Vor genau einer Woche wurde bekannt, dass Carlos Sainz Senior eine Kandidatur als FIA-Präsident in Betracht zieht. Damit könnte der zweifache Rallye-Champion bei der Wahl am 12. Dezember Mohammed Ben Sulayem von seinem Posten verdrängen. Nun äußert sich Formel-1-Pilot Carlos Sainz Junior zur möglichen Kandidatur seines Vaters.

"Wir reden jetzt schon eine Weile darüber", berichtet der Spanier. "Interessanterweise stammt die Idee nicht von ihm selbst. Viele Leute im Fahrerlager haben es ihm in den Kopf gesetzt, und nach und nach hat er angefangen, darüber nachzudenken."

Konkrete Pläne soll der 63-Jährige jedoch noch nicht haben. "Er hat noch kein Team zusammengestellt und keine Kandidatur eingereicht", sagt Sainz Junior. "Aber er denkt darüber nach, und abhängig davon, wie es schlussendlich für ihn passt, wird er sich dafür oder entgegen entscheiden. Derzeit prüft er alle Optionen. Er überlegt, welche Leute er gerne in seinem Team hätte, und er versucht zu verstehen, wie die Wahlen ablaufen."

Carlos Sainz Junior: Niemand kennt den Motosport so gut

Keine Überraschung ist es, dass der Williams-Pilot in seinem Vater einen optimalen Kandidaten für das Amt des FIA-Präsidenten sieht. "Ich bin sein Sohn, also bin ich voreingenommen", gibt Sainz Junior zu, legt aber trotzdem mehrere Argumente vor, die für Sainz Senior sprechen.

"Ich kenne niemanden, der all die Kart-Tage mit seinem Sohn durchlebt hat und die Wurzeln des Motorsports im Kartsport so gut kennt", sagt der 30-Jährige. "Er hat mich vier oder fünf Jahre lang beim Kartfahren begleitet. Er hat mich vier oder fünf Jahre lang in den Einsitzer-Kategorien begleitet und weiß genau, wie hart, teuer und schwierig diese Karriereleiter ist."

"Er hat 10 Jahre mit mir in der Formel 1 verbracht", so Sainz Junior weiter. "Er hat 40 Jahre lang Rallyesport betrieben. Mit der 'Ponle Freno'-Kampagne [Verkehrssicherheit Anm. d. Red.] macht er viel Mobilitätsarbeit in Spanien. Er ist ein Mann, der so viele Erfahrungen in so vielen verschiedenen Bereichen des Motorsports gesammelt hat."

Im Alter von 63 Jahren nähert sich der zweifache Rallye-Champion nun dem Ende seiner aktiven Karriere im Rennsport. "Er versucht jetzt, einen Weg zu finden, dem Motorsport das zurückzugeben, was er ihm gegeben hat", erklärt Sainz Junior. "Ich denke, er ist offensichtlich ein sehr optimaler Kandidat."

Vater-Sohn-Beziehung: Carlos Sainz Junior schließt Interessenskonflikt aus

Trotz der lautstarken Unterstützung könnte ausgerechnet Carlos Sainz Junior ein Stolperstein in der möglichen Kandidatur seines Vaters werden. Die beiden verbindet eine innige Beziehung. Sainz Senior zählt zu den engsten Beratern des F1-Piloten. Hier könnte man offensichtlich einen Interessenskonflikt sehen.

"Ich habe versucht, mir Szenarien auszudenken, aber mir fällt nicht ein Szenario ein, wie er meine Karriere beeinflussen könnte", widerspricht Sainz Junior. "Natürlich wird er extrem vorsichtig sein, und ich werde extrem vorsichtig sein. Das Letzte, was ich will, ist, dass unser Image oder unsere Karrieren durch diese Situation beschädigt wird."

Die Befürchtung eines Interessenskonflikts schließt der junge Spanier gänzlich aus. "Jeder, der meinen Vater oder mich persönlich kennt, weiß, dass es keinen Interessenskonflikt geben wird", versichert Sainz Junior. "Wir sind Menschen, die den Motorsport nie gefährden würden."

Auch Alonso, Verstappen und Russell unterstützen Carlos Sainz Senior

Carlos Sainz Senior hat nicht nur die Unterstützung seines Sohnes. Im F1-Fahrerlager sprechen sich auch Fernando Alonso, Max Verstappen und George Russell für eine Kandidatur des Spaniers aus. "Er hat eine Menge Erfahrung im Motorsport", lobt etwa Alonso. "Er kennt viele Leute und weiß, was der Sport braucht. Er könnte einen frischen Ansatz bringen. Am Ende ist es jedoch eine Sache der FIA, jeder muss sich darauf einigen. Wir werden sehen, was passiert, aber er ist offensichtlich ein großartiger Kandidat."

Fernando Alonso spricht mit Carlos Sainz Senior im Formel-1-Fahrerlager.
Fernando Alonso und Carlos Sainz Sr. verstehen sich gut, Foto: IMAGO / Every Second Media

"Ich glaube, dass er in der F1-Welt und in der Welt des Rallyesports sehr angesehen ist", so Verstappen. "Natürlich sagen die Leute immer, dass es einen Konflikt wegen seines Sohnes gibt, aber ich denke, er ist professionell genug, um das voneinander zu trennen. Es wäre eine großartige Ergänzung, wenn er für das Präsidentenamt kandidieren würde".

Russell war zunächst von der möglichen Kandidatur des Spaniers überrascht, hat sich mit dem Gedanken jedoch angefreundet. "Carlos Sainz Senior ist in der gesamten Motorsportbranche eine wirklich extrem angesehene Person. Nicht nur in der Formel 1, nicht nur im Rallyesport", sagt der Mercedes-Fahrer. "Er hat so viel Erfahrung in dieser Welt. Er wäre natürlich ein fantastischer Kandidat, wenn er möchte. Ich war anfangs ziemlich überrascht, als ich die Nachricht gesehen habe, aber wenn man genau darüber nachdenkt, macht es sehr viel Sinn."

Ein bekanntes Streitthema zwischen Formel-1-Piloten und FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem war zuletzt der als 'Maulkorb' titulierte F1-Strafenkatalog. Diese wurde nun entschärft. Die größten Änderungen gleich hier nachlesen: