola.

Dass es auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari zwischen Albon und Leclerc eng zur Sache ging, schreibt Danner weniger der starken Williams-Performance als den Ferrari-Patzern im Qualifying und bei Leclercs Rennstrategie zu. "Ich glaube, Ferrari ist nach wie vor Williams - ich sage jetzt mal, ein bisschen vor Williams. Sie haben offensichtlich den Anschluss gefunden, zumindest an die Spitze der Verfolger. Williams bereitet einem viel Freude. Es war toll, dort an der Box vorbeizulaufen und in den Gesichtern zu sehen, dass man wieder wer ist", meinte Danner.