Der Freitag in Imola war an der Spitze der Formel 1 ein Synchronlaufen von Oscar Piastri und Lando Norris. Beide Trainings beendete das McLaren-Duo in dieser Reihenfolge an der Spitze, im 2. Training wuchs der Vorsprung auch noch. Doch ausgerechnet der kranke und am Funk jammernde Charles Leclerc sorgt in der Trainings-Analyse für eine Überraschung. Nur - was nützt sie?

Wer auf Leclercs bisheriges Imola-Wochenende blickt, der hätte ihn sicher nicht zum ersten McLaren-Jäger erklärt. In FP1 fehlte ihm über eine halbe Sekunde auf Piastri, in FP2 noch immer 0,475 Sekunden. Obendrauf war Leclerc die ganze Woche krank, am Donnerstag war er nicht einmal an der Strecke. Und am Funk jammerte er in FP2 durchwegs. Schlechte Bremsen in der Aufwärmrunde, kritisches Fahrverhalten des Ferrari in mehreren Kurven.

Doch am Ende des 2. Trainings lieferte Leclerc mehr als nur ein Lebenszeichen. Wenig überraschend waren in den Longruns mit vollen Tanks Piastri und Norris - diesmal in umgekehrter Reihenfolge - die beiden mit den besten Rundenzeiten. Ein überraschender Leclerc fand sich aber keine zwei Zehntel hinter Norris' Durchschnitts-Rundenzeit im Longrun wieder.

Charles Leclerc spielt schnellen Trainings-Longrun herunter: Leider ist es Imola

Leclerc war im Renn-Trimm einziger McLaren-Jäger mit weniger als zwei Zehntel Zeitverlust pro Runde. Doch der kurze Triumph kann seine Sorgen schwerlich übertünchen. Dass der Ferrari schnell im Rennen sein kann, haben wir dieses Jahr in der Formel 1 schon gesehen, mahnt Leclerc: "Aber besonders auf so einer Strecke wird es schwierig, wenn wir im Qualifying nicht schnell sind."

Imola ist schmal, hat nur eine lange Gerade, Überholen ist äußerst schwierig und benötigt einen gigantischen Pace-Vorteil. Und der Freitag zeigte hier erneut: Der Ferrari hat so einige Probleme, wenn er im Qualifying-Trimm mit leeren Tanks schnell sein soll. Leclerc hob am Funk noch während dem Training die Einfahrt in die schnelle zweite Schikane, in den schnellen Piratella-Linksknick und die Einfahrt in Acque Minerali als Problem-Spots hervor. Das bestätigen die Daten.

Lustigerweise im direkten Vergleich zu Teamkollege Lewis Hamilton - der es geschafft hat, mit seinem Ferrari-Setup scheinbar genau an jenen Stellen schnell zu sein, an denen Leclerc Probleme hat. Lässt sich ein magisches Kombi-Setup finden? Basierend auf den bisherigen Erfahrungen mit dem im Qualifying so schwierigen SF-25 sind die Hoffnungen da bei den Fahrern nicht allzu groß.

"Die zweite Startreihe wäre ein richtig gutes Ergebnis", meint Leclerc. Und dann ist der Imola-Traum schon ausgeträumt. Trotz der 2025 um eine Stufe weicheren Reifen wird ein Einstopp-Rennen erwartet. Man verliert bei einem Boxenstopp nämlich 28 Sekunden. Bei sich immer noch im Rahmen haltendem Verschleiß will sich das niemand zweimal antun. Und dann steckt der Ferrari das ganze Rennen in schlechter Luft. Und kann seine gute Rennpace nicht ausspielen. Wie immer, eigentlich.

McLaren-Sorgen im Qualifying: Gehen sie in Imola weiter?

Auf eine Runde sind es wieder andere, die McLaren unter Druck setzen wollen. Am Freitag ohne Erfolg. Oscar Piastri holte seine Bestzeit mit einem Quersteher raus aus der Variante Alta. Lando Norris war auf Kurs, ihn auf einem zweiten Anlauf mit alten Reifen knapp zu unterbieten, verlor aber in Rivazza das Heck. Das aber macht den McLaren-Piloten wieder einmal Sorgen. Denn es scheint nur die Symptome der letzten Rennen zu untermauern, wonach sie das letzte Qualifying-Zehntel nur schwer aus dem Auto bekommen.

Beide Fahrer wollen auch nichts davon wissen, dass sie in FP2 fast drei Zehntel vorne sind. "Wäre nicht das erste Mal, dass wir am Freitag stark aussehen und dann alle anderen für das Qualifying noch was finden", mahnt Piastri. Er hatte auch auf beiden Qualifying-Simulationen in FP2 Fehler drin. Norris auf seinem zweiten. Das sind jene Dinge, welche am Samstag dann bestraft werden, sofern die Konkurrenz näherkommen sollte.

Mercedes-Hoffnung George Russell - oder Local Hero Kimi Antonelli?

Die Gefahr für McLaren liegt daher vor allem im Qualifying, erst recht in Imola, wo Überholen schwieriger ist als zuletzt in Miami. Was passieren kann, wenn man auf so einer Strecke feststeckt, zeigte die Niederlage in Japan. Wer ist besonders gefährlich? George Russell verlor seine ganze Zeit in Tamburello. Mit 0,48 Sekunden Rückstand kam er in Kurve 4 an und verkürzte das bis zum Zielstrich auf 0,4 Sekunden, war also für den Rest der Runde schneller als die McLaren.

Teamkollege Kimi Antonelli bekam es auf eine Runde nicht zusammen, unterstrich aber das Potenzial des Mercedes im Renn-Trimm. Er fuhr den Reifen recht vorsichtig an, bis zum Schluss hielt der Rückstand sich in Grenzen. Russell erlebte einen etwas stärkeren Einbruch: "Ich sah Oscar, dann hat er Max überholt und ist einfach davongefahren." Die Longruns sind aber zum einen wohl etwas davon beeinflusst, dass die Fahrer versuchten herauszufinden, wie viel Pace-Management für die Einstopp nötig ist.

Zum anderen war F1-Rückkehrer Franco Colapinto der Longrun-Crasher. Er schaffte es tatsächlich, innerhalb weniger Runden Norris, Piastri, Verstappen und Russell im Weg zu stehen. Auf allen Rundenzeiten-Tabellen dieser Fahrer findet sich ein kleiner "Colapinto-Effekt". Max Verstappen empörte sich gar am Funk, dass der Alpine-Pilot DRS nutzte, um sich zu verteidigen. Bei Trainings-Longruns verpönt. Meist lassen Mittelfeldler die Top-Fahrer einfach durch, schließlich wollen beide nur in Ruhe und Isolation Reifendaten sammeln.

Red Bull mit Imola-Update näher dran und doch viel zu weit weg

Verstappen wurde auf seinem Longrun erst von Piastri überholt, dann musste er Colapinto überholen. Wohl sieht es deshalb mangels Rhythmus schlechter aus, als es war. Doch so viel Zeit ist das auch wieder nicht. "Vier Zehntel auf der Strecke", rechnet Red Bulls Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko. "Vielleicht gibt es noch Abstimmungs-Details, wo wir das Auto etwas weniger nervös machen können. Aber im Prinzip ist die McLaren-Überlegenheit da."

Da nützen auch die jüngsten Updates nicht. Auf den Unterboden von Miami folgte in Imola ein neuer Lufteinlass für den Seitenkasten. "Aber das ist kein entscheidender Schritt vorwärts auf McLaren-Niveau", gesteht Marko. "Es ist nicht nur in einer Kurve. Wir verlieren kontinuierlich." Red Bull muss wohl wieder auf die - zugegeben bisher bewährte - Kombination einer Verstappen-Wunderrunde plus McLaren-Fehlern im Qualifying hoffen.

Nüchtern betrachtet ist das Kräfteverhältnis also in Imola wieder das bekannte. McLaren vorne, aber zumindest im Qualifying potenziell angreifbar - wenn, dann aber eher von Mercedes und Max Verstappen. Ferraris Rennpace mag sich in der Longrun-Tabelle schön machen, aber die Qualifying-Sorgen wiegen schwer.

Pierre Gaslys überraschender Auftritt auf dem dritten Platz in FP2 riecht nach Freitags-Tricks. Gasly fuhr auf dem Soft nur eine gezeitete Runde und dann sofort an die Box, während die meisten Spitzenfahrer für mehrere Versuche inklusive Cooldown-Runden draußenblieben. Das kann auf mehrere Kilo Sprit-Vorteil für den Alpine hindeuten. Der Longrun erhärtet den Verdacht: Dort war Gasly nirgends. Williams scheint unter dem Strich bestes Mittelfeld-Paket. Aber beide Fahrer haben Probleme damit, den Soft zum Arbeiten zu bekommen. Mit dem überholfeindlichen Imola kann das auch für sie bitter werden.